Thüringer Allgemeine (Weimar)

Feine Nase für edle Stinker

Daniela Königsfeld hat sich zu Thüringens erster Käse-sommelière ausbilden lassen

- Von Sibylle Göbel

Pößneck. Für Daniela Königsfeld ist nicht alles Käse, aber Käse alles. Zumindest in ihrem Biomarkt im Zentrum von Pößneck, in dem sie am liebsten an der gut bestückten Käsetheke bedient.

Die 42-Jährige ist Käse-liebhaberi­n durch und durch. Ein Stück Bio-käse zu frischem Brot – für Daniela Königsfeld ein Hochgenuss. Deshalb möchte sie auch ihre Kunden gut beraten und ihnen vermitteln, dass ein mit Liebe aus besten Rohstoffen handwerkli­ch hergestell­tes Stück Käse höchste Wertschätz­ung verdient. „Einen guten Käse zu produziere­n, das ist eine Kunst“, sagt die Ostthüring­erin.

Wenn es um Käse geht, verlässt sich Daniela Königsfeld aber nicht nur auf ihren guten Riecher, den es in diesem Metier braucht. Sie hat sich auch über Jahre ausgiebig mit dem Thema beschäftig­t – und sich nun sogar zur Genussexpe­rtin für Käse ausbilden lassen: Seit dem Sommer ist sie zertifizie­rte Käsesommel­ière – die einzige Frau in Thüringen mit dieser Qualifikat­ion.

Schwierige Prüfungen mit Bravour gemeistert

Die Ausbildung in Bayern, die sich über vier Monate erstreckte, war anspruchsv­oll. Allein schon deshalb, weil sich Daniela Königsfeld dafür immer wieder für mehrere Tage aus dem Alltagsges­chäft in ihrem Laden herauszieh­en musste. „Aber dank meiner wunderbare­n Mitarbeite­rinnen war mir das möglich“, sagt sie. Daniela Königsfeld weiß jetzt noch besser, wie sie Käse – insbesonde­re solche mit geschützte­m Ursprung – unterschei­det und bei Verkostung­en so präsentier­t, dass die Gäste genießeris­ch die Augen schließen.

„Die Ausbildung war nicht günstig, aber jeden Cent wert“, versichert sie. Schon weil sie dabei verschiede­ne Käse-almen kennen lernen und auch selbst einen Weichkäse herstellen durfte. Auch die Prüfungen – eine mehrstündi­ge schriftlic­he und zwei mündliche – hatten es in sich: So musste sie allein anhand von Farbe, Geruch, Geschmack und Konsistenz zwei verschiede­ne Käse identifizi­eren – aus 150 Sorten. Eine zweite Aufgabe bestand darin, eine Käseplatte für einen bestimmten Anlass zusammenzu­stellen und zu jedem Käse ein passendes Getränk zu empfehlen, das die Aromen des Milchprodu­kts unterstrei­cht oder mit ihnen zusammen für wahre Geschmacks­explosione­n sorgt. Daniela Königsfeld

hat alles mit Bravour gemeistert. Ihr Zertifikat hängt hübsch gerahmt im Laden – ihre Familie, zu der mit dem 16-jährigen Sohn ein angehender Einzelhand­elskaufman­n gehört, ist stolz auf sie.

Dabei war die gebürtige Zeulenroda­erin beruflich zunächst auf ganz anderen Pfaden unterwegs: Die 42-Jährige ist gelernte Holzbildha­uerin. „Für die Natur habe ich mich schon immer begeistert. Als ich dann Mitte der 90er Jahre eine Lehrstelle suchte, war die Auswahl nicht sonderlich groß, mir Holz als Material aber sehr sympathisc­h“, blickt sie zurück. Ihr Ausbildung­sbetrieb war ein Zeulenroda­er Betrieb, der Möbel mit Schnitzere­ien herstellte, die Berufsschu­le befand sich in Bad Salzungen. Dort machte sie auch zum ersten Mal mit Bio-lebensmitt­eln Bekanntsch­aft. Als sie nach der Lehre nicht gleich einen Arbeitspla­tz fand, jobbte sie deshalb zunächst im Zeulenroda­er Bio-laden, was ihr schon deshalb leicht fiel, weil sie ein „Konsum-kind“ist: „Meine Mutter hatte einen Dorfkonsum und war leidenscha­ftliche Verkäuferi­n“, erzählt sie schmunzeln­d. Das habe auf sie abgefärbt.

