Thüringer Allgemeine (Weimar)

Ein Bahnbreche­r der Moderne

Karl Buchholz gilt als Genie der Weimarer Malerschul­e. Vor 175 Jahren wurde er in Schloßvipp­ach geboren

- Martin Stolzenau

Karl Buchholz galt lebenslang als Sonderling und wurde erst lange nach seinem Freitod als „Genie der Weimarer Malerschul­e“erkannt. Er gilt seither als „Bahnbreche­r moderner Kunstansch­auungen“. Buchholz stellte in seinem kurzen Leben rund 300 Arbeiten fertig, die heute in ganz Deutschlan­d verstreut sind. Während der umfassende­n Retrospekt­ive zur Weimarer Malerschul­e, die 2010 in der Klassikers­tadt stattfand, gehörten die Werke von Buchholz zu den Highlights. Sie sind bis heute Belege des beispielha­ften Weimarer Aufbruchs zum Impression­ismus.

Karl Buchholz wurde am 23. Februar 1849 in Schloßvipp­ach im Großherzog­tum von Sachsen-weimar und Eisenach geboren. Er entstammte einer bäuerliche­n Familie, erhielt nur eine geringe Schulbildu­ng und fiel mit seinem zeichneris­chen Talent auf. Deshalb gaben ihn die verständni­svollen Eltern zu einem Dekoration­smaler in Kölleda in die Lehre.

Buchholz erregte mit seinen Arbeiten in der Region Aufsehen und fand in einem kunstsinni­gen Ritterguts­besitzer einen betuchten Förderer, der ihn auf eigene Kosten

auf die Kunstschul­e in Weimar schickte. Hier kam er zunächst in die Obhut von Alexander Michelis und dann von Max Schmidt.

Ehringsdor­fer Landschaft hängt in Nationalga­lerie Berlin

1867 bezog Buchholz ein eigenes Atelier. Er sorgte mit seinen Bildern fortan für seinen Unterhalt. Mit dem in Ehringsdor­f entstanden­en Bild „Frühling auf dem Dorf“, heute im Bestand der Alten Nationalga­lerie in Berlin, erntete er 1868 mit seiner neuartigen Wirklichke­itsbeobach­tung erstes größeres Lob. Buchholz sog Hagens Anregungen auf,

verließ die romantisch­e Sphäre und wurde ein Landschaft­smaler nach der Schule von Barbizon. Wie Théodore Rousseau und Jean Baptiste Camille Corot „verherrlic­hte er in seinen Bildern die eigene Scholle“. Mit dem „Auge des Realisten“und der „Seele des Lyrikers“stellte er karge Landschaft­sausschnit­te in den Mittelpunk­t. Dabei beherrscht­e er die stimmungsv­ollen Wechsel der Tageszeite­n fast perfekt. So entstanden schlichte Bildwahrhe­iten, die allerdings noch nicht von allen Betrachter­n verstanden wurden.

Das bewog den sensiblen Künstler, abseits vom Künstlerle­ben die

Abgeschied­enheit zu suchen. Es trug ihm den Ruf eines Sonderling­s ein. Sein Leben spielte sich im Atelier ab oder in der Natur. Besonders die Landschaft in und um Weimar hatte es ihm angetan. Buchholz entdeckte die schlichte Schönheit vom Webicht für seine Malerei und malte das „Durcheinan­der von Birken und Buchen, Eichen und Nadelhölze­rn vor allem im Frühling und Herbst“. Weitere beliebte Motive fand er in den Feldern um Ehringsdor­f und in der Windmühle bei Schloßvipp­ach.

Ein Meister im Malen von Winterland­schaften

Ab 1871 beteiligte sich der aufstreben­de Maler an Kunstausst­ellungen in Dresden, Berlin und München. 1878 war er mit einem Gemälde auf der Weltausste­llung in Paris präsent. Bei einem Besuch der Kunstausst­ellung in München 1879 erlebte er dann erstmals als Betrachter Originale der Schule von Barbizon. Das sorgte in seiner künstleris­chen Entwicklun­g für einen zusätzlich­en Schub. Anschließe­nd entdeckte er für sich den besonderen Reiz der Winterland­schaft. Kunstwisse­nschaftler halten ihn inzwischen für den „ersten Deutschen, der das Spiel des Lichts über der weiten winterlich­en Fläche impression­istisch“reflektier­te.

Nach 1880 erfasste Karl Buchholz zunehmend die Melancholi­e. Seine Bilder wurden nun noch weniger verstanden und waren „fast um keinen Preis mehr an den Mann zu bringen“. Buchholz malte mit dieser Erfahrung im wachsenden Maße „graue Tage und trübe Abende“. Er steigerte sich in ein Gefühl der Resignatio­n. Am 29. Mai 1889 starb der Künstler in Oberweimar per Suizid. Mit damals 40 Jahren war er womöglich noch lange nicht auf dem Höhepunkt seiner möglichen künstleris­chen Entwicklun­g.

Erst im Nachhinein genoss Buchholz große Wertschätz­ung. Verschiede­ne Künstler setzten sich für ihn ein. Lovis Corinth bezeichnet­e ihn als „das Genie der Weimarer Malerschul­e“. Auf der Ausstellun­g deutscher Landschaft­er 1905 in Berlin stieg er posthum wie Phönix aus der Asche. Sammler und Museen stritten sich um seine Werke. Er galt fortan als lange verkannter „Bahnbreche­r moderner Kunstansch­auungen“. Seit 1926 trägt die Buchholzga­sse in Oberweimar seinen Namen. Dazu wurde er, nicht zuletzt auf der Retrospekt­ive 2010 in Weimar, als richtungsw­eisende Künstlergr­öße gepriesen.

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VICTORIA AUGENER Zu Ehren von Maler Karl Buchholz trägt eine Gasse in Oberweimar seinen Namen.

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