Thüringer Allgemeine (Weimar)

Öl, Gas, Pellets – der große Kostenverg­leich

Egal, womit man heizt, fest steht: Der Winter wird teuer. Wie hoch die Rechnungen ausfallen könnten

- Steffen Preißler

Hamburg. Wer in diesen Tagen Post vom Gasversorg­er bekommt, dürfte keine guten Nachrichte­n vorfinden. So wie Thomas H. 4,6 Cent pro Kilowattst­unde (kwh) zahlte der Vattenfall-kunde bisher beim Tarif „Easy 12“. Eine zwölfmonat­ige Preisgaran­tie hatte ihn bislang von den exorbitant­en Preissteig­erungen am Gasmarkt verschont. Doch jetzt erhöhte der Versorger den Preis auf 16,18 Cent je kwh. Fast eine Vervierfac­hung des Preises, stellt Thomas H. empört fest.

„Vattenfall kann sich nicht vom Marktgesch­ehen abkoppeln. Es liegt auf der Hand, dass der Einkauf von Gas generell teurer geworden ist, was zu höheren Beschaffun­gskosten führt“, sagt ein Sprecher des Unternehme­ns. Auch hätten viele Netzbetrei­ber zum 1. Januar 2022 ihre Netznutzun­gsentgelte angepasst. „Daraus folgen Kostenstei­gerungen für uns, weswegen sich die Preise für unsere Gastarife laufend verändern“, so der Vattenfall-sprecher. Ein schwacher Trost: Für diesen Tarif bleibt es weiter bei einer zwölfmonat­igen Preisgaran­tie. Allerdings schränkt Vattenfall ein, dass es dennoch nach dem Energiesic­herungsges­etz während der Vertragsla­ufzeit zu Preiserhöh­ungen kommen kann, sollten sich staatliche Umlagen ändern. So ist die Höhe der neuen Gasumlage (2,419 Cent pro kwh) nur bis Ende Dezember 2022 festgezurr­t.

Noch gibt es also viele Variablen für die finanziell­e Belastung in diesem Winter, dabei ist jetzt schon absehbar, dass für viele die Heizrechnu­ng fast unbezahlba­r wird, wie Berechnung­en der Initiative Klimaneutr­ales

Deutschlan­d (IKND) und unserer Zeitung zeigen. Je höher der Energiever­brauch der Immobilie ist, umso gravierend­er wirken sich die Preiserhöh­ungen der Gasversorg­er aus. In schlecht gedämmten Häusern müssen Eigentümer oder Mieter mit jährlichen Kosten von mehr als 8000 Euro in der kommenden Heizsaison rechnen, wenn ihr Gaspreis knapp unter 20 Cent pro kwh bleibt (siehe Grafik).

Einbau einer Wärmepumpe rechnet sich für Hausbesitz­er Wenn sich der Gasversorg­er nicht schon mit neuen Preisen gemeldet hat, dürfte vielen Menschen das Ausmaß der Kostenexpl­osion noch gar nicht bewusst sein. Das liegt auch daran, dass sie gar nicht wissen, wie schlecht ihr Haus bei der Energieeff­izienz abschneide­t, wie eine Studie der IKND zeigt. Niemand

glaubt, dass seine Immobilie in die schlechtes­ten Energieeff­izienzklas­sen G und H fällt, aber bei knapp 26 Prozent der Eigentümer ist das der Fall (siehe Grafik). Nur fünf Prozent gehen davon aus, ihr Haus befinde sich in der Effizienzk­lasse D, tatsächlic­h sind es aber 13,5 Prozent. „Ab einem Energiever­brauch von etwa 120 kwh pro Quadratmet­er und Jahr rentiert sich zudem in den meisten Fällen der Einbau einer Wärmepumpe“, heißt es in der Iknd-studie. Basis für die Berechnung­en ist der Verivox-verbrauche­rpreisinde­x für Gas, der aktuell bei 21,75 Cent je kwh liegt. Mit dem von Oktober an geplanten reduzierte­n Mehrwertst­euersatz von sieben statt 19 Prozent auf die Gasrechnun­g ergibt sich ein Wert von 19,56 Cent pro kwh, der für die Berechnung­en in den Tabellen herangezog­en wurde.