Nach einem einjährige­n Intermezzo in einer Möbeltisch­lerei und dem Fernstudiu­m als Naturkostf­achkraft im Einzelhand­el wagte Daniela Königsfeld schließlic­h schon mit 22 den Sprung in die Selbststän­digkeit: Im kleinen Ranis eröffnete sie ihren ersten eigenen Bio-laden. Überschaub­are 45 Quadratmet­er Ladenfläch­e, selbst geschreine­rte Regale und ein Sortiment, das Kunden aus einem Umkreis von 50 Kilometern anlockte. „Da hatte ich die Chance, ganz langsam ins Unternehme­rtum hineinzuwa­chsen.“2008 folgte der Umzug in die Saalfelder Straße in Pößneck, 2015 schließlic­h der ins jetzige Domizil in der Krautgasse.

In diesem Jahr kann Daniela Königsfeld schon das 20-Jährige ihres Biomarkts feiern, der nicht nur mit Ware vom Großhändle­r beliefert wird, sondern auch von regionalen Biobetrieb­en. Einer davon ist der Hof von Ehemann Thorsten, der ganz in der Nähe, in Neustadt (Orla), auf 3,5 Hektar Feldgemüse anbaut. „Bis auf Möhren“, verrät Daniela Königsfeld, „gelingt uns alles.“

Von den rund 5500 Produkten, die sie auf 140 Quadratmet­ern Verkaufsfl­äche anbietet, machen allein die Käsesorten 60 bis 80 aus. „Ganz schön viel für zwei Meter Theke“, findet die Käse-sommelière, die natürlich trotzdem aus dem Effeff weiß, wo und wie welcher Käse produziert wird. „Man kann bei vielen Sorten sofort die Landschaft schmecken, in der sie entstanden sind“, sagt sie. Und nennt als Beispiel den „Jerseyhoev­e“: Gefertigt aus der Milch der seltenen Jerseykühe, die auf einer südholländ­ischen Insel grasen, entfaltet er schon beim ersten Bissen sein Aroma von sahnigem Salz-karamell.

„Einen guten Käse zu produziere­n, das ist eine Kunst.“

Daniela Königsfeld, Käse-sommelière

Käse bei Verkostung­en auf Lieblingsm­usik abstimmen

Ihr Käse-fachwissen will Daniela Königsfeld aber nicht nur an der Käsetheke, sondern auch bei Verkostung­en weitergebe­n. Ihre Spezialitä­t dabei: die Käse- und Getränkeau­swahl nicht nur auf die Gäste, den Anlass sowie die Jahres- und Tageszeit abzustimme­n, sondern auch auf die Lieblingss­ongs der Runde. Denn Käse und die passenden Getränke auf der Zunge und dazu gute Musik im Ohr – das ergebe einen unvergessl­ichen Dreiklang.

Die Pößneckeri­n freut sich auf die Zeit, in der solche Runden wieder möglich sind. Und sie ist sich sicher, dafür trotz vielstündi­ger Arbeitswoc­hen und ihres Engagement­s in den Vorständen von Thüringer Ökoherz und Regionalbü­ndnis Thüringen Zeit zu finden. In den Vereinen setzt sie sich dafür ein, dass Natur, Tiere und Erzeuger mehr Anerkennun­g bekommen, als ihnen zuteil wird. „Ich mache das“, sagt sie fröhlich, „halt total gerne.“

 ?? FOTOS (2): SIBYLLE GÖBEL ?? Daniela Königsfeld (42) betreibt seit 20 Jahren einen Biomarkt. Damit sie sich Käse-sommelière nennen kann, hat sie eine viermonati­ge Ausbildung absolviert und ein Zertifikat bekommen (kleines Foto).
FOTOS (2): SIBYLLE GÖBEL Daniela Königsfeld (42) betreibt seit 20 Jahren einen Biomarkt. Damit sie sich Käse-sommelière nennen kann, hat sie eine viermonati­ge Ausbildung absolviert und ein Zertifikat bekommen (kleines Foto).

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