Thüringer Allgemeine (Weimar)

„Kliniken droht neue Kehrtwende“

Experte warnt vor zu frühen Lockerunge­n

- Von Hanno Müller

Gera. Kommt Thüringen mit einem hellblauem Auge aus der Omikronwel­le? Beim Anstieg der Infektions­zahlen beobachte man einen mehrwöchig­en zeitlichen Verzug zu westlichen Bundesländ­ern, sagte Thorsten Lehr, Initiator des Covid-simulators der Uni Saarbrücke­n.

„Die mit Frühlingsb­eginn zu erwartende saisonale Abschwächu­ng der Pandemie könnte Thüringen in die Karten spielen“, so der Medizinwis­senschaftl­er. Die Annahme beruhe auf Modellen, diese böten keine Gewähr für den Pandemieve­rlauf.

Erst kürzlich hatte Lehr Inzidenzen von 3000 für Februar prognostiz­iert. Who-prognosen, wonach sich jeder zweite Europäer anstecken könnte, würden vom Simulator nicht ausgeschlo­ssen. Zwar sehe man nach der Delta-welle ein Abflauen der Hospitalis­ierungen. Die hohe Infektiosi­tät von Omikron und deutlich mehr Infektione­n zögen aber zeitverzög­ert wieder mehr Einweisung­en nach sich. „In Hamburg oder Nordrhein-westfalen sieht man seit Mitte Januar bereits die Kehrtwende zu mehr Klinikbele­gungen. Hoffnungen machen leichtere Krankheits­verläufe und kürzere Liegezeite­n“, so Lehr. Der Simulator unterschei­de nicht zwischen „wegen“oder „mit“Covid.

Wer über Lockerunge­n rede, müsse derzeit mit zusätzlich­en Fällen rechnen, warnte der Mediziner. Letztlich laufe man Gefahr, zu drastische­ren Beschränku­ngen zurückkehr­en zu müssen. Sorge bereite weiter die große Impflücke. „Nicht alles lässt sich über das Impfen erklären. Klar erkennbar ist aber ein Zusammenha­ng zwischen hoher Impfrate und niedrigen Covid-todeszahle­n“, so Lehr. Bislang wisse man wenig über Langzeitfo­lgen nach Infektione­n. Langzeitsc­häden von Impfungen seien nicht bekannt. Kritisch sieht Lehr Debatten zur Durchseuch­ung. „Das Virus wird in uns bleiben. Omikron reicht nicht, um vollen Immunschut­z herzustell­en und ersetzt keine Impfung“, so der Wissenscha­ftler. Auch mit neuen Varianten müsse man im „Sechs-monats-zyklus“rechnen

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