Innere Ruhe finden
Unternehmen und Hochschulen schenken Achtsamkeitspraktiken immer mehr Aufmerksamkeit
Erfurt. Jeden Mittwoch um die Mittagszeit heißt es für einige Studierende an der Universität Erfurt Meditationsmatte statt Laptop. Dort wird Achtsamkeitsbasiertes Training für Studierende angeboten. Achtsam zu sein heißt, dass man mit der Aufmerksamkeit im Hier und Jetzt ist. Es geht darum, das, was man wahrnimmt, nicht zu bewerten und mit den Gedanken nicht ungewollt in der Zukunft oder in der Vergangenheit zu sein.
Isabella Kürbs und Lucas Eichstädt nehmen an dem Achtsamkeitsseminar an der Universität Erfurt teil. „Wenn ich die Übungen mache, fühle ich mich gleich energetisierter, fitter und wacher“, sagt Isabella Kürbs. Auch Lucas Eichstädt ist von dem Seminar begeistert. „Der Kurs ist eine tolle Abwechslung zu den anderen Sachen, die an der Uni passieren und ein gutes Gegenstück zum Prüfungsstress, der sonst existiert. Außerdem habe ich das Gefühl, fokussierter zu sein und mehr Ruhe im Kopf schaffen zu können“, sagt er.
Meditationstechniken für mehr Achtsamkeit
Die zertifizierte Achtsamkeitstrainerin Denisa Sandbothe leitet zusammen mit Dr. Birgit Jäpelt, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Erfurt, den Kurs. In den Seminaren lernen die Studierenden Meditationstechniken wie den Bodyscan, die Sitz- oder die Gehmeditation kennen. Mit diesen Techniken üben sie Achtsamkeit.
Diese Kursangebote an mehreren akademischen Einrichtungen und in Unternehmen in Thüringen sind eine Folge des Modellprojektes „Achtsame Hochschulen in der digitalen Gesellschaft“. Finanziell gefördert wurde das Thüringer Modellprojekt durch die Gesundheitskasse AOK Plus. Gründer der überregionalen Kooperationsplattform Achtsame Hochschulen ist Mike Sandbothe. Er ist als Professor für Kultur und Medien und Direktor des Instituts für Innovative Gesundheitstechnologien an der Ernst-abbe-hochschule Jena tätig.
Die Wirkung der Achtsamkeitsangebote im Thüringer Modellprojekt wurden sowohl medizinisch als auch sozialwissenschaftlich evaluiert. Es konnte nachgewiesen werden, dass sich Stressempfindungen der Teilnehmenden durch die Übungen reduzieren. „Wenn die Praxis aufrechterhalten wird, beobachten die Studierenden, dass sie besser lernen. Sie berichten davon, dass sie im Studienalltag bewusster Prioritäten setzen, kontinuierlicher arbeiten und weniger aufschieben sowie achtsame Pausen machen, um Prüfungsängste und Nervosität beim Vortragen vom Referaten abzulegen“, erklärt Gründer Mike Sandbothe.
„Am Ende des Projekts, speziell zu Beginn der Pandemie, haben wir Anfragen aus allen Bundesländern bekommen.
Mike Sandbothe und sein Kollege Reyk Albrecht vom Ethikzentrum der Universität Jena gründeten 2021 das Erfurter Unternehmen „Achtsam.digital“und entwickelten die Kurse weiter. In denen gehe es nun darum, nicht nur sich selbst achtsam zu begegnen, sondern auch gegenüber anderen Menschen und Lebewesen achtsam und liebevoll zu sein, beschreibt Sandbothe. „Andere Formen von Achtsamkeitsübungen integrierten wir in das Kursprogramm, wie beispielsweise Gruppen-, Bastel und Theaterübungen, die das Klima, die Naturressourcen und den Planeten Erde mit einbeziehen.“trotz Auslaufen des Modellprojekts bieten die beiden Jenaer Hochschulen sowie die Universität Erfurt die erweiterten Achtsamkeitspraktiken nach wie vor als Seminar an. Auch die Fachhochschule Erfurt beginnt nun mit einem eigenen Angebot. Seit dem vergangenen Jahr würden auch bei Zeiss in Jena und anderen Standorten Achtsamkeitstrainings für Führungskräfte durchgeführt. Und die Montessorischule in Jena sei dabei, die Trainings für Schülerinnen und Schüler sowie Lehrerinnen und Lehrer zu implementieren, berichtet Sandbothe.