„Ein Tabuthema, das aber zum Leben dazu gehört“
Schauspielerin Anna Windmüller über ein Stück, das den Tod bewusst in den Fokus rückt
Weimar. Wie gehen wir mit dem Bewusstsein der eigenen Sterblichkeit um? Seit einem Auftritt in einer Palliativstation beschäftigt Schauspielerin Anna Windmüller das Erzählen über den Tod. Ausgehend von dieser Erfahrung, ist das Stück „Black Bird“entstanden. Eine Collage, die mit Texten von Maxie Wander, Ruth Picardie und Robert Seethaler die Endlichkeit des Lebens in den Fokus rückt. Windmüller gehört seit Beginn der Spielzeit 2013/2014 zum festen Ensemble des DNT.
Wie ist der Kontakt zur Palliativstation entstanden?
Eine Freundin von mir leitet diese in Arnstadt. Sie hat mich gefragt, ob ich die Jubiläumsfeier damals vor drei Jahren künstlerisch begleiten kann. Im ersten Moment ging mir nur durch den Kopf: Wie mache ich das?
Sie haben sich dann aber trotzdem dazu entschieden, der Bitte nachzukommen?
Ja. Während des Prozesses habe ich immer wieder überlegt, wie man am besten an das Thema herangeht. Da spielte auch die Frage eine große Rolle: Wie direkt soll und darf ich sein? Letztendlich habe ich mich dazu entschieden, die Dinge so auszusprechen, wie sie sind. Im Anschluss daran erzählten mir die Mitarbeiter, wie froh sie seien, dass endlich mal jemand normal über das Thema gesprochen hat. Noch immer ist der Tod für viele ein Tabuthema, das aber zum Leben dazu gehört.
Wann sind Sie dann auf die Idee gekommen, aus ihrem Erlebnis ein Stück zu machen und dieses dann auf die Bühne zu bringen?
Eigentlich relativ schnell danach. Mit zwei Kindern, einem Job und den weiteren Theaterinszenierungen schiebt man Sachen aber manchmal vor sich hin. Dann kam der Lockdown, und ich hatte plötzlich Zeit. Das Thema habe ich aber auch davor nie ganz ausgeblendet.
Was hat Sie dazu veranlasst, sich weiter damit zu beschäftigen?
Mir ist noch mal mehr klar geworden, dass das Leben jetzt ist. Natürlich kann man ein Kaffeetrinken mit Freunden immer wieder aufschieben, weil anderes wichtiger ist. Das ist mit jeder Sache so. Ich jedenfalls mache mittlerweile feste Termine und zögere nichts mehr hinaus.
Zurück zum Stück. Wieso trägt dieses den Titel „Black Bird“?
Der Name ist angelehnt an einen Liedtext des Künstlers Ludwig Hirsch. Er selbst war auch unheilbar krank und schrieb dann die Zeilen: „Komm, großer schwarzer Vogel, komm jetzt! Schau, das Fenster ist weit offen. Bitte hol mich weg von da!“
Was kann das Publikum von dem Stück erwarten?
Es geht auf keinen Fall darum zu belehren. Im Gegenteil. „Black Bird“soll als Türöffner zu diesem Thema dienen. Viele Menschen wissen oft nicht, wie sie mit dem Tod umgehen sollen. Sei es mit dem eigenen oder dem einer nahestehenden Person. Es geht darum, den Gedanken und Gefühlen dazu einen Raum zu geben.
Hatten Sie Angst vor negativen Reaktionen zu diesem Thema?
Natürlich habe ich mich gefragt, wer bin ich eigentlich, dass ich mir anmaßen darf, über den Tod zu sprechen. Die Reaktion der Besucher zeigte mir allerdings, dass es einen Redebedarf dazu gibt. Nach der Veranstaltung nutzen viele das Angebot des gemeinsamen Austausches.
Was hat Ihnen beim Entstehungsprozess geholfen?
Ohne die Unterstützung von Nurkan Erpulat hätte ich es nicht geschafft. Er ist Theaterregisseur und stand mir als Freund immer zur Seite. Es hat lange gedauert, bis ich einige Textpassagen vortragen konnte, ohne dabei zu weinen.
„Black Bird“ist am 7./26. April und am 7. Mai jeweils um 20 Uhr im Kesselsaal des e-werks zu sehen.