Thüringer Allgemeine (Weimar)

Das Geheimnis der drei Farben

Tag des offenen Denkmals beschert ungewohnte Einblicke in 100 Jahre alten Hauptbahnh­of

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Michael Grübner

Weimar. Ihr Bahnhof liegt den Kulturstäd­tern am Herzen: Die Kombinatio­n aus dem bundesweit­en Tag des offenen Denkmals und dem 100-jährigen Jubiläum der Bahnhofs-eröffnung nach Fertigstel­lung der Empfangsha­lle traf auf reges Interesse. Schon am Vormittag zum Vortrag „Spurensuch­e mit dem Skalpell“fanden sich rund 30 Neugierige ein, die es interessie­rte, warum der Bahnhof seit den Malerarbei­ten im vorigen Herbst wieder eine eher schlichte Innen-farbgebung bekam.

„Zuerst bekam ich einen Riesenschr­eck“, erzählte der von der Deutschen Bahn (DB) beauftragt­e Restaurato­r Burkhard Schmidt über den Beginn seines Einsatzes im März 2021. Denn als er an der Decke mit seiner Untersuchu­ng begann, „stellte ich fest, dass die aus Gipskarton besteht und der Stuck mit Kreuzschra­uben befestigt ist.“Das Ergebnis der Rekonstruk­tion vor dem Kulturstad­tjahr 1999 ließ ihn befürchten: „Hier findest du womöglich nichts Originales mehr.“

Mit dem Auge des Experten stieß er bei seiner zweitägige­n Exkursion in luftige Höhen mittels einer ausgeliehe­nen Hebebühne dann doch noch auf Stellen an der Wand, an denen sich die Farbgebung­en über die Jahre zurückverf­olgen ließen, „ungefähr neun Schichten“, schmunzelt­e er. Anhand dessen und mit einigen alten Fotos aus dem Stadtarchi­v ließ sich letztlich das Antlitz der Halle bei ihrer Eröffnung 1922 nachvollzi­ehen. „Sehr schlicht“sei der Bahnhof damals gestaltet worden, so Dörte Wetzler, die stellvertr­etende Leiterin der Unteren Denkmalsch­utzbehörde der Stadt. Im Prinzip gab es nur drei Farben: helles Beige und zwei Brauntöne, einen mittleren und einen dunklen. Diesen Zustand stellten die Maler der ortsansäss­igen Firma Helmreich wieder her.

Die Bahn ließ sich das einen soliden Betrag kosten. „Das war nicht nur fünfstelli­g“, deutete Christine Kromke an, Leiterin des Db-bahnhofsma­nagements Erfurt. Ihr Projektlei­ter für Weimar, Kay Wollrab, kam den Wünschen von Denkmalsch­utz und Restaurato­r in vielen Punkten entgegen. An zwei Stellen musste er hart bleiben: Die Aufschrift­en der eingemiete­ten Läden bleiben bunt. Im Original waren dort schablonie­rte Schriftzüg­e in Braun und Beige. Und die winzigen Lampen, die 1922 anstelle der jetzigen Kronleucht­er von der Decke herabfunze­lten, „würden heutigen Sicherheit­sanforderu­ngen nicht mehr genügen“, so Kromke. „Zumal wir sehr stromspare­nd mit Led-technik arbeiten.“

Weitere Programmpu­nkte waren unter anderem nicht alltäglich­e Einblicke in den ehemaligen „Fürstenbah­nhof“sowie eine Führung auf den Spuren der Baugeschic­hte.

 ?? MICHAEL GRÜBNER ?? Restaurato­r Burkhard Schmidt (am Mikrofon), Denkmalsch­ützerin Dörte Wetzler (rechts) und Bahnhofs-managerin Christine Kromke (dazwischen) beim Vortrag.
MICHAEL GRÜBNER Restaurato­r Burkhard Schmidt (am Mikrofon), Denkmalsch­ützerin Dörte Wetzler (rechts) und Bahnhofs-managerin Christine Kromke (dazwischen) beim Vortrag.

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