Hunderte ziehen bei pro-palästinensischer Demo durch Erfurt
Der Marsch durch die Innenstadt bleibt bis zum Schluss friedlich. Es gibt einen Gegenprotest auf dem Anger
Eine bis zum offiziellen Ende friedliche pro-palästinensische Demonstration ist am Samstagnachmittag durch die Erfurter Innenstadt gezogen. Der von starker Polizeipräsenz begleitete Protestmarsch, zu dem Teilnehmer unter anderem aus Jena, Weimar und Leipzig angereist waren, zählte zeitweise rund 300 Demonstranten. Anlass war der palästinensische Nakba-gedenktag am vergangenen Mittwoch. Er erinnert an Flucht und Vertreibung Hunderttausender Palästinenser im ersten Nahostkrieg 1948 nach der Staatsgründung Israels. Zu der Demo in Erfurt aufgerufen hatten unter anderem die „Kulturbrücke Palästina“Thüringen, die Gruppe „erfurt unsilenced“, die MLPD und „Handala Leipzig“.
Die Demonstration führte nach einer Kundgebung auf dem Bahnhofsvorplatz bis zur Thüringer Staatskanzlei, wo sie mit einer weiteren Kundgebung nach rund zweieinhalb Stunden zu Ende ging. Viele Teilnehmer, unter ihnen auch Kinder, trugen palästinensische Flaggen und Tücher. Auf Schildern und Transparenten war unter anderem zu lesen „Stoppt den Genozid in Gaza“und „Schluss mit Besatzungsterror!“. In Sprechchören wurde „Free, free Palestine“und „Free, free Gaza“gerufen. Zum Auftakt hatten die Organisatoren die Teilnehmer eindringlich gemahnt, friedlich zu bleiben und sich im Rahmen von Recht und Gesetz zu bewegen. Einen kritischen Punkt erreichte der Marsch am Anger, wo sich auf dem Zornplatz Teilnehmer einer Gegendemonstration versammelt hatten. Diese hatte Cdu-stadtrat Michael Panse in Abstimmung mit der Deutsch-israelischen Gesellschaft Erfurt kurzfristig angemeldet. Zu den etwa 100 Teilnehmern, die israelische Fahnen schwenkten und auch Porträts von noch immer vermissten Geiseln des Hamas-überfalls am 7. Oktober 2023 auf Israel zeigten, gehörten auch Eu-abgeordnete Marion Walsmann (CDU) und mehrere Thüringer Landtagsabgeordnete. Sie riefen dem israelfeindlichen Protestmarsch ein entschiedenes „Free Gaza from Hamas“entgegen. Die Einsatzkräfte sorgten dafür, dass sich beide Lager nicht näher als ungefähr 50 Meter kamen und Zwischenfälle ausblieben.
Gegen einen 17-Jährigen, der Bedrohungen gegenüber der Demo der Deutsch-israelischen Gesellschaft ausstieß, leitete die Polizei ein Ermittlungsverfahren ein. Verbotene Symbole oder Parolen wurden offenbar nicht gezeigt. In der am Samstag vor Pfingsten gut besuchten Innenstadt sorgten der Anti-israel-aufmarsch und vor allem die aggressiv wirkenden Sprechchöre bei Passanten allerdings für Kopfschütteln und Irritationen.
Mit keinem Wort wurden der Überfall der radikal-islamischen Hamas auf Israel und die Ermordung von mehr als 1000 Menschen am 7. Oktober 2023 erwähnt.