Einfach mal nichts
Kurz vor dem so genannten Valentinstag schlägt die Stunde der Beziehungsberater, die uns mit guten Ratschlägen überschütten. Schlimmer noch. Als ob nicht ohnehin der Alltag eines Paares voller Tretminen stecken würde, warnen Therapeuten vor den Folgen der Pandemie. Die soll eine ähnlich brisante Wirkung entfalten, wie Urlaub zu zweit oder Weihnachten. Nur nachhaltiger. Ob es ums Putzen während des gemeinschaftlichen Homeoffice geht, mangelnde Ablenkung oder die ewige Jogginghose, in der man den anderen nicht mehr sehen mag: Die Nerven liegen blank. Der Berliner Therapeut W. Krüger sieht gar eine Trennungswelle auf uns zurollen.
Was tun? Geraten wird zu mehr Gespräch und „liebevollen Überraschungen“, der Valentinstag sei gute Gelegenheit. Dazu ist nur eingeschränkt zu raten. Ich zum Beispiel hatte vor Jahren einmal eine CD besorgt. Leonard Cohen:
Songs of Love and Hate. Fand ich originell. Nur für den Fall, dass er die Nerven verliert und welche Frau will dann mit leeren Händen dastehen. Das Ergebnis war niederschmetternd. Im Gegensatz zu mir hatte er dem sozialen Valentins-druck standgehalten, fühlte sich als Ignorant überführt und bekam schlechte Laune.
Ein konspirativ bestellter Tisch beim Italiener galt einst als sichere Nummer. Aber in Zeiten von 3G kann das logistische Vorbereitungen erfordern, die den Überraschungseffekt platzen lassen.
Bleibt das Gespräch. Als bewährt gilt die Frage „Wie war dein Tag, Schatz?“, aber sie entfällt aus oben genannten Pandemie-gründen. Beliebt bei Frauen ist das listige Kommunikationsangebot: „Was denkst du gerade?“Doch das führt selten zu etwas Gutem. Wenn er sagt „Nichts“, wirkt das absolut unglaubhaft. Weicht er aus, hat er garantiert etwas zu verbergen. Antwortet er wahrheitsgemäß, behält womöglich Herr K. recht.
Valentin hat es schwer in diesen Zeiten. Vielleicht sollte man am Montag ungeniert beim Pizza-service anrufen und dann versuchen, einfach mal zusammen an nichts zu denken.