Thüringer CDU hält an Senkung der Grunderwerbsteuer fest
Hitzige Landtagsdebatte erwartet. Rechnungshof kritisiert Gesetzentwurf, Wirtschaft begrüßt ihn
Erfurt. Im Landtag steht am Donnerstag eine hitzige Debatte an, weil die CDU die Grunderwerbsteuer in Thüringen senken will und auf eine Mehrheit mit FDP und AFD hoffen kann. Linke, SPD und Grüne sind deswegen auf der Palme. Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Worum geht es?
Die Union hat ein Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht. Ziel: Die Grunderwerbsteuer soll von derzeit 6,5 Prozent auf fünf Prozent sinken. Fraktionschef Marion Voigt begründet das so: „Für Thüringen ist die hohe Grunderwerbssteuer im deutschlandweiten Wettbewerb ein echter Standortnachteil.“Zudem sollen dadurch Familien entlastet werden, die in ein Eigenheim investieren wollen.
Welche Auswirkungen hätte der Beschluss für Hauskäufer?
Die Steuer gehört zu den sogenannten Nebenkosten. Praktisch bedeutet das: Wer 250.000 Euro in den Kauf einer Immobilie investiert, der zahlt bei einem Steuersatz von 6,5 Prozent aktuell 16.250 Euro Steuern. Kommt die Senkung auf fünf Prozent, werden 12.500 Euro fällig – effektive Ersparnis: 3750 Euro.
Was würde der Beschluss für den Landeshaushalt bedeuten?
Kommt die Absenkung, dann fehlen dem Freistaat Einnahmen. Der Landesrechnungshof beziffert die in einer Stellungnahme gegenüber dem Haushaltsausschuss mit 48 Millionen Euro.
Wann wurde die Steuer zuletzt erhöht?
2017 wurde der Satz zuletzt – im Landtag hatten Linke, SPD und Grüne noch eine Mehrheit – von 5 Prozent auf 6,5 Prozent erhöht, was ein bundesweiter Spitzenwert ist.
Wie steht Thüringen im bundesweiten Vergleich da?
In Sachsen ist die Grunderwerbsteuer zum Jahreswechsel auf 5,5 Prozent erhöht worden. In Sachsenanhalt liegt der Satz bei fünf Prozent. Brandenburg erhebt wie Thüringen aktuell 6,5 Prozent.
Was passiert im Bund? Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat vorgeschlagen, selbst genutztes Eigentum mit null Prozent zu besteuern, und will dazu die rechtliche Grundlage schaffen. Das entspricht wesentlich dem, was SPD, Grüne und FDP im Koalitionsvertrag vereinbart haben. Dort steht: „Wir wollen den Ländern eine flexiblere Gestaltung der Grunderwerbsteuer zum Beispiel durch einen Freibetrag ermöglichen, um den Erwerb selbst genutzten Wohneigentums zu erleichtern.“
Warum sorgt der Gesetzentwurf der CDU in Thüringen jetzt für Debatten?
Das liegt an den Mehrheitsverhältnissen. Linke, SPD und Grünen fehlen vier Stimmen. Weil FDP und AFD im Haushalts- und Finanzausschuss dem Gesetzentwurf zugestimmt haben, kann die Union ihre Steuersenkung wahrscheinlich mit der Oppositionsmehrheit im Landtag durchbringen. Unter Bezug auf eine gemeinsame Abstimmung mit der vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften AFD warnt Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) vor einem „Pakt mit dem Teufel“. Der Generalsekretär der Bundes-spd, Kevin Kühnert, hat sich ebenfalls eingeschaltet und sagt: „Es ist leider keine neue Entwicklung,
dass die CDU in Thüringen teils aus Angst, teils aus Überzeugung an Distanz zur AFD verliert“. Es irritiere, so Kühnert, „dass die CDU mittlerweile gar nicht mehr ernsthaft den Versuch unternimmt, gemeinsam mit den demokratischen Wettbewerbern nach Kompromissen zu suchen“. CDUCHEF Voigt bleibt hart: „Das betrifft nicht irgendwelche Reiche, wie Linksgrün glauben machen will.“Man lasse sich „nicht erpressen“.
Welche Gespräche gab es im Vorfeld zwischen Koalition und CDU? Nach Informationen dieser Zeitung haben sich die zuständigen Referenten bereits Angang Juli erstmals zu einem möglichen Förderprogramm für selbst genutztes Wohneigentum auf Referentenebene verständigt. Als Grundlage diente ein Eckpunktepapier aus der SPD. An der Beratungen war die CDU beteiligt. Nach der Sommerpause haben die Referenten persönlich beraten. Bei einem Gespräch zum Haushalt in der Staatskanzlei mit Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke), Finanzministerin Heike Taubert (SPD) sowie unter anderem Cdufraktionschef Voigt und Vertretern der Koalitionsfraktionen hieß es
Ende August dann, die Union wolle den Gesetzentwurf noch vor Beginn der Haushaltsberatungen beschließen lassen. In dem Gespräch in der Staatskanzlei soll dann Spdfraktionschef Matthias Hey signalisiert haben, dass die Koalitionsfraktionen bereit seien, auch über den Gesetzentwurf zu verhandeln, aber nur im Zusammenhang mit den Haushaltsberatungen. Das soll in dem Gespräch von der Unionsseite nicht ausgeschlossen worden sein. Als Voraussetzung sei aber ein „insgesamt verhandlungsfähiger Haushalt“gefordert worden, heißt es.
Welche Reaktionen gibt es außerhalb der Politik?
Die Wirtschaft begrüßt den CDUPLAN. Die Hauptgeschäftsführerin der IHK Erfurt, Cornelia Haaselerch, sagt: Dies sei ein „kleiner aber wirksamer und schnell umsetzbarer Beitrag zur Entlastung“von Unternehmen. Kritik am Gesetzentwurf kommt vom Landesrechnungshof, weil die Absenkung zu erheblichen Mindereinnahmen führen würde, die „zwangsläufig durch Ausgabenkürzungen gegenfinanziert werden“müssten, heißt es in einer Stellungnahme an den Haushaltsausschuss.