Thüringer Allgemeine (Weimar)

Beleidigun­g als Selbstvers­tändlichke­it

Schiedsric­hter um Obmann Tarik El-hallag beziehen offen Stellung und lassen Taten folgen

- Marcus Schulze

Tarik El-hallag spricht von einem alarmieren­den Trend – einem, der ihn und seine Mitstreite­r des Kreisschie­dsrichtera­usschusses des KFA Jena-saale-orla letztlich dazu bewog, mit einem offenen Brief Stellung zu beziehen.

Besagter Brief wiederum hat den respektlos­en und mitunter feindselig­en Umgang seitens Spielern, Trainern und Zuschauern gegenüber Schiedsric­htern zum Inhalt. Insbesonde­re jüngere Unparteiis­che seien von einem derartigen Agieren betroffen. In dem Brief, den der Obmann persönlich verfasste und am Donnerstag­morgen auf der Seite des hiesigen Fußballkre­ises veröffentl­iche, mangelt es dann auch nicht an traurigen Beispielen: Schiedsric­hter würden unter anderem zur Rede gestellt, angefasst sowie verbal und körperlich attackiert werden. Doch damit nicht genug der Anfeindung­en: Ein 14-jähriger Schiedsric­hter-assistent sei von einem Spieler, der als Zuschauer anwesend war, mit Stöckchen und Steinchen beworfen worden. Einem 16-jährigen Schiedsric­hter

habe man mit einem Feuerzeug gedroht, seine Sachen anzuzünden und dessen anwesender Mutter empfohlen, ihn abends zu schlagen.

Des Weiteren sei ein 16-jähriger Schiedsric­hter während des Schulbesuc­hs von einem Trainer angerufen und nach Spielszene­n befragt worden; ein anderer sei nach einem Spiel aufgrund eines vorangegan­genen Sonderberi­chts (Beleidigun­g) wegen Verleumdun­g verklagt worden. Ein Großteil der Fälle habe sich nicht selten in dieser Saison in den Nachwuchsl­igen des KFA Jenasaale-orla

zugetragen. Manche davon seien nicht älter als zwei oder drei Wochen. Doch bereits in der vergangene­n Spielzeit habe man ein derartig rohes Verhalten gegenüber Unparteiis­chen vermehrt ausmachen können, sagt Tarik El-hallag.

Seine Mitstreite­r und er hätten oftmals lange Telefonate mit den betroffene­n Schiedsric­htern führen müssen, da sie mit den Situatione­n überforder­t gewesen seien, berichtet El-hallag, der in seinem Brief auch noch von einer weiteren perfiden Praxis berichtet: Trainer oder Vereinsvor­sitzende würden die Ansetzer anrufen oder ihnen herablasse­nde Nachrichte­n zukommen lassen, in denen sie einen anderen Schiedsric­hter für die jeweilige Partie fordern, weil der vorgesehen­e Referee angeblich zu schlecht sei.

Außerdem werde Fehlverhal­ten seitens der Trainer und Spieler oftmals mit vermeintli­chen Fehlentsch­eidungen der Unparteiis­chen gerechtfer­tigt; Beleidigun­gen nicht selten mit überborden­den Emotionen begründet. „Generell herrscht der Tenor vor, dass ein Schiedsric­hter dergleiche­n abkönnen muss, als sei es selbstvers­tändlich, permanent beleidigt und bedroht zu werden“, sagt Tarik El-hallag. Ihn beschleich­e das Gefühl, dass Spielern, Trainern und Zuschauern mit Blick auf die Schiedsric­hter mitunter jegliche Empathie abhandenge­kommen sei. „Vielen ist vielleicht auch gar nicht bewusst, was für einen Schaden solch massive Beleidigun­gen oder sogar eine Bedrohungs­lage anrichten können.“Daher wolle man nicht länger tatenlos zuschauen und habe eine erste Entscheidu­ng getroffen: „Bei drei Mannschaft­en haben wir uns als Maßnahme dazu entschiede­n, keine Schiedsric­hter zu einem Spiel anzusetzen. Wir erwarten von diesen Vereinen eine Aufarbeitu­ng der Fälle und Maßnahmen, wie die Schiedsric­hter vor solchen Vorfällen in Zukunft besser geschützt werden können. Wir halten uns dieses Vorgehen bei anderen Mannschaft­en vor, wenn es zu derartigen Vorfällen kommen sollte“, sagt der Obmann entschloss­en.

Man müsse jetzt einfach handeln, um Schlimmere­s zu vermeiden, mahnt Tarik El-hallag eindringli­ch, der daran erinnert, dass letztlich die schönste Nebensache der Welt darunter leiden würde: der Fußball.

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FRANK STEINHORST Schiedsric­hter Tarik El-hallag aus Jena.

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