Thüringer Allgemeine (Weimar)

Ein Grüner im Boxring

Integratio­nsminister Dirk Adams besucht den La-familia-fightclub in Erfurt, wo mehr als nur Kampfsport gelehrt wird

- Kai Mudra

Erfurt. Ein Grüner steht steht im Boxring eines Kampfsport­vereins. Dabei ist Thüringens Justizmini­ster Dirk Adams nicht gerade für angriffslu­stige Attacken bekannt. Trotzdem trifft er sich dieser Tage mit den Verantwort­lichen des Erfurter La-familia-fightclubs.

Der Verein geht seit Jahren bewusst seinen eigenen Weg. Schon immer bieten die Trainerinn­en und Trainer Kurse für Kinder genauso an, wie für Sportlerin­nen und Sportler, die vor Wettkämpfe­n stehen, oder für Interessie­rte, die einfach nur ihre Fitness verbessern wollen. Der Verein wirbt mit seiner Familienfr­eundlichke­it.

Fitness, Körperbehe­rrschung, Stärkung des Selbstbewu­sstseins, die Fähigkeit sich verteidige­n zu können, aber auch Respekt im Umgang mit anderen seien Ziele, die Kampfsport erreichen kann, ebenso wie die Integratio­n von Menschen, erklärt Fightclub-mitarbeite­r Tobias Horn: „Nicht jeder wird ein Kämpfer werden. Muss er auch nicht.“Aber alle hätten durch den Kampfsport Gewaltkomp­etenz erworben. Deshalb arbeite der Fightclub mit einen klaren Kodex.

Viele Barrieren seien durch ihn bei Interessen­ten von Beginn an gelöst wurden. „Falsche Glaubenssä­tze und Vorurteile könne wir nun schneller beseitigen“, betont Daniel Zeuner. Gemeinsam mit Marek Ljastschin­skij ist er Gesellscha­fter des Sportverei­ns.

Beide agieren als Cheftraine­r und sind Europameis­ter. Mit Michaela Michl gehört zudem eine Kickboxwel­tmeisterin zum Trainersta­b. Der

Club erringt bereits seit Jahren in Deutschlan­d und internatio­nal beachtlich­e sportliche Erfolge. Das hilft bei der Sponsorens­uche.

„Wir erwarten, dass der Kodex von allen Clubmitgli­edern anerkannt und eingehalte­n wird“, erklärt Tobias Horn auch Minister Adams während dessen Besuchs. Dazu gehöre, dass erlernte Kampfsport­techniken außerhalb des Sports nicht angewendet werden dürfen. Einzige Ausnahme sei die Selbstvert­eidigung. Daran müssen sich die Clubmitgli­eder halten. Mit jedem Neueinstei­ger und Neueinstei­gerin werde ein ausführlic­hes Gespräch geführt, sagt Daniel Zeuner. Dabei werde auch der Kodex gegen Extremismu­s erläutert.

Der Club habe einen Kulturwech­sel geschafft. Das sei kein leichter Weg gewesen, bescheinig­t den Verantwort­lichen Thomas Zirkel, Hauptgesch­äftsführer des Landesspor­tbundes Thüringen. Unterstütz­ung kommt dabei von den Projekten „Integratio­n durch Sport“des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s (DOSB) und von „Sport zeigt Gesicht“.

Der Landesport­bund (LSB) biete Vereinen Ansprechpa­rtner an, wenn sie beispielsw­eise Probleme mit dem Kinderschu­tz, mit Frauenfein­dlichkeit oder mit Neonazis haben. Hilfe gibt es aber auch bei der Mitglieder­werbung, der Integratio­n oder dem Ehrenamt, erklärt Jana Conrad. Sie ist beim LSB verantwort­lich für das Projekt „Integratio­n durch Sport“. „Die Vereine können sich auf absolute Vertraulic­hkeit ihrer Ansprechpa­rtner beim LSB verlassen“, versichert die Expertin.

Während des Besuchs von Minister Adams läuft im Anfang August neu eröffneten Gym, dem Sportraum des Vereins, das ganz normale Training. Durch eine Glasscheib­e sind die Jüngsten zu sehen. Sie üben paarweise immer wieder fast in Zeitlupe Bewegungsa­bläufe und berühren sich dabei kaum.

Marek Ljastschin­skij korrigiert, gibt Hinweise. Im Boxring stehen sich zwei Kämpfer gegenüber, auch sie trainieren koordinier­te Bewegungsa­bfolgen, Hände, Füße, der gesamte Körper. Mit solchen Bewegungen reagiert der eine auf Angriffe des anderen, ohne bereits hart zuzuschlag­en.

Die Bewegungen müssen im Schlaf beherrscht werden oder kurz vor der Erschöpfun­g beim Wettkampf, um einen Angriff parieren zu könne oder, besser noch, selbst mit einer Attacke zu reagieren, erklärt Michaela Michl, die Weltmeiste­rin. Sie selbst trainiert den Kidsclub, und auch das Fitnessbox­en – und weiht die Schützling­e in ihre Geheimniss­e ein: „Wer eine Lücke sieht oder ahnt, was der Gegner vorhat, kann effizient reagieren. Das muss instinktiv funktionie­ren.“

 ?? KAI MUDRA ?? Thüringens Integratio­nsminister Dirk Adams (Grüne) trifft Kickboxwel­tmeisterin Michaela Michl.
KAI MUDRA Thüringens Integratio­nsminister Dirk Adams (Grüne) trifft Kickboxwel­tmeisterin Michaela Michl.

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