Öl, Gas, Pellets – der große Kostenvergleich
Egal, womit man heizt, fest steht: Der Winter wird teuer. Wie hoch die Rechnungen ausfallen könnten
Hamburg. Wer in diesen Tagen Post vom Gasversorger bekommt, dürfte keine guten Nachrichten vorfinden. So wie Thomas H. 4,6 Cent pro Kilowattstunde (kwh) zahlte der Vattenfall-kunde bisher beim Tarif „Easy 12“. Eine zwölfmonatige Preisgarantie hatte ihn bislang von den exorbitanten Preissteigerungen am Gasmarkt verschont. Doch jetzt erhöhte der Versorger den Preis auf 16,18 Cent je kwh. Fast eine Vervierfachung des Preises, stellt Thomas H. empört fest.
„Vattenfall kann sich nicht vom Marktgeschehen abkoppeln. Es liegt auf der Hand, dass der Einkauf von Gas generell teurer geworden ist, was zu höheren Beschaffungskosten führt“, sagt ein Sprecher des Unternehmens. Auch hätten viele Netzbetreiber zum 1. Januar 2022 ihre Netznutzungsentgelte angepasst. „Daraus folgen Kostensteigerungen für uns, weswegen sich die Preise für unsere Gastarife laufend verändern“, so der Vattenfall-sprecher. Ein schwacher Trost: Für diesen Tarif bleibt es weiter bei einer zwölfmonatigen Preisgarantie. Allerdings schränkt Vattenfall ein, dass es dennoch nach dem Energiesicherungsgesetz während der Vertragslaufzeit zu Preiserhöhungen kommen kann, sollten sich staatliche Umlagen ändern. So ist die Höhe der neuen Gasumlage (2,419 Cent pro kwh) nur bis Ende Dezember 2022 festgezurrt.
Noch gibt es also viele Variablen für die finanzielle Belastung in diesem Winter, dabei ist jetzt schon absehbar, dass für viele die Heizrechnung fast unbezahlbar wird, wie Berechnungen der Initiative Klimaneutrales
Deutschland (IKND) und unserer Zeitung zeigen. Je höher der Energieverbrauch der Immobilie ist, umso gravierender wirken sich die Preiserhöhungen der Gasversorger aus. In schlecht gedämmten Häusern müssen Eigentümer oder Mieter mit jährlichen Kosten von mehr als 8000 Euro in der kommenden Heizsaison rechnen, wenn ihr Gaspreis knapp unter 20 Cent pro kwh bleibt (siehe Grafik).
Einbau einer Wärmepumpe rechnet sich für Hausbesitzer Wenn sich der Gasversorger nicht schon mit neuen Preisen gemeldet hat, dürfte vielen Menschen das Ausmaß der Kostenexplosion noch gar nicht bewusst sein. Das liegt auch daran, dass sie gar nicht wissen, wie schlecht ihr Haus bei der Energieeffizienz abschneidet, wie eine Studie der IKND zeigt. Niemand
glaubt, dass seine Immobilie in die schlechtesten Energieeffizienzklassen G und H fällt, aber bei knapp 26 Prozent der Eigentümer ist das der Fall (siehe Grafik). Nur fünf Prozent gehen davon aus, ihr Haus befinde sich in der Effizienzklasse D, tatsächlich sind es aber 13,5 Prozent. „Ab einem Energieverbrauch von etwa 120 kwh pro Quadratmeter und Jahr rentiert sich zudem in den meisten Fällen der Einbau einer Wärmepumpe“, heißt es in der Iknd-studie. Basis für die Berechnungen ist der Verivox-verbraucherpreisindex für Gas, der aktuell bei 21,75 Cent je kwh liegt. Mit dem von Oktober an geplanten reduzierten Mehrwertsteuersatz von sieben statt 19 Prozent auf die Gasrechnung ergibt sich ein Wert von 19,56 Cent pro kwh, der für die Berechnungen in den Tabellen herangezogen wurde.
Der Energieverbrauch stammt aus der Iknd-studie.
Die jährliche Energierechnung in einem Haus mit der Klasse H (8068 Euro) ist mehr als doppelt so hoch als in Klasse D (3667 Euro). „Diese gravierenden Unterschiede zwischen sanierten und unsanierten Häusern zeigen, welche positiven Effekte die energetische Gebäudesanierung in der Praxis haben könnte, um exorbitante Rechnungen mittelfristig und auf Dauer zu vermeiden“, sagt Clara Mewes, wissenschaftliche Referentin der IKND. „Gerade Menschen mit geringem Einkommen und Ältere leben meist in älteren Häusern, die in einem schlechten energetischen Zustand sind. Genau diese Gruppen werden aufgrund der rasant gestiegenen – und wohl weiter steigenden – Energiepreise besonders belastet.“In einer Wohnung ist der Endenergieverbrauch nach Einschätzung der IKND nicht geringer, aber die Wohnfläche in der Regel kleiner. Geht man von einer 60 Quadratmeter großen Wohnung mit Energieklasse D in einem Mehrfamilienhaus aus, so steigt die Energierechnung bei einer Gasheizung von 450 Euro im Winter 2021/22 auf 1467 Euro, also um 226 Prozent. In der Effizienzklasse G erhöht sich die Energierechnung schon auf 2640 Euro, das sind 220 Euro im Monat.
Pelletheizungsbetreiber bestellen auch ohne akuten Bedarf
Wer sich jetzt erst mit Heizöl oder Pellets bevorratet, hat nur noch geringe Kostenvorteile gegenüber dem Gas. Die Ölheizung ist elf Prozent günstiger als die Gasheizung, und die Pelletheizung bringt einen Kostenvorteil von 15 Prozent. In einem noch recht gut gedämmten alten Einfamilienhaus mit 150 Quadratmetern Wohnfläche (Klasse D) zahlt der Besitzer mit der Pelletheizung 3106 Euro in der kommenden Heizsaison, während bei der Gasheizung 3667 Euro fällig werden. Die Ölheizungsrechnung liegt bei 3259 Euro. Je schlechter das Haus gedämmt ist, umso größer ist die absolute Ersparnis. Aber auch die Nutzer von Pelletheizungen sind über die Preissteigerungen ihres Materials verärgert. Denn sie müssen im Vergleich zum vergangenen Winter überraschenderweise die höchsten Steigerungen hinnehmen, wie Berechnungen unserer Zeitung zeigen. So stieg die Jahresrechnung für die Pelletheizung gegenüber dem vergangenen Winter um 279 Prozent. Das ist ein deutlich stärkerer Anstieg als bei Gas (226 Prozent) und bei der Ölheizung (142 Prozent). Der Pelletpreis ist innerhalb eines Jahres von 21 Cent je Kilogramm auf 80 Cent gestiegen. „Angesichts einer weiterhin zufriedenstellenden Rohstofflage in Deutschland ist die aktuelle Preissteigerung im Wesentlichen auf eine sprunghaft gestiegene Nachfrage sowie erhöhte Kosten bei Produktion und Transport der Holzpresslinge zurückzuführen“, sagt Martin Bentele vom Deutschen Energieholzund Pellet-verbands . „Viele Heizungsbetreiber bestellen Pellets auch ohne akuten Bedarf.“Außerdem hat die EU erhebliche Mengen an Pellets aus Russland und der Ukraine importiert. Das fällt jetzt weg. Deutschland kann sich zwar gut selbst mit Pellets versorgen, allerdings steigen dadurch die Preise, weil nun auch Kunden aus anderen Ländern in Deutschland bestellen.