Die Tücken der Grundsteuererklärung
Warum es etwa für Gärten unterschiedliche Vordrucke gibt, erklären Experten des Thüringer Finanzministeriums
Erfurt. Zähler und Nenner des Flurstücks, Gemarkungsnummer, Bodenrichtwert, Ertragsmesszahl – für die Neuberechnung der Grundsteuer sind viele Angaben nötig. Bis zum 31. Oktober 2022 sollen die Daten an die zuständigen Finanzämter übermittelt werden. Doch viele Grundstücksbesitzer sind mit der geforderten Erklärung überfordert: Von den 1,5 Millionen verschickten Abfragen wurden bis jetzt erst etwa 190.000 beantwortet. Viele, vor allem ältere, Grundstücksbesitzer finden die Abfrage zu kompliziert oder haben nicht den benötigten Internet-zugang. Beim Telefonforum unserer Zeitung beantworteten Carolin Radtke, Matthias Rehme und Thomas Rötscher aus dem Thüringer Finanzministerium Fragen unserer Leser. Hier eine Auswahl der Fragen und Antworten:
Im Haus befinden sich zwei Wohnungen. Wann muss ein Einfamilienhaus und wann ein Zweifamilienhaus erklärt werden?
Wenn es sich um zwei abgeschlossene Wohnungen handelt, liegt ein Zweifamilienhaus vor. Wenn ein Wohnhaus zwei Etagen hat, aber die Wohnbereiche im Erd- und im Obergeschoss offen sind, handelt es sich um ein Einfamilienhaus.
Was muss ich bei Zähler und Nenner in Zeile 11 des Hauptvordrucks eintragen?
Bei einem Einfamilienhaus ist hier jeweils eine 1 einzutragen. Bei Eigentumswohnungen sind andere Angaben vorzunehmen. Ein Beispiel: A ist Eigentümer einer Wohnung in einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Zum Wohnungseigentum gehört ein Miteigentumsanteil in Höhe von 333/10.000 an dem gemeinschaftlichen Eigentum, dem Grundstück. Als Fläche des Grundstücks ist die Gesamtfläche des Grundstücks in Quadratmetern anzugeben. Als Zähler in Zeile 11 ist sodann 333 einzutragen und als Nenner 10.000. Dies entspricht dem Eigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Grundstück.
Wie berechnet sich die Wohnfläche? Welche Räume zählen dazu?
Zur Wohnfläche gehören alle Räume einer Wohnung, die Wohnzwecken dienen, also beispielsweise auch das Arbeitszimmer, die Besenkammer und die Gäste-toilette. Auch ein Wintergarten, ein Hallenschwimmbad oder eine Sauna zählen zur Hälfte zur Wohnfläche.
Nicht dazu gehören Zubehörräume wie Kellerräume und Dachböden – es sei denn, sie sind ausgebaut – sowie Waschküchen, Heizungs- und Abstellräume sowie Kellerersatzräume außerhalb der Wohnung.
Gehören Flure und Speisekammern auch zur Wohnfläche?
Flur und Speisekammer in einer Wohnung zählen genauso wie die anderen Räume zur Wohnfläche.
Zu meiner Eigentumswohnung gehört ein Pkw-stellplatz, der sich unter einem Carport befindet. Muss ich diesen Stellplatz auch erklären?
Nein. Nur die Anzahl von Garagenund Tiefgaragenstellplätzen sind in der „Anlage Grundstück“anzugeben. Ein Garagenstellplatz ist auch die Unterstellmöglichkeit in einem anderen Gebäude, etwa in einer ehemaligen Scheune.
Wie entsteht der Bodenrichtwert? Diese Werte werden alle zwei Jahre auf den Stichtag 1. Januar durch Gutachterausschüsse für Grundstückswerte beschlossen und veröffentlicht. Der Bodenrichtwert ist der durchschnittliche Lagewert des Bodens für eine Mehrheit vergleichbarer Grundstücke innerhalb eines abgrenzbaren Gebietes. Er enthält keine Wertanteile für Gebäude, bauliche oder sonstige Anlagen. Bei bebauten Grundstücken wird der Bodenrichtwert so ermittelt, als wäre der Boden unbebaut.
