Sie kam, wagte und überragte
Die Jungunternehmerin Miriam Janke hat mehrere Firmen mitgegründet – und sich in einer Männerwelt behauptet
Berlin. Ob Websites, Marketing, Nanotechnologie oder Unternehmens-software: Miriam Janke ist es gewohnt, in unterschiedlichen Branchen mitzumischen. Die 24Jährige hat schon mit 20 alleine eine Marketingagentur aufgebaut. Nun ist die Berlinerin Co-founderin des Start-ups Trilleco, dessen Ziel es ist, Unternehmen durch digitale Lösungen nachhaltiger zu machen.
Als junge Frau bereits mehrere Unternehmen erfolgreich mitgegründet zu haben, ist keine Selbstverständlichkeit. Im Start-up-bereich gehen laut Deutschem Startup-monitor 2021 lediglich knapp 18 Prozent der Gründungen von Frauen aus. „Wenn es aber um Bereiche wie digitale Hochtechnologie geht, befinden wir uns immer noch im einstelligen Bereich“, sagt Stephanie Birkner, Juniorprofessorin für Female Entrepreneurship an der Universität Oldenburg. Ein Grund dafür sei, dass das Ideal eines erfolgreichen Gründers lange sehr maskulin geprägt war. Das werde aber allmählich aufgebrochen.
Diesen Wandel erlebt auch Miriam Janke. Trotzdem passiere es immer noch, dass sie für eine Assistentin gehalten werde oder Männer ein Meeting mit einem privaten Treffen verwechseln. „Da sage ich dann: Zu persönlich an dieser Stelle. Wir haben ja kein Date. Entweder wir wechseln jetzt wieder zum Business oder du kannst aufstehen und gehen.“
Die Forschung zeigt: Ideen von Frauen werden weniger gefördert Janke ist in einem kleinen Dorf in Mecklenburg-vorpommern aufgewachsen. An ihrem Gymnasium war sie in einer Mint-klasse, liebte Mathe und fing mit 14 an, Webseiten zu programmieren. In Erziehung und Bildung sieht Stephanie Birkner den Schlüssel dafür, dass Mädchen Selbstbewusstsein im naturwissenschaftlich-technischen Bereich und unternehmerische Neugier entwickeln. „Frauen denken oft, sie müssten alles hundertzwanzigprozentig können. Das braucht es nicht. Wichtig ist, die Bedarfe an Technologien zu erkennen, in eine Lösung zu übersetzen und sich dann gegebenenfalls mit jemandem zusammenzusetzen, der das baut oder programmiert.“Es braucht auch Startkapital. Laut dem Female Founders Monitor vom Bundesverband Deutsche Startups von 2020 gibt es hierbei immer noch deutliche Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Gründungsteams. Vor allem auf Venturecapital-investitionen und Businessangels, also vermögende Privatpersonen, die Geld, Zeit oder ihr Knowhow in junge Unternehmen investieren, griffen Männerteams wesentlich häufiger zurück als Frauen.
Es zeige sich, dass zwar rund 33 Prozent der von Frauen geführten Unternehmen Business-angels als Kapitalgeber den Vorzug geben würden, jedoch bisher nicht einmal acht Prozent diese Finanzierungsquelle realisieren konnten. Inzwischen habe die Forschung gezeigt, warum Ideen von Frauen weniger gefördert wurden, sagt Stephanie Birkner. Oft seien Männern bei Pitch-veranstaltungen andere Fragen gestellt worden. Während sie eher ihre positiven Zukunftsvisionen ausbreiten konnten, wurden Frauen eher zu negativ behafteten Themen wie Risikovermeidung befragt.
Wichtig sei, frühzeitig mit der eigenen Idee im Gründungsökosystem
sichtbar zu werden, ins Gespräch zu kommen und mit dem Netzwerkaufbau anzufangen, um an Investitionen zu kommen.
Miriam Janke empfiehlt, ein aussagekräftiges Linkedin-profil einzurichten und einen öffentlichen Aufruf zu starten, den andere teilen können. Bereits in der Selbstbeschreibung könne man direkt erwähnen, dass man auf der Suche nach Geld ist. „Vermehrt gründen sich auch Initiativen, die sich explizit die Förderung von weiblichen Gründungen auf die Fahnen schreiben“, sagt Stephanie Birkner. Auch hier gelte es möglichst früh ins Gespräch zu kommen, auch wenn noch keine Finanzierungsrunde ansteht. Zugänge böten auch Female Hubs oder sogenannte Acceleratoren, die als Teil ihres Programmes etwa dazu beraten, welche Investitionsformen zur Gründungsidee passen.
Laut Birkner ist es außerdem wichtig, sich nicht gleich entmutigen zu lassen. „Eine Finanzierungsabsage ist nicht gleichbedeutend damit, dass das Gründungsvorhaben nicht gut oder sogar zum Scheitern verurteilt ist. Es passt vielleicht einfach nur nicht in die Finanzierungsstrategie.“Sie rät, Kontakte zu anderen Gründerinnen zu knüpfen, um sich gegenseitig beim Aufbau des Unternehmens zu unterstützen. „Oft hat man keine Lust zu Veranstaltungen hinzugehen und sich selbst ins Rampenlicht zu stellen. Aber es ist schön, eine andere Person vorzustellen, die ein tolles Projekt hat.“
Nicht nur Gründerinnen, auch Investorinnen tauschen sich aus. Die Unternehmerin Maren Wagener ist im vergangenen Jahr zum Female Investors Network gekommen. Ziel des Netzwerkes ist, die Zahl der weiblichen Business Angels in Deutschland zu erhöhen, Investorinnen
zu vernetzen und zu informieren. „Junge Unternehmerinnen zu unterstützen macht auf jeden Fall Spaß“, sagt Wagener.
Insgesamt habe sich die Situation für Frauen in der ersten Phase der Gründung verbessert, fasst Birkner zusammen. Investoren, Banken und Gründungsberatungen seien viel offener für Ideen von Frauen. Es sei spürbar, dass sich Gründerinnen, die es selbst eher noch schwer hatten, für junge Gründerinnen einsetzen. „Die erste Investitionsrunde ist etwas leichter geworden - von für alle gleichen Finanzierungschancen sind wir jedoch noch entfernt.“Wenn es ums Skalieren geht und der Umsatz gesteigert werden soll, stießen Gründerinnen nach wie vor auf Probleme. „Das liegt unter anderem daran, dass die Geschäftsmodelle von Unternehmerinnen häufig eine andere Idee von Wertversprechen haben“, sagt Birkner. Sie seien nicht darauf ausgelegt, schnell viel Geld zu machen.
Stattdessen gehe es häufiger darum, langfristig Arbeitsplätze in einer Region aufzubauen und auch soziale oder ökologische Ziele zu verfolgen.