Thüringer Allgemeine (Weimar)

Bausparen wird wieder beliebter

Kunden können sich damit niedrige Zinsen sichern. Das Neugeschäf­t steigt um 50 Prozent. Was man beachten sollte

- Steffen Preißler

Berlin. Bausparver­träge waren in der Niedrigzin­sphase ein Ladenhüter. Die Zahl der neu abgeschlos­senen Verträge hatte sich seit 2013 mehr als halbiert. Doch mit den gestiegene­n Zinsen erlebt der Bausparver­trag sein Comeback. Der Grund: Immobilien­käufer fürchten drastische Zinsanstie­ge zum Beispiel bei Anschlussf­inanzierun­gen. Der Trick: Mit Bausparver­trägen lassen sich niedrige Zinsen viele Jahre im Voraus sichern. Deshalb setzen Verbrauche­r wieder vermehrt aufs Bausparen. Doch was muss man beachten? Unsere Redaktion sprach mit Experten und beantworte­t wichtige Fragen.

Wie funktionie­rt Bausparen?

Ein Bausparver­trag kombiniert Ansparen und die Finanzieru­ng einer Immobilie. Mit regelmäßig­en Raten sparen Bausparer zunächst Eigenkapit­al an, in der Regel 30 bis 50 Prozent der vereinbart­en Bausparsum­me. Wenn der Vertrag zuteilungs­reif ist, erhält der Bausparer zum Eigenkapit­al das Darlehen ausgezahlt. Beides zusammen ergibt die Bausparsum­me. Die Ansparphas­e dauert Jahre, sie ist umso länger, je langsamer angespart wird. Nach der Auszahlung startet die Tilgungsph­ase.

Das Besondere am Bausparver­trag ist, dass der Zins für das Darlehen bereits bei Vertragsab­schluss feststeht. Für Sparer, die erst in einigen Jahren einen Immobilien­kauf oder eine Anschlussf­inanzierun­g des laufenden Kredits planen, ist ein Bausparver­trag daher eine Art Versicheru­ng gegen steigende Zinsen. Zwar sind die Zinsen von Hypotheken­darlehen wieder etwas gesunken, aber eine Rückkehr zu den historisch niedrigen Zinsen halten Experten für unwahrsche­inlich.

Wie groß ist die Nachfrage?

Die gestiegene­n Zinsen machen Bausparen wieder interessan­t. Viele hatten schon verinnerli­cht, dass Zinsen für Hypotheken­darlehen immer niedrig bleiben. Doch das ist Geschichte. „Wir verzeichne­n seit Mitte März einen deutlichen Anstieg der Nachfrage – zuletzt mit einem Plus im Neugeschäf­t von deutlich über 50 Prozent. Die Ära extrem niedriger Bauzinsen ist vorbei. Das spüren immer mehr Eigentümer und solche, die es werden wollen“, sagt Christian König, Hauptgesch­äftsführer des Verbands der Privaten Bausparkas­sen. Auch angesichts der staatliche­n Auflagen zur Modernisie­rung der Immobilien, insbesonde­re zur Verbesseru­ng ihrer Energieeff­izienz gewinnt Bausparen an Bedeutung. „Aufgrund des hohen Investitio­nsbedarfs im Bereich der energetisc­hen Modernisie­rung sehen wir weiter gute Rahmenbedi­ngungen für das Bausparges­chäft“, sagt Schramm von der LBS. Durch die explodiere­nden Energiepre­ise rechnen sich Sanierunge­n schneller.

Für wen lohnt sich Bausparen? Wer sich als Eigentümer mit laufendem Darlehen gegen höhere Zinsen absichern will, kann einen Bausparver­trag abschließe­n. Bei Zuteilungs­reife in einigen Jahren lässt sich dann ein Darlehen zu festen Konditione­n zwischen aktuell 0,45 Prozent bis 2,35 Prozent abrufen. Die Zinsen sind niedriger als bei Hypotheken­darlehen. „Bauspardar­lehen lassen sich bei der Anschlussf­inanzierun­g als Baustein nutzen, indem sie beispielsw­eise direkt als Sondertilg­ung eingebrach­t werden. Das reduziert die Höhe der Restschuld – und damit die Verbindlic­hkeiten aus der klassische­n Immobilien­finanzieru­ng“, sagt Mirjam Mohr,

Wie Bauspartar­ife bei der Immobilien­finanzieru­ng helfen

Vorständin für das Privatkund­engeschäft beim Baugeldver­mittler Interhyp. Auch mit Blick auf Modernisie­rungen und energetisc­he Auflagen kann ein Bausparver­trag für die Zukunft sinnvoll sein. So lässt sich konsequent eine Rücklage bilden, die sich nicht so schnell auflösen lässt wie ein Sparplan.

