Arbeiten bei „Familie in Not“stocken
Baustoffmangel und -preise sorgen bei bald vierköpfiger Weimarer Familie für Unterbrechung im Erdgeschoss
Weimar. Ins Stocken geraten sind die Umbauarbeiten am Haus von Julia Hartmann und ihrer Familie. Sie hatte im Oktober 2020 eine Spendensammlung ins Leben gerufen, um den Traum vom Familienglück in den eigenen vier Wänden wahr werden zu lassen.
Im Jahr zuvor, kurz nach dem Kauf eines kleinen Häuschens im Norden von Weimar, wurde bei Julia Hartmanns Mann ein Gehirntumor diagnostiziert, der nicht komplett entfernt werden konnte. Das machte die Pläne zunichte, das Haus mit viel Eigeninitiative herzurichten. Zumal es angesichts der Erkrankung nun auch im Erdgeschoss behindertengerecht ausgebaut werden sollte. Und dies trotz des Umstandes, dass Julia Hartmanns Mann statt seines Einkommens seither nur eine kleine Erwerbsunfähigkeitsrente bezieht.
Die Spendensammlung, die unter dem Titel „Familie in Not“lief, erbrachte mehr als 30.000 Euro und wurde von zahlreichen Lesern unserer Zeitung unterstützt. Im April 2021 konnten somit die notwendigen Abrissarbeiten beginnen.
Inzwischen hat sich ein Traum erfüllt: Die fünfjährige Tochter hat im Dachgeschoss, das angehoben wurde, endlich ein eigenes Reich. „Sie spielt da stundenlang“, berichtete Julia Hartmann voller Freude darüber, dass die Kleine jetzt einen Rückzugsort hat. Einen solchen bräuchte auch ihr Mann, der zwar medikamentös gut eingestellt und stabil sei, aber regelmäßig unter epileptischen Anfällen leide.
„Oben sind wir grob fertig“, so Julia Hartmann weiter. Der Baustoffmangel und die explodierenden
Preise haben allerdings dafür gesorgt, dass der Anbau im Erdgeschoss ruht. Dort sollte das neue Schlafzimmer der Eltern entstehen, von dem bisher erst das Ständergerüst steht ist. Freunde, die auf dem
Bau arbeiten, helfen, indem sie Materialreste von ihren Einsatzorten auf die Familien-baustelle bringen.
Drumherum erlebt die Familie eine Achterbahn der Gefühle: Bei Julia Hartmanns Schwiegervater wurde gleichfalls ein Gehirntumor entdeckt. Im sehr fortgeschrittenem Stadium. Untersuchungen sollen nun klären, ob die Krebsfälle von Vater und Sohn genetisch veranlagt sind. Dann bestehe zu 50 Prozent die Gefahr, dass auch ihre kleine Tochter eines Tages an Krebs erkranken könnte.
Und ihr kleines Schwesterchen. Völlig unerwartet ist Julia Hartmann trotz der Chemotherapie ihres Mannes schwanger und erwartet im März ihre zweite Tochter. „Wir freuen uns alle“, sagte sie trotz anfänglicher Zweifel angesichts der familiären Umstände. „Aber wir wollen unseren Alltag nicht danach bestimmen lassen, dass mein Mann krank ist“, betonte Julia Hartmann, deren Optimismus und Humor sich nicht ausbremsen lassen.
Die Tochter freue sich auch sehr, „wie ich es noch nie erlebt habe“, schmiedet schon Pläne, wie sie ihre Schwester im Kinderwagen schiebt oder später in den Kindergarten bringt. „Ich habe mir das so lange so doll gewünscht“, sage die Kleine immer wieder.
Mit dem zweiten Kind wäre der Weiterbau am Schlafzimmer umso wichtiger. Das bisherige befindet sich im Dachgeschoss und solle perspektivisch das zweite Kinderzimmer werden.
Mit der bevorstehenden Geburt seien die Sorgen derzeit aber nicht mehr das bestimmende Thema. Und sie gebe der Familie Aufschwung, „weil wir jetzt umso mehr wissen, wofür wir kämpfen“.