Als ein Kranteil abstürzt, ist ziemlich viel Glück im Spiel
Fachlich und menschlich muss die Stadt Apolda einen Verlust hinnehmen: Straßenbauchefin Regina Peeß geht in Rente
Dirk Lorenz-bauer
Apolda. Natürlich, sie weiß, wie man eine Rüttelplatte bedient. Und eine Planierraupe hat Regina Peeß auch schon mal gesteuert. Zudem ist sie mit dem manchmal rauen Jargon auf Baustellen vertraut, wenngleich sie sich diesem nie unterwarf.
Vielmehr pflegte die 62-jährige Mutter zweier erwachsener Kinder und vierfache Oma ihr Berufsleben lang einen respektvollen Umgang mit allen an einem Projekt Beteiligten: vom einfachen Bauarbeiter über den Polier bis zum Ingenieur. Sie alle trügen zum Gelingen eines Vorhabens bei. Deshalb auch setzt sie bei Problemen sowohl in der Zusammenarbeit mit den Firmen auf sachliche Gespräche als auch in der verwaltungsinternen Kommunikation.
Studium in der
Geburtsstadt Weimar
Sie selbst gehört der Bauingenieurszunft an, erwarb das Wissen dazu beim Studium an der Bauhaus-uni Weimar. Aber das war nicht der Anfang. Der lag nämlich am Zeichentisch, wo sie den Beruf einer Bauzeichnerin erlernte. Danach legte sie an der Arbeiter- und Bauernfakultät in Freiberg die Reifeprüfung ab. So war die Grundlage für das Studium in der Geburtsstadt gelegt.
Mit dem Diplom in der Tasche bildete sie zunächst den Nachwuchs bei den Bauzeichnern aus, bevor sie in eine mittelständische Baufirma wechselte, in der sie rund 13 Jahre blieb. Als sie einst bei einer Bauberatung in Tannroda mit anderen neben einem Kran stand, dessen Laufkatze plötzlich aus großer Höhe
abstürzte, war ziemlich viel Glück im Spiel, hätte es doch das Ende aller Träume sein können.
Es folgte die Tätigkeit in einem Erfurter Ingenieurbüro, bevor sie zur Stadt Apolda wechselte. Jetzt geht die Sachgebietsleiterin Straßenund Ingenieurbau in den Ruhestand. Der letzte Arbeitstag ist der 28. März. Dass ihr Ausscheiden aus dem Berufsleben die ohnehin durch Personalsorgen gebeutelte städtische Bauabteilung in Bredouille bringt, lässt sich spätestens nachvollziehen, wenn man sich vergegenwärtigt, dass es derzeit keinen adäquaten Ersatz für sie gibt.
Von insgesamt sechs Stellen in ihrem Bereich sind dann voraussichtlich drei verwaist. Und das, obgleich mit den Dorferneuerungsmaßnahmen in Rödigsdorf (Festplatz) und Oberroßla (Platz des Friedens) größere Projekte anstehen, für welche die Fördermittel beantragt sind. Auch die aktuelle Straßenbaustelle in der Auenstraße wird sie nicht mehr bis zum Schluss begleiten.
Dass sie voller Berufserfahrung steckt, versteht sich. Immerhin trug sie in der Stadtverwaltung, in der sie seit 2005 beschäftigt ist, viel Verantwortung für zahlreiche große Sanierungen: Topfmarkt, Markt, Martinskirche-quartier, Darrplatz, Verknüpfungspunkt für den öffentlichen Personennahverkehr inklusive Bahnhofsvorplatz, zweite Erweiterung des Gewerbegebietes B 87, Neu-trassierung Carolinenstraße sowie alles, was sich mit den baulichen Vorbereitungen der Landesgartenschau verknüpfte.
Prall voll war ihr Arbeitsleben also eigentlich immer. Fortan wird mehr Zeit bleiben für die Gesunderhaltung, die Enkelbetreuung, das Radfahren und Wandern sowie die Kalligrafie. Termindruck, Diskussionen um Nachträge, überhaupt den ganzen Papierkram, wird sie wohl nicht vermissen.
Das Leben sei zu kurz, um am Vergangenen zu hängen. Nun geht sie eine neue Phase an. Ihr strahlendes Lächeln zeigt: Sie ist freut sich darauf.