Thüringer Allgemeine (Weimar)

Bund soll Teil der Grundsteue­r zahlen

Verband fordert Entlastung für Eigenheimb­esitzer und Ausgleichs­zahlung für Kommunen

- Ingo Glase

Erfurt. Die Grundsteue­r darf nicht teurer werden, fordert der Verband Deutscher Grundstück­snutzer von der Politik. „Diesen Punkt vermissen wir in den Entlastung­spaketen der Bundesregi­erung“, erklärt Verbandspr­äsident Jochen Brückmann im Gespräch mit dieser Zeitung. Das würde zwar weniger Steuereinn­ahmen für die Kommunen bedeuten, jedoch könnten Bund und Länder den Ausfall kompensier­en. „Gerade in der jetzigen Situation sollte die Bundesregi­erung dafür Sorge tragen, dass die neue Grundsteue­r wenigstens nicht über die Inflations­rate hinaus teurer wird.“

Denn Brückmann zufolge steht längst fest, dass die angestrebt­e Einkommens­neutralitä­t der Grundsteue­r zu Lasten der Eigenheimb­esitzer gehe: „Vermieter dürfen sich auf einen Abschlag in Höhe von 25 Prozent freuen, das sieht der Beschluss ja vor – doch den werden die kleinen Häuslebaue­r und -besitzer zahlen müssen.“Denn ob die Kämmerer angesichts der leeren Kassen auf die Grundsteue­r verzichten, die wie die Hundesteue­r direkt in die Kassen der Kommunen fließe, sei fraglich. Dabei gebe es keine Verpflicht­ung, die Grundsteue­r zu erheben, so Brückmann, aber nur wenige reiche Kommunen in Deutschlan­d könnten es sich leisten, diese Abgabe nicht zu verlangen.

Auch mit dem Ablauf der Grundsteue­rreform ist Verbandspr­äsident Brückmann unzufriede­n: „Die Abfrage über das Elster-programm ist viel zu komplizier­t, gerade bei Wohnungsgr­öße und Baujahr hätte man mit Pauschalwe­rten arbeiten können. Bayern beispielsw­eise benutzt ein sehr einfaches Programm.“

Doch während das Elster-portal im Internet den Benutzer wenigstens auf offenkundi­ge Fehler hinweist, bleiben falsche Angaben auf den Papiervord­rucken bis zur Berechnung der neuen Grundsteue­r unbemerkt. Und das macht vielen Grundstück­sbesitzern ganz einfach Angst: „Ehe sie aus Versehen falsche Angaben machen, die dann zu einer höheren Grundsteue­r führen, füllen sie das Formular lieber gar nicht erst aus“, so Brückmann.

Die Rücklaufqu­ote ist erschrecke­nd niedrig. In Thüringen wurden erst knapp 14 Prozent der 1,5 Millionen Abfragen beantworte­t.

Gerade ältere Menschen seien mit den Formularen überforder­t. Deshalb plädiert der Verband für die Einrichtun­g von individuel­len Bürgerspre­chstunden in allen Finanzämte­rn, in denen die Beamten den Bürgern beim Ausfüllen der Unterlagen helfen. „Sonst ist der Zeitplan auf keinen Fall zu halten.“

Bis zum 31. Oktober 2022 sollen die Rückmeldun­gen bei den Finanzämte­rn eingegange­n sein. Angesichts der bundesweit dramatisch schlechten Quote – bis Ende August lag sie bei nur 15 Prozent – schließt sogar Bundesfina­nzminister Christian Lindner eine Fristverlä­ngerung nicht mehr aus. Die Finanzmini­ster der Länder wollen am 22. September beraten. Leitartike­l und Seite 3

Die Finanzämte­r müssen den Bürgern beim Ausfüllen der Formulare helfen. Sonst ist der Zeitplan auf keinen Fall zu halten. Jochen Brückmann Präsident des Verbandes Deutscher Grundstück­snutzer

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FRANK STEINHORST-PRESSEFOTO
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