Plädoyer für Grundeinkommen
Festvortrag zur Arbeit von morgen auf dem Jahresempfang der Erfurter Kammern
Weimar. Unsere gewohnte Arbeitswelt steht vor einem radikalen Wandel. Das erklärte der Philosoph und Schriftsteller Richard David Precht am Dienstagabend vor 550 Gästen aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft beim Jahresempfang der Industrie- und Handelskammer und der Handwerkskammer Erfurt in Weimar.
Die Arbeitsgesellschaft schaffe sich ab, jetzt sei das Zeitalter der Sinngesellschaft angebrochen: Die Bürger definierten sich nicht mehr über ihre Lohnarbeit, sondern über eine sinnvolle Tätigkeit, so Precht.
In seinem Festvortrag, unter dem Titel „Freiheit für alle: Das Ende der Arbeit, wie wir sie kannten“, vertrat Richard David Precht die These, dass der technologische Fortschritt der Koppelung mit einer klugen Sozialpolitik bedürfe, um auf die Dauer zustimmungsfähig zu sein. Ansonsten riskiere man eine Spaltung der Gesellschaft, wenn künstliche Intelligenz alle Routineaufgaben erledige, damit eine große Zahl der Bürger arbeitslos werde. Nicht jeder Mensch sei geeignet, sich weiterbilden zu lassen und eine Fertigkeit zu erlernen, die am Arbeitsmarkt gefragt sei. Deshalb will Precht vom Sinn des bedingungslosen Grundeinkommens überzeugen.
Finanziert werden soll es über eine Maschinen- und Finanztransaktionssteuer. Vorbild für den mündigen Bürger von heute könne der griechische Bürger der Antike sein, der meist nicht arbeitete und sich lieber Politik und schönen Künsten widmete. Precht sieht den Kapitalismus als Unterbau – der Sinngesellschaft an. Ohne den Markt würde nie genügend Wohlstand erzeugt, um jedem ein Leben in Freiheit und Selbstbestimmung zu finanzieren.
Er freue sich, dass man nach zwei Jahren wieder eine Veranstaltung in Präsenz durchführen könne, so der Präsident der Handwerkskammer Erfurt Stefan Lobenstein. Er erinnerte an die Probleme für Handwerksbetriebe in der Pandemie bei der Home-office-pflicht. „Wir arbeiten direkt mit den Menschen und vor Ort. Das können wir im Handwerk eben nicht von zu Hause aus“, sagte Lobenstein.
Von der Thüringer Landesregierung forderte Ihk-präsident Dieter
Bauhaus mehr Verbindlichkeit und Verlässlichkeit bei der wirtschaftspolitischen Ausrichtung des Landes. Er erwarte, dass im Sinne eines prosperierenden Standortes die Interessen der hiesigen Wirtschaft berücksichtigt werden, wandte sich Bauhaus an Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke). Der ermunterte die Unternehmer für Thüringen als Standort zu werben. Angesichts einer schrumpfenden Bevölkerung brauche Thüringen Zuwanderung und müsse attraktiv dafür sein.
Traditionell wurden verdienstvolle Unternehmer geehrt. Die Handwerkskammer
zeichnete Harald Scholz; Obermeister der Thüringer Innung der Karosserie- und Fahrzeugbauer aus Oberroßla (Weimarer Land) aus. Der Hauptgeschäftsführer der Erfurter Handwerkskammer, Thomas Malcherek, erhielt die Ehrenennadel des Handwerks in Gold.
Die IHK Erfurt ehrte Eckhard Moschcau, Inhaber von Euronics XXL, Kerstin Schreiber, Vorstand der Funkwerk AG aus Kölleda sowie Colette Boos-john, Geschäftsführerin des Bauunternehmens Bauer aus Walschleben.