Land prüft Klage gegen Volksbegehren
AFD will Verfassung ändern, um Impfpflicht zu verhindern. Regierung sieht rechtliche Probleme
Erfurt. Die rot-rot-grüne Landesregierung prüft eine Klage gegen das von der Thüringer AFD angestrebte Volksbegehren gegen eine Impfpflicht. Das geht aus einer Kabinettsvorlage für die Sitzung am Dienstag hervor, die dieser Zeitung vorliegt. „Hält die Landesregierung die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Volksbegehrens für nicht gegeben oder das Volksbegehren für mit höherrangigem Recht unvereinbar, ist sie nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, den Verfassungsgerichtshof anzurufen“, schreibt Justizminister Dirk Adams (Grüne) an seine Kollegen. Letzteres scheint aus Adams Sicht möglicherweise der Fall zu sein.
Die AFD will mit ihrem Vorstoß die Thüringer Verfassung ändern. Dort soll nach Absatz eins folgender neuer Absatz zwei eingefügt werden: „Niemand darf direkt oder indirekt zu Impfungen gezwungen werden. Näheres regelt das Gesetz.“
Der Justizminister meint diesbezüglich: „Aufgrund der getroffenen
Regelungen des Bundes im Infektionsschutzgesetz dürfte für Regelungen auf Landesebene — auch in der Thüringer Verfassung — kein Raum sein, so dass die begehrte Verfassungsänderung gegen die bundesstaatliche Kompetenzordnung des Grundgesetzes verstoßen würde und daher mit höherrangigem Recht nicht vereinbar wäre.“
Die Thüringer AFD, die wegen rechtsextremistischer Tendenzen vom Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet wird, hatte nach eigenen Angaben rund 12.300 Unterschriften für ein Volksbegehren gegen eine potenzielle Coronaimpfpflicht gesammelt. Die Liste wurde Anfang Juli an Innenminister Georg Maier (SPD) übergeben.
Über die Zulassung des Volksbegehrens wurde bislang nicht entschieden. Im Freistaat gibt es dafür hohe Hürden. In einem ersten Schritt sind 5000 Unterschriften nötig. Anschließend müssen die Meldebehörden die Listen prüfen, und Landtagspräsidentin Birgit Keller (Linke) müsste das Anliegen zulassen.
Der Entwurf für die Einführung einer allgemeinen Corona-impfpflicht in Deutschland war im April im Bundestag gescheitert. Im Gesundheitswesen gilt sie bis Ende des Jahres.
„Wenn man die Neigungen des Bundes- sowie des Landesgesundheitsministeriums berücksichtig, ist ein Impfzwang nicht vom Tisch, sollte es zu einer erneuten Coronawelle kommen. Dem wollen wir vorbeugen“, sagte Afd-landessprecher Stefan Möller dieser Zeitung.
Aufgrund der Bedeutung der durch das Volksbegehren aufgeworfenen Fragen und der knappen Fristen wird das Justizministerium Adams zufolge bereits vor einer endgültigen Entscheidung der Landesregierung Kontakt zu einem Prozessvertreter wegen einer möglichen Klage vor dem Verfassungsgerichtshof aufnehmen.
Die begehrte Verfassungsänderung würde gegen die bundesstaatliche Kompetenzordnung des Grundgesetzes verstoßen. Dirk Adams (Grüne) Justizminister