Kohlendioxid fürs Bier wird knapp
Produktionsausfälle in der chemischen Industrie haben drastische Folgen für Getränkehersteller
Isabella Kürbs und Ingo Glase
Erfurt. Die Worbiser Brauerei Neunspringe musste bereits die Produktion einstellen, andere Thüringer Getränkehersteller sind alarmiert – durch Produktionsausfälle in der chemischen Industrie wird Kohlendioxid, ein Nebenprodukt der Düngemittel-fertigung, knapp. Es ist jedoch für die Haltbarkeit des Gerstensaftes unabdingbar und wird zudem für die Kohlensäure in Limonaden gebraucht.
Bedeutende Co2-lieferanten der Lebensmittelwirtschaft hätten aufgrund der gestiegenen Energiepreise die Produktion in erheblichem Maß gedrosselt, erklärt der Deutscher Brauer-bund. „Nur noch 30 bis 40 Prozent der üblichen Liefermengen sind derzeit – allerdings zu immensen Kosten – auf dem deutschen Markt verfügbar.“
Viele der auf das Kohlendioxid angewiesenen Lebensmittelbetriebe, neben Brauereien und Getränkeabfüllern auch Fleischerzeuger, und Molkereien, würden in Kürze ihre Produktion einschränken oder einstellen müssen, wenn die Politik nicht schnell handelt, so der Brauerbund mit Sitz in Berlin.
So schlimm wie in der Eichsfelder Brauerei ist die Situation aber nicht überall. Bei Thüringer Waldquell in Schmalkalden etwa sei die Lage zwar angespannt, aber es sei derzeit ausreichend CO2 vorrätig, die Produktion könne weiterlaufen, erklärte das Unternehmen.
Auch im Saalfelder Brauhaus ist man besorgt, der Bedarf sei jedoch gedeckt. In der Arnstädter Stadtbrauerei, im Braugasthof Papiermühle
Jena und in der Museumsbrauerei Schmitt in Singen ist die Co2-krise kein Thema, versichern die dortigen Braumeister.
Entspannt ist man in der Rosenbrauerei Pößneck und der dazugehörigen Brauerei Weimar-ehringsdorf – „wir bekommen unser Kohlendioxid von einem Lieferanten, der es aus der Erde gewinnt“, verrät Geschäftsführer Nicolaus Wagner.
Kohlensäure – eigentlich Kohlendioxid (CO2) – wird in Brauereien vor allem benötigt, um Tanks und abzufüllende Flaschen und Fässer „vorzuspannen“, damit das Bier beim Füllen nicht mit Luft in Kontakt kommt und beim Abfüllen nicht schäumt. Außerdem wird CO2 in der Gastronomie benötigt, um Bier und andere Getränke beim Zapfen aus den Fässern zu drücken. Wichtig: Für die eigentliche Bierproduktion wird keine Kohlensäure benötigt, da die Kohlensäure auf natürliche Weise beim Brauen entsteht. Weil bei der Gärung von Bier sogar deutlich mehr CO2 entsteht, als für das fertige Bier benötigt wird, fangen viele Brauereien die überschüssigen Mengen auf und sind daher nicht oder nur in geringem Umfang auf die Zulieferung von CO2 angewiesen. Brauereien aber, die das überschüssige CO2 nicht auffangen oder viele Softdrinks herstellen, müssen CO2 zukaufen. Denn gerade für die Produktion von Wasser und Erfrischungsgetränken ist Kohlensäure unabdingbar.
Aber nicht nur Kohlendioxid ist neben der Energie teurer geworden, vor allem der Preis für Malz hat sich seit dem Frühjahr verdoppelt – eine Tonne kostet derzeit 800 Euro.