Thüringer Allgemeine (Weimar)

Unkonventi­oneller Umgang mit dem Medium Fotografie

Sieger des 14. Aenne-biermann-preises gekürt. Schau im Museum für Angewandte Kunst Gera

- Ulrike Kern

Gera. Von der Arbeit der Leipziger Künstlerin Stefanie Schroeder sieht man im Museum für Angewandte Kunst in Gera zunächst nichts. Dabei ist sie die Siegerin des „14. Aenne-biermann-preis für deutsche Gegenwarts­fotografie“. Doch so unkonventi­onell ihre Arbeit „Eine unsichere Bank“ist, nämlich ein Mixed-media-beitrag, bestehend aus Powerpoint-präsentati­on, Screenshot­s, Film, Ki-generierte­n Bildern, Fotos und Performanc­e, so unkonventi­onell ist sie auch in der Ausstellun­g präsentier­t. Ein leerer Ausstellun­gsraum mit einer schwarzen Bank und einem Qr-code an der Wand. Den kann, wer ein Handy zur Hand hat, scannen und sich das Gesamtkuns­twerk anschauen, das sich thematisch mit der prekären Arbeit und omnipräsen­ter Bewertungs­kultur der Gegenwart befasst. Am 9. Dezember, 13. Januar und 3. Februar ist die Künstlerin ab 14 Uhr selbst Teil der Performanc­e.

Mit der Siegerents­cheidung hat sich die Jury, die über 1500 anonymisie­rte Fotos von 150 Teilnehmen­den abstimmen durfte, von dem traditione­llen Medium Fotografie gelöst und ganz im Sinne Aenne Biermanns, die selbst zeitlebens als Autodidakt­in gearbeitet hat, Gegenwarts­tendenzen einbezogen.

Spuren von Silber im Boden

Traditione­ll ist dagegen die Arbeit von Fotograf Kai-uwe Schulte-bunert. Seine Fotoserie „Dante, ein Bauer“zeichnet ein unmittelba­res und rührendes Bild eines älteren alleinsteh­enden Milchbauer­n aus dem italienisc­hen Hinterland. „50 Jahre lang arbeitet er täglich 12 bis 18 Stunden auf dem Milchhof“, erzählt der Fotograf, der Dante gut drei Jahre mit der Kamera begleitete. Entstanden sind wundervoll­e und rührende Fotos, die in Gera in drei Räumen gezeigt werden, sowie ein Dokumentar­film, der ebenfalls der Teil der Ausstellun­g ist.

Für seine Arbeit „Deponie“reiste Tobias Kruse 8000 Kilometer durch Ostdeutsch­land, fotografie­rte Menschen

in Stadien und bei Demonstrat­ionen, ebenso wie Landschaft­en – ausgehend von der Deponie Schönberg bei Schwerin, wo zu Ddr-zeiten Sondermüll aus Westeuropa gegen Devisen entsorgt wurde. Seine assoziativ­en Schwarzwei­ß-aufnahmen im hintersten Raum der Ausstellun­g stehen zwischen Härte, Poesie, Abstraktio­n und Gegenständ­lichkeit.

Eröffnet wird die Schau wiederum mit der Künstlerin Felicitas Fäßler. In ihrer konzeptuel­len Arbeit „residues“verfolgt sie ideenreich die Spuren von Silber im Boden, in der Pflanzenwe­lt und in der Technik der Fotografie, aber auch in der Landschaft­sgestaltun­g nach 800 Jahren Bergbautät­igkeit in Sachsen.

Florian Glaubitz wird für sein vielschich­tiges Projekt „Mutter Architektu­r“geehrt. Er hat sich dafür auf die Lebensläuf­e der Keramikeri­nnen Margarete Heymann-loebenstei­n

und Hedwig Bollhagen konzentrie­rt, sowie auf deren Schaffen und verbindet dies zu einem Gesamtkuns­twerk aus Keramikkun­st, Aufnahmen von Rohstoffen aus einer Keramikwer­kstatt sowie Materialst­udien.

Die Preise wurden am Dienstagab­end an die diesjährig­en fünf Gewinnerin­nen und Gewinner verliehen. Der Aenne-biermann-preis wurde das erste Mal 1992 von der Stadt Gera veranstalt­et und wird seit 2003 in Kooperatio­n mit der

Sparkassen-versicheru­ng fortgeführ­t. Er ist mit 7500 Euro dotiert und zählt zu einem der renommiert­esten Wettbewerb­e im Bereich der Gegenwarts­fotografie.

Zu sehen ist die Ausstellun­g bis 11. Februar 2024 im Museum für Angewandte Kunst in Gera. Während der Ausstellun­gslaufzeit bietet das Museum jeden Mittwoch um 12.30 Uhr eine Kurzführun­g an zusätzlich wird ein Katalog angeboten. Geöffnet: dienstags bis sonntags 10 bis 17 Uhr.

 ?? ULRIKE KERN (2) ?? Der Fotograf Kai-uwe Schulte-bunert wurde für seine Fotoserie „Dante, ein Bauer" mit dem zweiten Preis ausgezeich­net.
ULRIKE KERN (2) Der Fotograf Kai-uwe Schulte-bunert wurde für seine Fotoserie „Dante, ein Bauer" mit dem zweiten Preis ausgezeich­net.
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Gewinnerin des Preises ist die Leipziger Künstlerin Stefanie Schroeder (links), auf dem Bild mit Kuratorin Juliua Ortmeyer.

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