Wo erfahre ich den Bodenrichtwert? Erklärungsrelevante Daten, welche grundstücksbezogen sind und dem Kataster vorliegen, können, über das Internet im Grundsteuer Viewer Thüringen kostenlos eingesehen werden. Dabei handelt es sich um die Flurbezeichnung, Flurstückszähler und -nenner, Grundstücksfläche, Bodenrichtwert und Ertragsmesszahl.
Wo finde ich die Ertragsmesszahl für land- und forstwirtschaftliche Flächen?
Diese kann ebenfalls über den Grundsteuer Viewer Thüringen kostenlos eingesehen werden.
Welchen Erklärungsvordruck muss ich verwenden?
Für jedes Aktenzeichen – was einer wirtschaftlichen Einheit entspricht – müssen der Hauptvordruck und eine Anlage ausgefüllt werden. Welche Anlage Sie verwenden müssen, hängt von der Nutzung des Grundstücks ab. Soweit Sie Ihr Grundstück für land- oder forstwirtschaftliche Zwecke nutzen, müssen Sie die Anlage GW 3 hinzufügen. Alle weiteren Nutzungen sind dem Bereich Grundvermögen zugeordnet (bebaute und unbebaute Grundstücke) und über die Anlage GW 2 zu erklären.
Warum holt sich die Finanzverwaltung die benötigten Daten nicht selbst vom Kataster, sondern verlangt eine Angabe durch den Bürger?
Auch die Katasterverwaltung verfügt nicht über alle benötigten Daten. Das betrifft vor allem die Wohnfläche der Wohngebäude beziehungsweise die Bruttogrundfläche bei den sonstigen Gebäuden sowie das Baujahr. Insoweit ist es Aufgabe des Bürgers, die Daten zusammenzutragen.
Wie erkläre ich den Garten am Haus? Grundsätzlich gehört der Garten mit dem Wohnhaus zum Grundvermögen. Seine Fläche fließt in die Gesamtfläche des Grundstücks ein und wird bei der Ermittlung des Bodenwerts berücksichtigt.
Ich bin Eigentümer eines Gartengrundstücks, das nicht in einer Kleingartenanlage liegt. Wie muss ich dieses erklären?
Es kommt darauf an, zu welchem Zweck das Gartengrundstück genutzt wird. Wird auf dem Grundstück etwas angebaut – Gemüse, Kartoffeln, Blumen – , befinden sich auf dem Grundstück Obstbäume oder ist es eine Grasfläche, die zwei bis dreimal im Jahr abgemäht wird, ist das Grundstück als land- und forstwirtschaftliche Fläche mit der Anlage GW 3 zu erklären.
Dient das Grundstück überwiegend Erholungszwecken und umfasst etwa einen Grillplatz, Spielgeräte oder einen Pool, ist es als unbebautes Grundstück im Grundvermögen mit der Anlage GW 2 zu erklären.
An der Telefonhotline habe ich bislang niemanden erreicht. Wie kann ich jetzt mit dem Finanzamt Kontakt aufnehmen und meine Frage stellen? Aufgrund des weiterhin hohen Anrufaufkommens können nicht alle eingehenden Anrufe entgegengenommen werden. Gern können Sie Ihr Anliegen auch per E-mail, Brief oder Fax an das Finanzamt richten. Geben Sie dabei bitte ihren Namen, das Aktenzeichen, die Lage des Grundstücks sowie eine Telefonnummer an, um Ihr Anliegen schnellstmöglich beantworten zu können. Zudem ist es hilfreich, wenn Sie sich vorab im Internet unter grundsteuer.thueringen.de informieren. Dort werden eventuell Ihre Fragen bereits beantwortet.
Für mehrere Beispielfälle bietet das Thüringer Finanzministerium im Internet eine Schritt-für-schritt-anleitung an. Sie finden sie unter: finanzamt.thueringen.de/service/grundsteuer