Kabarett in der Verjüngungskur
Premiere in Weimar: Junges Ensemble nimmt gar nicht so gleichberechtigtes Bauhaus aufs Korn
Dass ein Sozialdemokrat auf Kosten des Bundeskanzlers Witze macht, und das vor großem Publikum, sieht man wahrscheinlich nur im Weimarer Kabarett. Doch Daniel Gracz, seines Zeichens Spdstadtrat, war sich bei seinem Einstand im Kirms-krakow-haus nicht zu schade, seinen Parteikollegen Scholz aufs Korn zu nehmen. Männer mussten bei der Premiere von „Bauhaus sucht Frau“ganz schön einstecken und auch die rein männliche Besetzung bewies, dass Frauen im entscheidenden Moment besser die Fassung wahren können.
Bühne zieht im Sommer auf den Hof
Anni Albers, Gertrud Grunow, Alma Buscher – Künstlerinnen wie sie lernten ihr Handwerk in Weimar. Am Bauhaus wollte man die Frauen fördern, statt sie weiterhin auszuschließen, und für Gleichberechtigung unter den Kunstschaffenden sorgen. Doch aus dem Vorsatz wurde nichts. Das schöne Geschlecht sah man letztendlich lieber in der Weberei und beim Töpfern. Studentinnen wie Marianne Brandt und Gertrud Arndt mussten sich den Zugang in die Tischlerei,
Metallwerkstatt und Architektur erkämpfen. Eine bittere Realität, die Bernard Liebermann und Daniel Gracz in eine Show verwandeln, die dem Publikum zwischen Lachern kaum Pausen zum Aufatmen lässt. Im Stil einer Dating-show stellen sie einige Bauhausfrauen vor und verweben die Biografien mit kurzweiligen Gags, Lieder und stets allerhand Sprachakrobatik. Man könnte denken, eine Kulturstadt
wie Weimar hätte längst ein Kabarett mit langer Tradition, doch das Ensemble im Kirms-krakow-haus ist das einzige ganzjährig spielende Kabarett Weimars, das sich allein dieser Kunstform widmet. Und das erst seit September 2023. Im Herbst startete Bernard Liebermann seine ersten Shows solo und mit Thierry Gelloz. Liebermann gehörte zuvor fünf Jahre lang dem Kabarett Leipziger Pfeffermühle an.
„Ich habe diese Zeit dort genossen, aber es gab viele Ideen, die ich nicht umsetzen konnte“, sagt Liebermann.
Mit dem Ziel, ein eigenes Ensemble auf die Beine zu stellen, wurde eine Bühne gesucht und in Weimar gefunden. Ein rund 70-köpfiges Publikum passt im Kirms-krakowhaus unters Dach und im Sommer soll auf dem Hof gespielt werden. Drei weitere Premieren sind in diesem Jahr noch geplant: im Sommer ein Soloprogramm, das die deutsche Tv-landschaft aufs Korn nimmt, im Herbst ein Georgkreisler-liederabend und im Winter ein weihnachtlicher Jahresrückblick.
Zudem tourt das Weimarer Kabarett deutschlandweit, und das erfolgreich. Allein der Städtename funktioniere als Qualitätssiegel, meint Bernard Liebermann. Doch auch die Inhalte überzeugen, wie sich zur Premiere am Dienstagabend zeigt. Zwischen Blödelwitze und amüsante Alliterationen à la Inka Bause mischt sich kluger Humor, der Politik und Gesellschaft zu kritisieren weiß, ohne von oben herab zu spucken. Ohne es dem Publikum auf die Nase zu binden, geht es um Bürokratiewahnsinn, Lobbyismus, Ladensterben und Lohndumping.
Hin und wieder geraten die Darsteller ins Schwimmen. Ein Vers über Björn Höckes rechte Hand bringt Bernard Liebermann kurzzeitig aus dem Konzept. Er lacht: „es gibt Witze, die müssen wir jetzt machen. Ab Herbst wirds schwierig.“