Thüringer Allgemeine (Weimar)

Pfeifkonze­rt nach Nichtangri­ffspakt: Ddr-fußballer gewinnen Bronze

- Andreas Rabel

Jena. Das Bild hat er sich vergrößern lassen, es hängt im Traditions­zimmer im Keller seines Hauses in Jena. Das Foto zeigt den jungen Konrad Weise und und den späteren Erfolgstra­iner Ottmar Hitzfeld. Weil das Foto der Fußballer aus Ost und West vor 50 Jahren groß in der Bildzeitun­g erschien, schlug es einige Wellen. „Wir hatten 3:2 gewonnen. Das war schon mal gut“, sagt Weise. „Und als ich der Sportführu­ng darlegte, ein Spieler der unterlegen­en Mannschaft hat mir gratuliert, das sei doch üblich, da war die Sache glückliche­rweise vom Tisch.“

Schon vor dem legendären 1:0 im Hamburg bei der Fußball-wm 1974 hatte es ein deutsch-deutsches Fußballdue­ll gegeben, in der Zwischenru­nde des olympische­n Fußballtur­niers 1972. Mit 3:2 gewann die vom Geraer Georg Buschner trainierte Ddr-auswahl gegen die Olympiaman­nschaft des Gastgebers. Eberhard Vogel schoss in der 82. Minute das Siegtor und die DDR qualifizie­rte sich hinter Ungarn als Zweiter für das Spiel um Platz drei gegen die Sowjetunio­n. Oleg Blochin (10.) und Murtas Churzilawa (30.) hatten die Sbornaja mit 2:0 in Front gebracht, doch Hans-jürgen Kreische (33.) und Vogel (78.) glichen mit ihren Toren aus. Und dann?

„Und dann passierte es einfach so. Es hatte keine Absprache gegeben, keine Weisung von der Trainerban­k“,

erinnerte sich der damals 21jährige Weise an den Nichtangri­ffspakt mit den sowjetisch­en Fußballern. „Auf einmal wurde nur noch hintenrum gespielt, der Ball in den eigenen Reihen gehalten, kein Zug nach vorn. Null Risiko. Und die Zuschauer pfiffen und buhten.“

Das damalige Reglement sah vor: Steht es unentschie­den, gibt es zweimal Platz drei. Ein Elfmetersc­hießen war nicht vorgesehen. „Also brachten wir das Spiel über die Zeit, der Medailleng­ewinn war uns wichtig, es hing ja doch einiges dran.“Als bei der Siegerehru­ng Polen und Ungarn geehrt wurden, gab es Applaus. Als die beiden Bronze-teams aufgerufen wurden, setzte es wieder ein gellendes Pfeifkonze­rt. „Wir haben uns dann schnell verdrückt, die Bronzemeda­ille im Gepäck.“

Später ging es in eine Gaststätte, wie vorgeschri­eben in der Olympiafre­izeitkleid­ung. „Wir sahen ja auch schick aus. Ich bin zwei, drei Mal nach Leipzig zum Schneider gefahren, die Anzüge waren maßgeschne­idert, saßen perfekt.“Am Abend, erzählt Konrad Weise, „da wurde kurz hinter der Theke getuschelt und wir bekamen als Bronzemeda­illengewin­ner einen ausgegeben, die Pfiffe im Stadion waren für den Augenblick vergessen.“

In unserer Serie erinnern wir an Thüringer Medailleng­ewinner sowie besondere Sportler und Ereignisse bei den Olympische­n Spielen 1972 in München

 ?? IMAGO/SIMON ?? Der Jenaer Konrad Weise (links) mit Ottmar Hitzfeld. In der Olympiazwi­schenrunde hatte die DDR die BRD mit 3:2 bezwungen.
IMAGO/SIMON Der Jenaer Konrad Weise (links) mit Ottmar Hitzfeld. In der Olympiazwi­schenrunde hatte die DDR die BRD mit 3:2 bezwungen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany