Nebel der Ungewissheit
Vielleicht war es nur eine Frage der Zeit. Ging es bei den Spielen in diesen Tagen um Tests, stand allein das leidige Thema Corona im Brennpunkt. Plötzlich besitzt das Wort wieder einen anderen, einen altbekannten Klang. Den, den der Sport so gerne abschütteln würde: Doping. Und besonders bedenklich: wieder ist Russland im Spiel.
Ausgerechnet Russland. Starten doch die russischen Sportler in Peking einmal mehr nicht für ihr Land, sondern erneut unter dem Banner des Russischen Olympischen Komitees – eine Folge des vor acht Jahren in Sotschi aufgeflogenen Staatsdopings.
Noch ist der Fall mehr als vage. Deshalb sind Vorverurteilungen so fehl am Platz wie genüssliche Mutmaßungen. Und es ist in diesem Fall richtig, dass das IOC stillhält und die Spekulation (noch) nicht kommentiert. Denn anders als bei Saveh Shemaski, dem positiv getesteten iranischen Skifahrer, ist nicht einmal ein Name bekannt. Dass trotzdem die junge Kamila Walijewa am Pranger steht, ist bedenklich. Die Eiskunstläuferin ist 15 – und gilt damit laut Wada-code als schutzbedürftig.
Schon deshalb ist schnelle Klarheit dringend nötig. Damit im Falle eines tatsächlichen Betruges – egal, wen es betrifft – Konsequenzen folgen können. Damit im Falle der Unschuld nicht mit falschen Vorurteilen weiter alte Ressentiments bedient werden. Vor allem aber, damit kein Nebel der Ungewissheit bleibt, in dem sich ein überragendes sportliches Talent frühzeitig verirren kann. Mit Folgen, die fatal wären. Für Kamila Walijewa. Für das Eiskunstlaufen. Für Russland. Für die Glaubwürdigkeit des Sports schlechthin.