In der Baupreisklemme
Warum sich der Jenaer Bürgermeister für Bauverträge mit gleitenden Preisen ausspricht
Jena. Nach dem Kriegsausbruch in der Ukraine sind die Rohstoffpreise für Stahl oder Zement stark gestiegen. Der Bund hat daraufhin für eigene Bauprojekte erlaubt, variable Preiskomponenten für die betroffenen Baustoffe aufzunehmen. Wir haben mit dem Jenaer Bürgermeister Christian Gerlitz (SPD) gesprochen, der sich ebensolche Klauseln für Bauprojekte der Kommunen in Thüringen stark macht.
Der Bund nimmt in Bauverträge ab sofort eine Preisgleitklausel für Rohstoffe wie Stahl, Holz, Aluminium oder Zement auf. Verfährt die Stadt Jena genauso?
Nein, bislang nicht. Wir spüren aber bereits die Folgen. Auf Ausschreiben bekommen wir teils mehr Beschwerden als Angebote. Deshalb wäre es gut, wenn die Landesregierung auch für die Kommunen die Preisgleitklauseln als Rahmen vorgibt.
In Bauverträgen gibt es doch bereits variable Positionen?
Ja, aber die Situation hat sich verändert. Die Unternehmer wissen nach Kriegsbeginn von steigenden Preisen für Rohstoffe und Energie und müssen diese einkalkulieren. Im Nachgang wäre es deshalb nur schwer zu belegen, dass eine wirtschaftliche Härte entstanden ist.
Was spricht für Preisgleitklauseln für bestimmte Rohstoffe?
Die aktuelle Lage am Rohstoffmarkt führt zu zwei Effekten. Entweder melden sich auf Ausschreibungen keine oder nur sehr wenige Unternehmen, weil sie das Preisrisiko nicht schultern können oder wollen. Oder die Angebote fallen sehr hoch aus, weil sie sehr große Risikopositionen enthalten, so dass die Offerten für die Auftraggeber nicht wirtschaftlich sind. Beides führt dazu, dass möglicherweise gar kein Zuschlag erteilt werden kann.
Aber die Preisgleitklauseln machen die tatsächlichen Kosten für Kommunen doch schwer kalkulierbar.
Das ist richtig, kann aber nicht nur Mehrkosten bedeuten, sondern auch deutliche Einsparungen. Wenn sich der Rohstoffmarkt in einigen Monaten beruhigen sollte, profitieren Kommunen von sinkenden Kosten. Allerdings schaffen wir in der Tat eine haushaltstechnisch schwierige Situation, weil beim Zuschlag mehr Unsicherheit über die tatsächliche Belastung besteht. Aus diesem Grund hoffen wir auf eine Vorgabe des Landes.
Warum ist diese nötig?
Die Kommunen stemmen die Mehrzahl der Bauprojekte im Freistaat. Es braucht eine thüringenweit einheitliche Linie, damit kein Flickenteppich an Regelungen entsteht. Außerdem wird auf diesem Weg verhindert, dass die Aufsichtsbehörden im Nachgang die Kommunen angreifen. Keiner kann in einem halben Jahr nachträglich prüfen, ob man ohne eine Klausel vielleicht ein Angebot bekommen hätte, was dann unterm Strich doch günstiger gewesen wäre – es entsteht eine Situation wie bei einem Vorsorgeparadoxon.
Führen die gestiegenen Baupreise nicht generell zu weniger Bauprojekten?
Man wird stärker priorisieren müssen. Nicht alle Baumaßnahmen werden sich umsetzen lassen. Das hängt aber nicht nur am Rohstoffmarkt, sondern auch an den Personalressourcen. Aber trotz der gestiegenen Preise werden sich die Öffentlichen Haushalte weiter das Bauen leisten können. Wichtige Investitionen in Infrastrukturmaßnahmen sollten trotzdem erfolgen.