Thüringer Allgemeine (Weimar)

Helene Fischers Regen-comeback

130.000 Fans feierten klitschnas­s die Rückkehr des deutschen Superstars auf die Bühne

-

Jonas Erlenkämpe­r

München. Manche ihrer durchnässt­en Anhänger hatten schon nicht mehr damit gerechnet, dass Helene Fischer wirklich auftreten würde. München versinkt am Samstagabe­nd in heftigem Dauerregen, das Wasser steht in den Schuhen, die Plastikpon­chos kleben am Körper. Doch dann kommt kurz die Sonne durch, und plötzlich hängt die Frau des Abends kopfüber an zwei Drahtseile­n. Das blonde Wunderkind des Schlagers trägt ein geschnürte­s Fransenkle­id zu schwarzen Boots und fordert seine kreischend­en Fans mit ihren gezückten Handykamer­as singend zum Tanzen auf. Die spielerisc­h wirkende Akrobatike­inlage verlangt Fischer körperlich viel ab. Sie sei „nichts mehr gewohnt“, stellt sie schwer schnaufend fest. Denn Helene Fischer war lange weg.

Nun ist sie wieder da. Und wie: Nach ihrer Babypause hat die 38Jährige wieder ein Konzert gegeben – vor 130.000 Fans und angesagt ausgerechn­et von ihrem Ex-freund Florian Silbereise­n (41). Der dauervergn­ügte Moderator kam vor ihrer spektakulä­ren Open-air-show unverhofft auf die Bühne und kündigte mit klatschnas­sen Haaren „die einmalige Helene Fischer“an. Zwischen dem früheren Vorzeigepa­ar, so lautet die Botschaft dieses Überraschu­ngsauftrit­ts, ist dreieinhal­b Jahre nach der verkündete­n Trennung wirklich alles gut.

Seit Anfang 2019 macht sich Helene Fischer rar

Die aus der sibirische­n Großstadt Krasnojars­k stammende Russlandde­utsche, die als Kleinkind mit ihren Eltern nach Rheinhesse­n kam, hat sich viel vorgenomme­n. Einen Auftritt der Superlativ­e, für den sie eigens ihre ausgedehnt­e Schaffensp­ause unterbrich­t. Fischers einziges Konzert dieses Jahr, das größte ihrer Karriere: Die Bühne auf dem Messegelän­de ist 150 Meter lang, Dutzende Kameras zeichnen die Darbietung zugunsten einer geplanten Dvd-veröffentl­ichung auf, Tausende Helfer sind dabei. So glitzernd hat man sie lange nicht gesehen.

Im Januar 2019 hatte sich Fischer aus der Öffentlich­keit zurückgezo­gen, und obwohl sie 2021 ihr achtes Studioalbu­m „Rausch“herausgebr­acht hat, ist sie dauerhaft nicht mehr ins Rampenlich­t zurückgeke­hrt. Letztes Jahr stand sie für zwei Konzertfil­me vor der Kamera, zuletzt trat sie im Juli bei Silbereise­ns

ARD-SHOW „Das große Schlagerco­meback“auf, quasi als Aufwärmübu­ng fürs Münchener Megakonzer­t. Abgesehen von diesen sorgsam ausgewählt­en Hochglanza­uftritten macht sich Fischer rar.

Umso seliger jubeln ihr die Fans vor der riesigen Bühne zu. „Ich hab’ gedacht, mein Herz zerspringt in 1000 Teile“, entfährt es Fischer angesichts der Menschenma­sse. „Das ist das, was ich so lange vermisst habe.“Nach den Corona-lockdowns wolle sie das Leben wieder feiern und ihr Album vorstellen. Das sei für sie mit vielen Emotionen verbunden, auch angesichts ihrer „neuen Situation“. Denn: „Ich bin Mama geworden.“2021 brachte sie eine Tochter zur Welt.

Von Beginn an ist klar, dass die ausgebilde­te Musicaldar­stellerin nach dem Konzert erneut abtauchen wird. Ihre Tour mit insgesamt 70 Shows startet erst im nächsten Jahr. In der Schlagerbr­anche ist die Rede von einem geschickte­n Werbeschac­hzug, der einer medialen Übersättig­ung vorbeugt. So kanalisier­t sie das Tamtam um sich auf wenige, perfekt choreograp­hierte Großauftri­tte. Spontan und zufällig geschieht bei der kommerziel­l erfolgreic­hsten Sängerin der Nation nichts. „Helene Fischers Erfolg wäre

Fischers Fans harrten stundenlan­g im Regen aus.

ohne Talent und harte Arbeit nicht denkbar“, sagt der als „Professor Schlager“bekannt gewordene Musikexper­te Ingo Grabowsky. Kritiker werfen ihr vor, ihre Lieder seien austauschb­are Massenware, aber das ist in München allen egal. „Ihre Konzerte sind opulente Bühnenshow­s“, so Grabowsky. „Das darf man nicht unterschät­zen.“

Als dieser Hybrid aus Märchenpri­nzessin und Madonna nach mehrfachen Outfitwech­seln um kurz nach 22 Uhr ihren Überhit „Atemlos durch die Nacht“anstimmt und das Publikum enthusiast­isch mitgrölt, ist klar: Sie ist noch immer der strahlende Fixstern der deutschspr­achigen Unterhaltu­ngsmusik. Fischer ist ein Phänomen – und sie will, dass das so bleibt.

 ?? DDP / STAR-IMAGES ?? Helene Fischer verzieht keine Miene: Die 38-Jährige gab am Samstagabe­nd trotz miesen Wetters alles.
DDP / STAR-IMAGES Helene Fischer verzieht keine Miene: Die 38-Jährige gab am Samstagabe­nd trotz miesen Wetters alles.
 ?? DDP / STAR-IMAGES ??
DDP / STAR-IMAGES

Newspapers in German

Newspapers from Germany