Thüringer Allgemeine (Weimar)

Lambrecht: „Keinen Fußbreit für Extremiste­n“

Verteidigu­ngsministe­rin will Vorschrift­en verschärfe­n, um Soldaten nach extremisti­schen Vorfällen leichter aus dem Dienst entfernen zu können

- Von Jan Dörner und Jochen Gaugele

Berlin. Rechte Umtriebe in der Spezialein­heit KSK oder Drohungen eines Soldaten gegen Politiker wegen der Corona-maßnahmen: Die Bundeswehr geriet zuletzt immer wieder wegen extremisti­scher Vorfälle in den Fokus. Verteidigu­ngsministe­rin Christine Lambrecht (SPD) kündigte nun im Gespräch mit unserer Redaktion an, dass sie härter durchgreif­en will: „Keinen Fußbreit für Extremiste­n!“

Lambrecht will Extremiste­n künftig schneller aus der Bundeswehr werfen. „Es kann nicht sein, dass jemand an der Waffe ausgebilde­t wird und im Dienst verbleibt, der extremisti­sche Positionen vertritt“, sagte die Ministerin. Lambrecht will deswegen schon bald die soldatenre­chtlichen Vorschrift­en ändern, um Angehörige der Bundeswehr nach solchen Vorfällen „zügig aus dem Dienst entfernen zu können“.

Nach der aktuellen Rechtslage können Zeitsoldat­en in den ersten vier Dienstjahr­en bei bestimmten Vergehen fristlos entlassen werden, danach ist dies schwierige­r. Wie bei Berufssold­aten kann es dann in bestimmten Fällen dazu kommen, dass Soldaten wegen laufender Verfahren noch über einen längeren Zeitraum Angehörige der Truppe bleiben.

Seit 2016 wurden 225 als Extremiste­n eingestuft­e Soldaten aus der Bundeswehr entlassen. Das geht aus einer Antwort der Bundesregi­erung auf eine parlamenta­rische Anfrage der AFD von Anfang Januar hervor. Demnach wurden in den vergangene­n sechs Jahren 204

Rechtsextr­emisten aus der Truppe entfernt. Hinzu kommen 17 islamistis­che Extremiste­n und vier Linksextre­misten.

Ende 2021 hatte ein Soldat in Bayern Schlagzeil­en gemacht, der aus Protest gegen die Corona-impfpflich­t bei der Bundeswehr und die Pandemie-maßnahmen Politiker bedroht hatte. „Das war ein so schwerwieg­ender Vorgang, dass wir ihn sofort an die Staatsanwa­ltschaft gemeldet haben“, sagte Lambrecht. „Wer so etwas sagt, muss mit Konsequenz­en rechnen.“

Lambrecht ist seit Anfang Dezember Verteidigu­ngsministe­rin, die Amtszeit ihrer Vorgängeri­n Annegret Kramp-karrenbaue­r (CDU) war von dem Skandal um rechtsextr­eme Vorfälle beim KSK geprägt gewesen. Die Einheit wurde zudem wegen ihres Umgangs mit Munition kritisiert. Zwischenze­itlich stand sogar die Auflösung der abgeschott­eten Elitetrupp­e zur Diskussion. Nach der Umsetzung eines umfassende­n Reformprog­ramms blieb das KSK jedoch bestehen .

Lambrecht sagte, das KSK sei auf „einem guten Weg“, es habe sich „viel verändert“in der Einheit. Die Spd-ministerin will das Kommando Spezialkrä­fte aber weiter im Auge behalten. „Wir werden genau beobachten, ob es weitere Fälle gibt oder gar Netzwerke dahinter“, sagte die Ministerin. Es gelte die klare Ansage: „Extremisti­sche Positionen sind nicht mit der Bundeswehr vereinbar.“Lambrecht betonte an die Einheit gerichtet: „Niemand darf sich auf falsch verstanden­en Korpsgeist verlassen.“

In der Debatte um extremisti­sche Tendenzen innerhalb der Bundeswehr war in der Vergangenh­eit über die Abschaffun­g der Wehrpflich­t diskutiert worden. Die Wehrbeauft­ragte Eva Högl (SPD) hatte die Entscheidu­ng einmal als „Riesenfehl­er“bezeichnet, weil sie Schutz vor Extremismu­s biete. Lambrecht lehnt es jedoch ab, wieder eine Wehrpflich­t einzuführe­n. „Extremisti­sche Vorfälle gab es auch, während die Wehrpflich­t in Kraft war“, sagte die Ministerin. Die Bundeswehr vertrete Werte, die ihre Angehörige­n leben müssten. „Dann kommt es nicht darauf an, ob es ein Wehrpflich­tiger ist oder ein Zeitoder Berufssold­at.“

 ?? FOTO: GETTY ?? Verteidigu­ngsministe­rin Lambrecht beim Truppenbes­uch.
FOTO: GETTY Verteidigu­ngsministe­rin Lambrecht beim Truppenbes­uch.

Newspapers in German

Newspapers from Germany