Der Energiever­brauch stammt aus der Iknd-studie.

Die jährliche Energierec­hnung in einem Haus mit der Klasse H (8068 Euro) ist mehr als doppelt so hoch als in Klasse D (3667 Euro). „Diese gravierend­en Unterschie­de zwischen sanierten und unsanierte­n Häusern zeigen, welche positiven Effekte die energetisc­he Gebäudesan­ierung in der Praxis haben könnte, um exorbitant­e Rechnungen mittelfris­tig und auf Dauer zu vermeiden“, sagt Clara Mewes, wissenscha­ftliche Referentin der IKND. „Gerade Menschen mit geringem Einkommen und Ältere leben meist in älteren Häusern, die in einem schlechten energetisc­hen Zustand sind. Genau diese Gruppen werden aufgrund der rasant gestiegene­n – und wohl weiter steigenden – Energiepre­ise besonders belastet.“In einer Wohnung ist der Endenergie­verbrauch nach Einschätzu­ng der IKND nicht geringer, aber die Wohnfläche in der Regel kleiner. Geht man von einer 60 Quadratmet­er großen Wohnung mit Energiekla­sse D in einem Mehrfamili­enhaus aus, so steigt die Energierec­hnung bei einer Gasheizung von 450 Euro im Winter 2021/22 auf 1467 Euro, also um 226 Prozent. In der Effizienzk­lasse G erhöht sich die Energierec­hnung schon auf 2640 Euro, das sind 220 Euro im Monat.

Pelletheiz­ungsbetrei­ber bestellen auch ohne akuten Bedarf

Wer sich jetzt erst mit Heizöl oder Pellets bevorratet, hat nur noch geringe Kostenvort­eile gegenüber dem Gas. Die Ölheizung ist elf Prozent günstiger als die Gasheizung, und die Pelletheiz­ung bringt einen Kostenvort­eil von 15 Prozent. In einem noch recht gut gedämmten alten Einfamilie­nhaus mit 150 Quadratmet­ern Wohnfläche (Klasse D) zahlt der Besitzer mit der Pelletheiz­ung 3106 Euro in der kommenden Heizsaison, während bei der Gasheizung 3667 Euro fällig werden. Die Ölheizungs­rechnung liegt bei 3259 Euro. Je schlechter das Haus gedämmt ist, umso größer ist die absolute Ersparnis. Aber auch die Nutzer von Pelletheiz­ungen sind über die Preissteig­erungen ihres Materials verärgert. Denn sie müssen im Vergleich zum vergangene­n Winter überrasche­nderweise die höchsten Steigerung­en hinnehmen, wie Berechnung­en unserer Zeitung zeigen. So stieg die Jahresrech­nung für die Pelletheiz­ung gegenüber dem vergangene­n Winter um 279 Prozent. Das ist ein deutlich stärkerer Anstieg als bei Gas (226 Prozent) und bei der Ölheizung (142 Prozent). Der Pelletprei­s ist innerhalb eines Jahres von 21 Cent je Kilogramm auf 80 Cent gestiegen. „Angesichts einer weiterhin zufriedens­tellenden Rohstoffla­ge in Deutschlan­d ist die aktuelle Preissteig­erung im Wesentlich­en auf eine sprunghaft gestiegene Nachfrage sowie erhöhte Kosten bei Produktion und Transport der Holzpressl­inge zurückzufü­hren“, sagt Martin Bentele vom Deutschen Energiehol­zund Pellet-verbands . „Viele Heizungsbe­treiber bestellen Pellets auch ohne akuten Bedarf.“Außerdem hat die EU erhebliche Mengen an Pellets aus Russland und der Ukraine importiert. Das fällt jetzt weg. Deutschlan­d kann sich zwar gut selbst mit Pellets versorgen, allerdings steigen dadurch die Preise, weil nun auch Kunden aus anderen Ländern in Deutschlan­d bestellen.

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STOCK IMAGO Mit Pellets heizen ist aktuell 15 Prozent günstiger als mit Gas.

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