Schweiz will Atommüllendlager an deutscher Grenze
Standort soll an Grenze zu Baden-württemberg liegen. Der Bürgermeister von Hohentengen ist „geschockt“
Bern. Die Entscheidung der Schweiz für den Standort ihres Atommüllendlagers nahe der baden-württembergischen Ortschaft Hohentengen ist auf beiden Seiten der Grenze skeptisch aufgenommen worden. Das Gebiet Nördlich Lägern war vor einigen Jahren als eher nicht geeignet eingestuft worden, wurde nun aber doch unter den drei verbliebenen Standorten ausgewählt, wie die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) am Samstagabend mitteilte. Genauer erläutern will die Nagra dies am Montag.
Der Bürgermeister von Hohentengen, Martin Benz, will den Entscheidungsträgern
sehr genau „auf den Zahn fühlen“, wie er der Deutschen Presse-agentur sagte. „Sie müssen sehr gut begründen, warum ein zurückgestellter Standort plötzlich zum präferierten Standort wird“, sagte er. Die Grenze ist dort teilweise nur wenige Hundert Meter entfernt. Den Bewohnern sei klar, dass der radioaktive Müll vorhanden ist und entsorgt werden muss, sagte Benz. Auch sie seien für die Lagerung am sichersten Ort. „Aber diese Fragen müssen beantwortet werden: Was gibt es für Störfallszenarien? Und wie ist man darauf vorbereitet?“
Die sozialdemokratische Schweizer Politikerin Astrid Andermatt sprach von einer schockierenden Vorstellung. Sie engagierte sich jahrelang in dem Verein Nördlich Lägern ohne Tiefenlager. „Die Nagra hat offenbar mitten im Verfahren die Kriterien anders gewertet“, sagte Andermatt der Zeitung „Der Landbote“. „Das wirkt unseriös.“Das Bundesumweltministerium bezeichnete die Entscheidung der Schweiz am Samstagabend als Belastung für die betroffenen Gemeinden. Die grenznahe Lage „stellt sowohl in der Errichtungsphase als auch beim Betrieb des Endlagers für diese und umliegende Gemeinden eine große Belastung dar“, sagte Christian Kühn, parlamentarischer Staatssekretär im Bundesumweltministerium,
auf Anfrage. „Ich setze mich bei der Schweiz dafür ein, dass die bisherige gute Einbindung der deutschen Nachbarn fortgesetzt wird.“In Deutschland steht die Entscheidung für einen Endlagerstandort für hoch radioaktiven Atommüll frühestens 2031 an.
Auch die beiden anderen Schweizer Standorte, die zuletzt noch zur Auswahl standen, liegen sehr nah an der deutschen Grenze. Jura Ost liegt südöstlich von Bad Säckingen, Zürich Nordost westlich von Jestetten. Das liegt daran, dass sich dort im Untergrund Opalinuston befindet, der sich für die sichere Einlagerung radioaktiver Abfälle gut eignet. dpa