Gold und Tränen
Boll-bezwinger Qiu läutet mit Em-coup eine Zeitenwende im Tischtennis ein. Mittelham muss unter Schmerzen im Finale der Frauen aufgeben
Patrick Reichardt
München. Die erste EM ohne Einzelmedaille für Rekordchampion Timo Boll oder Ex-gewinner Dimitrij Ovtcharov seit 17 Jahren markiert im deutschen Tischtennis eine Zeitenwende. Der neue Europameister Dang Qiu sank nach dem goldenen deutschen Em-abschluss in München auf die Knie, dann ließ er sich von 5000 lauten Fans in der Rudi-sedlmayer-halle feiern.
Nur eineinhalb Stunden vorher hatte die deutsche Finalistin Nina Mittelham unter Tränen und Schmerzen aufgegeben. So gab es am Finaltag in München Gold, Silber und große Emotionen – und das alles ohne Routinier und Garant Timo Boll, den es schon im Viertelfinale erwischt hatte. Qiu besiegte den Slowenen Darko Jorgic mit 4:1 (10:12, 14:12, 11:8, 11:9, 11:2) und sorgte so im Endspiel für den viel gefeierten Abschluss der Titelkämpfe.
„Natürlich ist das irgendwo unerwartet. Jetzt bin ich erstmal sprachlos. Ich kann es noch gar nicht fassen, um ehrlich zu sein“, sagte Qiu, dessen Worte im laustarken Applaus beinahe untergingen. „Wenn man Mister Europameisterschaft Timo Boll aus dem Turnier wirft, muss man vielleicht auch das Turnier gewinnen“, scherzte Qiu.
Um Mittelham hingegen ereignete sich ein kleines sportliches Dramitri ma. Im wichtigsten Spiel ihrer Karriere musste sie aufgeben, offenbar machte ihr die Schulter zu schaffen. „Ich habe gar keine Worte. Ich bin auch traurig und ich weiß gerade nicht, was ich fühlen soll. Es ist eine sehr traurige Situation“, sagte die siegreiche Österreicherin Sofia Polcanova, die von der Aufgabe profitiert hatte. Sabine Winter und Shan Xiaona hatten im Halbfinale verloren, aber Bronze gewonnen.
Anders als Mittelham und Qiu waren die Träume von Boll und Di
Ovtcharov vorzeitig geplatzt. Der 41 Jahre alte Ausnahmespieler verlor gegen seinen Vereinskollegen und späteren Sieger Qiu unerwartet deutlich mit 0:4. Anschließend verpasste auch der Weltranglistenneunte Ovtcharov vom TTC Neuulm das Halbfinale. Der Olympiadritte verlor im Viertelfinale gegen den Schweden Kristian Karlsson in 53 Minuten mit 2:4. „Es war leider eine sehr deutliche Angelegenheit. Er hat super gespielt und verdient gewonnen. Ich hätte es gerne vor dieser tollen Kulisse knapper gemacht“, gestand Boll. Ein Karriereende ist mit dieser Niederlage jedoch nicht verbunden: „Ich höre noch nicht auf“, sagte Boll. dpa
Nina Mittelham musste aufgeben und weinen.