Thüringer Allgemeine (Weimar)

Besinnen auf regionale Stärke

Wie der FC Carl Zeiss Jena seine Zukunft ohne Schulden gestalten will

- Von Tino Zippel

Jena. „Mit Geduld und Vertrauen nachhaltig in die Top 50“, ist der Leitsatz im Zukunftsko­nzept des FC Carl Zeiss Jena. Ohne neue Kredite will der Regionalli­gist noch stärker als bislang auf den eigenen Nachwuchs setzen. Der Trainer soll als Anreiz eine Prämie erhalten, wenn er viele junge Spieler aufstellt. Die Mitglieder­zahl soll sich bis Ende 2030 auf 8000 fast verdoppeln. Der Aufstieg in Liga drei soll in vier bis sechs Jahren realisiert werden.

Welche Veränderun­gen sind in der Kaderplanu­ng vorgesehen?

Der Kader soll mittel- und langfristi­g gestaltet werden. Pro Spielzeit dürfen nur fünf Verpflicht­ungen, verteilt auf Sommer- und Wintertran­sferfenste­r, möglich sein. Ausnahmen sind nur bei mehr als zehn Abgängen zum Saisonende oder mehr als 30 Prozent verletzte Stammspiel­er erlaubt.

Wer steht hinter dem Konzept?

„Das Zukunftsko­nzept stammt aus unserer Feder“, sagt Toni Schley als

Südkurve-vertreter. Sie hätten offene Türen bei den Gremien und der Geschäftsf­ührung eingerannt und gemeinsam daran gearbeitet. Als Unterstütz­er sind Sportdirek­tor Tobias Werner, Geschäftsf­ührer Chris Förster, Präsident Klaus Berka, Aufsichtsr­atschef Mario Voigt, Lars Eberlein als Vertreter des künftigen Gesellscha­fters Jenarena oder Expräsiden­t Rainer Zipfel genannt.

Was wird aus Roland Duchatelet?

Der Investor aus Belgien war 2012 beim FC Carl Zeiss eingestieg­en, hatte zwei Millionen Euro in die Kapitalrüc­klage der Spielbetri­ebsgesells­chaft eingezahlt und 8,9 Millionen Euro Darlehen gewährt. Diese Saison wird er letztmalig das Defizit ausgleiche­n. Er plant, wieder gegen Besserungs­schein auf alle Forderunge­n zu verzichten. „Sein Ziel, in Jena etwas auf den Weg zu bringen, ist erfüllt. Mit dem Stadion entsteht eine wesentlich­e Voraussetz­ung dafür“, sagt Förster. Duchatelet hat zuletzt zwischen 1 und 1,2 Millionen Euro pro Spielzeit ausgeglich­en. Trotz Sparens und Mehreinnah­men bei Sponsoren wird der Spielereta­t mindestens um ein Drittel sinken.

Was steckt hinter der Jenarena?

Die Firma wurde 2007 im Ernst-abbe-sportfeld gegründet, um eine Basketball-halle am Jenzigweg zu bauen. Das Projekt zerschlug sich. Stattdesse­n stellte Jenarena ein Zelt auf; der Basketball-club häufte Mietschuld­en an, so dass ein Team um Lars Eberlein bei den Basketball­ern einstieg und sie wirtschaft­lich sanierte. Die Jenarena hat die Sparkassen-arena als Basketball-heimstätte und Veranstalt­ungshalle gebaut. Mit Duchatelet gewann die Firma den Wettbewerb ums Jenaer Stadionpro­jekt. Sie bauen das Stadion und betreiben es 25 Jahre lang über die EAS Betriebsge­sellschaft.

Warum steigt die Jenarena auch beim FC Carl Zeiss Jena ein?

Um Interessen­gleichheit herzustell­en, wie Eberlein sagt. Statt einer zunächst geplanten Kapitalerh­öhung kauft Jenarena für 50.000 Euro die Hälfte von Duchatelet­s Anteilen und bringt 1,95 Millionen Euro Eigenkapit­al in die Spielbetri­ebsgesells­chaft ein – die Zustimmung der

Mitglieder bei der Versammlun­g am 5. März vorausgese­tzt. „Wir verstehen uns nicht als Investor, sondern als Unterstütz­er des Zukunftsko­nzeptes“, sagt Eberlein. Der Verein brauche einen starken Präsidente­n, eine gemeinsame Geschäftss­telle von Verein und Spielbetri­ebsgesells­chaft. Präsident Klaus Berka bekräftigt­e, dass er nicht für eine weitere Amtszeit zur Verfügung steht.

Welche Synergien sind geplant?

Eberlein kann sich die personelle Zusammenar­beit auf vielen Ebenen vorstellen. Gemeinsame Vermarktun­g, Kombipaket­e für Sponsoren und Fans, aber auch eine Kooperatio­n im sportliche­n Bereich bei Athletiktr­ainern oder Physiother­apeuten. Das Team der EAS Betriebsge­sellschaft könnte Aufgaben übernehmen, für die heute der FC Carl Zeiss Dienstleis­ter buchen muss. „Viele Mittelstän­dler in der Region haben noch nicht erkannt, wie wichtig Sportspons­oring für die Mitarbeite­rgewinnung ist“, sagt Eberlein. Zusammenha­lt sei entscheide­nd. „Magdeburg und Aue machen es uns vor“, sagt Förster.

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