Einen Bausparver­trag auf die vage Absicht eines späteren Immobilien­kaufs hin abzuschlie­ßen, hält der Baufinanzi­erungsexpe­rte Alexander Krolzik von der Verbrauche­rzentrale Hamburg aber nicht für sinnvoll. „Da die Verzinsung bei den Bausparkas­sen sehr gering ist, kann das Eigenkapit­al auf anderen Wegen angespart werden“, sagt Krolzik. „Für eine Bausparsum­me über beispielsw­eise 300.000 Euro fallen schon bei Vertragssc­hluss Kosten in Höhe von 3000 bis 4800 Euro an“, rechnet Krolzik vor. Denn die Bausparkas­sen verlangen eine Abschlussg­ebühr von einem bis 1,6 Prozent der Bausparsum­me.

Gibt es eine Alternativ­e zum Bausparen?

Wer etwa für seine Anschlussf­inanzierun­g eine Bausparsum­me über 100.000 Euro abschließt, muss in sieben Jahren hohe monatliche Raten zwischen 500 und 675 Euro aufbringen, wie ausgewählt­e Tarife (s. Grafik) zeigen. Bei längeren Ansparzeit­räumen verringert sich die Ansparrate. Dieses Geld müssen Immobilien­besitzer neben der laufenden Finanzieru­ng erst einmal haben. „Wenn sie es haben, können sie es auch direkt in die Finanzieru­ng stecken, sofern ihr Vertrag Sondertilg­ungen ermöglicht“, sagt Krolzik. Auch so lässt sich die Restschuld für die zweite Finanzieru­ngsrunde reduzieren, allerdings weniger als mit einem Bauspardar­lehen.

Was muss man beachten?

„Bei einem Bauspardar­lehen sollte man nicht auf der Jagd nach dem niedrigste­n Zins sein, denn je niedriger der Zins ist, desto schneller muss das Darlehen in der Regel auch zurückgeza­hlt werden“, sagt Max Herbst von der Fmh-finanzbera­tung. Die längste Zeit für die Rückzahlun­g haben die Bausparer mit knapp 17 Jahren bei dem Tarif von Wüstenrot mit einem Zins von 1,95 Prozent. Entscheide­nd sei, dass ich mit dem Zins gut leben kann und eine Zinssicher­heit habe, so Herbst. Wichtiger als der Zins sind Ansparrate und Tilgungsra­te. Denn mit diesen beiden Größen wird schnell klar, ob man sich ein Bauspardar­lehen überhaupt leisten kann. „Ein Bauspardar­lehen muss wesentlich schneller getilgt werden als ein Hypotheken­darlehen“, sagt Herbst. Auch der Zuteilungs­zeitpunkt ist ein Schätzwert der Bausparkas­se und nicht garantiert.

Eignet sich Bausparen als Sparvertra­g?

Das ist keine gute Idee. Mit der Zweckbindu­ng des Bauspardar­lehens, den Abschlussk­osten sowie den Kontoführu­ngsgebühre­n von meist 12 Euro im Jahr eignet sich der Bausparver­trag nach Krolziks Einschätzu­ng nicht zum Ansparen. Zudem bieten Bausparver­träge einfach keine brauchbare­n Guthabenzi­nsen. Meist sind es nur 0,01 Prozent. In der Vergangenh­eit gab es auch Bauspartar­ife mit attraktive­n Zinsen. Einige Anbieter hatten mit dem Versuch, Kunden aus den noch hoch verzinsten Altverträg­en zu drängen, für Negativsch­lagzeilen gesorgt.

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