Thüringer Allgemeine (Weimar)

Schockiert von „nackter Gewalt“

Conference League: Der Skandal von Nizza beschäftig­t den 1. FC Köln. Es drohen harte Strafen

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Thomas Weitekamp

Nizza. Steffen Baumgart macht einen stets stabilen Eindruck. Die „nackte Gewalt“von Nizza brachte aber auch den Trainer des 1. FC Köln an seine Grenzen. „Ich halte mich nicht für den ängstlichs­ten Menschen“, sagte ein mitgenomme­ner Baumgart am Tag danach, „aber ich glaube, ich brauche eine ganze Weile, um das zu verarbeite­n. Das wird mich lange begleiten.“

Das 1:1 (1:0) seines Teams in der Conference League bei OGC Nizza war kein normales Fußballspi­el, die Krawalle auf den Tribünen vor dem Anpfiff rückten das Sportliche in den Hintergrun­d. Baumgart, Gelbrot gesperrt, stand bereits in seiner Loge und sah alles aus nächster Nähe: „Was ich erlebt habe, war einfach nackte Gewalt. Es ging nur darum, Leuten zu schaden.“

Auch für den Club dürften die „abscheulic­hen Geschehnis­se“(Präsident Werner Wolf) Folgen haben. Denn Teile der eigenen Fanszene bleiben ein gewaltiges Problem, gerade internatio­nal ergibt sich allmählich ein verheerend­es Bild. Gerade mal fünf Auswärtssp­iele bestritt Köln in den vergangene­n 30 Jahren auf europäisch­er Bühne – dreimal sorgten dabei Fc-anhänger für teils schlimme Szenen: 2017/2018 musste die Uefa auf das Fehlverhal­ten einiger Anhänger in London und Belgrad reagieren, nun prügelten Kölner Fans in Nizza.

Erschweren­d dürfte hinzukomme­n: Nach den Vorfällen von Belgrad hatte die Uefa einen Ausschluss von Kölner Fans für das nächste Auswärtssp­iel eigentlich schon beschlosse­n, diesen aber nach dem Einspruch des Klubs zurückgeno­mmen. Was die Uefa nun daraus macht, sei zunächst „reine Spekulatio­n“, sagte Kölns Geschäftsf­ührer Christian Keller. Allerdings hätten die Krawallmac­her „für Konsequenz­en“gesorgt, „die wir jetzt noch gar nicht absehen können“, so der 43-Jährige.

Eine erste, kleinere Entscheidu­ng stand schon am Freitag: Das Heimspiel am Donnerstag gegen den 1.

FC Slovacko aus Tschechien wurde von der Uefa zum Risikospie­l hochgestuf­t. Viele Aspekte sind erwähnensw­ert, dürften dem Club aber kaum weiterhelf­en. So verhielten sich fast alle der 8000 Kölner Fans friedlich, gingen gar die Gewalttäte­r bei deren Rückkehr in den Block hart an. „Wir sind Kölner, und ihr nicht“, hallte es durchs Stadion. Die Gewalt ist nicht repräsenta­tiv. Auch nahm sie vielleicht schon vor dem Stadion ihren Ursprung, dort soll es Messeratta­cken durch Nizza-fans gegeben haben. Zudem sollen sich Fans des Ogc-erzrivalen Paris St. Germain unter die Kölner gemischt und eine aktive Rolle gespielt haben. Einer dieser Männer stürzte aus dem Oberrang, ist mittlerwei­le aber wohl außer Lebensgefa­hr.

Fc-präsident Wolf versprach nun nach den Krawallen, bei denen nach Angaben der Polizeiprä­fektur von Donnerstag­abend insgesamt 32 Menschen verletzt wurden: „Wir werden all unsere Kraft in die Aufklärung setzen und dabei mit aller Konsequenz gegen die Gewalttäte­r vorgehen.“Gut möglich allerdings, dass die Uefa erst mal keine Lust auf Kölner Auswärtsfa­ns hat. sid

 ?? DPA ?? Ordnungsdi­enst und Polizisten gehen beim Conference-leaguespie­l in Nizza gegen gewalttäti­ge Fans auf der Tribüne vor.
DPA Ordnungsdi­enst und Polizisten gehen beim Conference-leaguespie­l in Nizza gegen gewalttäti­ge Fans auf der Tribüne vor.

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