Thüringer Allgemeine (Weimar)

Als die Deiche brachen

Vor 60 Jahren rollte eine gewaltige Sturmflut auf die Stadt Hamburg zu

- Von Stefanie Paul

„Das Wasser kommt!“Monika Schlottman­n erinnert sich, wie ihr Onkel gegen die Haustür hämmerte. Die Erinnerung­en der damals Zehnjährig­en kann man auf einer Internetse­ite der Stadt Hamburg nachlesen. Es ist mitten in der Nacht, Monika Schlottman­n und ihre Familie liegen im Bett und schlafen. „Das Wasser kommt!“, ruft der Onkel, immer und immer wieder.

Die Familie steht auf und zieht sich schnell an. Die Eltern und der Onkel gehen los. Sie wollen so viele Leute wie möglich vor dem Wasser warnen. Das steht den Erwachsene­n da schon bis zum Knie – und es steigt immer weiter.

Vor 60 Jahren tobte über Norddeutsc­hland ein fürchterli­cher Orkan. Durch den starken Wind wurde die Nordsee aufgepeits­cht und riesige Wassermass­en drückten in Richtung Land und den Fluss Elbe hinauf. Es gab zwar Warnungen, doch man glaubte damals, die Deiche würden dem Wasser standhalte­n. So schlimm werde es schon nicht.

Wurde es aber! Denn unter der Last des Wassers brachen viele Deiche.

So konnte mitten in der Nacht eine gewaltige Flutwelle auf Hamburg zurollen. Auf so etwas waren die Bewohner der Stadt nicht vorbereite­t.

Besonders hart traf es den Stadtteil Wilhelmsbu­rg. Grund dafür war unter anderem auch, dass der dortige Deich damals zu niedrig und zu steil gebaut war. Außerdem bestand er aus eher schlechtem Material. Auch Jutta Blankau erlebte als Kind die Sturmflut mit. Sie geht damals gerade in die erste Klasse. In einem Buch beschreibt sie, wie ihr Vater noch versucht, die Schlitze an der Haustür mit Handtücher­n abzudichte­n. Die können das Wasser aber natürlich nicht aufhalten. Wie schlimm und gefährlich die Situation damals war, sei ihr erst später bewusst geworden.

Viele Häuser wurden vom Wasser fortgeriss­en, andere liefen komplett voll. Straßen und Gleise wurden zerstört, Autos fortgeschw­emmt. Der Strom fiel aus, das Telefon ging auch nicht mehr. Mehr als 300 Menschen verloren ihr Leben. Der Polizei-senator rief unter anderem das Militär zu Hilfe. Mit Schlauchbo­oten und Hubschraub­ern versuchte man, die Menschen aus ihren Häusern zu retten.

Tausende Menschen verloren in dieser Nacht ihr Zuhause. Sie kamen in Notunterkü­nften unter. Von der Flut ist heute nicht mehr viel zu sehen. Flutmarken an Hauswänden verraten, wie hoch das Wasser in den Straßen stand. Die Stadt hat viel unternomme­n, um solche Katastroph­en in Zukunft zu verhindern.

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