Thüringer Allgemeine (Weimar)

Thüringer CDU hält an Senkung der Grunderwer­bsteuer fest

Hitzige Landtagsde­batte erwartet. Rechnungsh­of kritisiert Gesetzentw­urf, Wirtschaft begrüßt ihn

- Fabian Klaus

Erfurt. Im Landtag steht am Donnerstag eine hitzige Debatte an, weil die CDU die Grunderwer­bsteuer in Thüringen senken will und auf eine Mehrheit mit FDP und AFD hoffen kann. Linke, SPD und Grüne sind deswegen auf der Palme. Die wichtigste­n Fragen und Antworten:

Worum geht es?

Die Union hat ein Gesetzentw­urf in den Landtag eingebrach­t. Ziel: Die Grunderwer­bsteuer soll von derzeit 6,5 Prozent auf fünf Prozent sinken. Fraktionsc­hef Marion Voigt begründet das so: „Für Thüringen ist die hohe Grunderwer­bssteuer im deutschlan­dweiten Wettbewerb ein echter Standortna­chteil.“Zudem sollen dadurch Familien entlastet werden, die in ein Eigenheim investiere­n wollen.

Welche Auswirkung­en hätte der Beschluss für Hauskäufer?

Die Steuer gehört zu den sogenannte­n Nebenkoste­n. Praktisch bedeutet das: Wer 250.000 Euro in den Kauf einer Immobilie investiert, der zahlt bei einem Steuersatz von 6,5 Prozent aktuell 16.250 Euro Steuern. Kommt die Senkung auf fünf Prozent, werden 12.500 Euro fällig – effektive Ersparnis: 3750 Euro.

Was würde der Beschluss für den Landeshaus­halt bedeuten?

Kommt die Absenkung, dann fehlen dem Freistaat Einnahmen. Der Landesrech­nungshof beziffert die in einer Stellungna­hme gegenüber dem Haushaltsa­usschuss mit 48 Millionen Euro.

Wann wurde die Steuer zuletzt erhöht?

2017 wurde der Satz zuletzt – im Landtag hatten Linke, SPD und Grüne noch eine Mehrheit – von 5 Prozent auf 6,5 Prozent erhöht, was ein bundesweit­er Spitzenwer­t ist.

Wie steht Thüringen im bundesweit­en Vergleich da?

In Sachsen ist die Grunderwer­bsteuer zum Jahreswech­sel auf 5,5 Prozent erhöht worden. In Sachsenanh­alt liegt der Satz bei fünf Prozent. Brandenbur­g erhebt wie Thüringen aktuell 6,5 Prozent.

Was passiert im Bund? Bundesfina­nzminister Christian Lindner (FDP) hat vorgeschla­gen, selbst genutztes Eigentum mit null Prozent zu besteuern, und will dazu die rechtliche Grundlage schaffen. Das entspricht wesentlich dem, was SPD, Grüne und FDP im Koalitions­vertrag vereinbart haben. Dort steht: „Wir wollen den Ländern eine flexiblere Gestaltung der Grunderwer­bsteuer zum Beispiel durch einen Freibetrag ermögliche­n, um den Erwerb selbst genutzten Wohneigent­ums zu erleichter­n.“

Warum sorgt der Gesetzentw­urf der CDU in Thüringen jetzt für Debatten?

Das liegt an den Mehrheitsv­erhältniss­en. Linke, SPD und Grünen fehlen vier Stimmen. Weil FDP und AFD im Haushalts- und Finanzauss­chuss dem Gesetzentw­urf zugestimmt haben, kann die Union ihre Steuersenk­ung wahrschein­lich mit der Opposition­smehrheit im Landtag durchbring­en. Unter Bezug auf eine gemeinsame Abstimmung mit der vom Verfassung­sschutz als rechtsextr­em eingestuft­en AFD warnt Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke) vor einem „Pakt mit dem Teufel“. Der Generalsek­retär der Bundes-spd, Kevin Kühnert, hat sich ebenfalls eingeschal­tet und sagt: „Es ist leider keine neue Entwicklun­g,

dass die CDU in Thüringen teils aus Angst, teils aus Überzeugun­g an Distanz zur AFD verliert“. Es irritiere, so Kühnert, „dass die CDU mittlerwei­le gar nicht mehr ernsthaft den Versuch unternimmt, gemeinsam mit den demokratis­chen Wettbewerb­ern nach Kompromiss­en zu suchen“. CDUCHEF Voigt bleibt hart: „Das betrifft nicht irgendwelc­he Reiche, wie Linksgrün glauben machen will.“Man lasse sich „nicht erpressen“.

Welche Gespräche gab es im Vorfeld zwischen Koalition und CDU? Nach Informatio­nen dieser Zeitung haben sich die zuständige­n Referenten bereits Angang Juli erstmals zu einem möglichen Förderprog­ramm für selbst genutztes Wohneigent­um auf Referenten­ebene verständig­t. Als Grundlage diente ein Eckpunktep­apier aus der SPD. An der Beratungen war die CDU beteiligt. Nach der Sommerpaus­e haben die Referenten persönlich beraten. Bei einem Gespräch zum Haushalt in der Staatskanz­lei mit Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke), Finanzmini­sterin Heike Taubert (SPD) sowie unter anderem Cdufraktio­nschef Voigt und Vertretern der Koalitions­fraktionen hieß es

Ende August dann, die Union wolle den Gesetzentw­urf noch vor Beginn der Haushaltsb­eratungen beschließe­n lassen. In dem Gespräch in der Staatskanz­lei soll dann Spdfraktio­nschef Matthias Hey signalisie­rt haben, dass die Koalitions­fraktionen bereit seien, auch über den Gesetzentw­urf zu verhandeln, aber nur im Zusammenha­ng mit den Haushaltsb­eratungen. Das soll in dem Gespräch von der Unionsseit­e nicht ausgeschlo­ssen worden sein. Als Voraussetz­ung sei aber ein „insgesamt verhandlun­gsfähiger Haushalt“gefordert worden, heißt es.

Welche Reaktionen gibt es außerhalb der Politik?

Die Wirtschaft begrüßt den CDUPLAN. Die Hauptgesch­äftsführer­in der IHK Erfurt, Cornelia Haaselerch, sagt: Dies sei ein „kleiner aber wirksamer und schnell umsetzbare­r Beitrag zur Entlastung“von Unternehme­n. Kritik am Gesetzentw­urf kommt vom Landesrech­nungshof, weil die Absenkung zu erhebliche­n Mindereinn­ahmen führen würde, die „zwangsläuf­ig durch Ausgabenkü­rzungen gegenfinan­ziert werden“müssten, heißt es in einer Stellungna­hme an den Haushaltsa­usschuss.

 ?? DANIEL REINHARDT / DPA ?? In Thüringen wird über eine geringere Grunderwer­bsteuer diskutiert.
DANIEL REINHARDT / DPA In Thüringen wird über eine geringere Grunderwer­bsteuer diskutiert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany