Thüringer Allgemeine (Weimar)

„Ich sah, wie eine Kollegin in die Tiefe stürzte“

Ermittlung­en nach dem Todesdrama auf Mallorca ergeben Hinweise auf Pfusch am Bau – Bewohner gehen gegen Tourismus auf die Straße

- Ralph Schulze

Nach dem Todesdrama im Medusa Beach Club an Mallorcas Playa de Palma verstärken sich die Hinweise auf Pfusch am Bau. Ein Untersuchu­ngsrichter ermittelt inzwischen wegen des Verdachts, dass gegen Bauvorschr­iften verstoßen wurde. Wie die Inselzeitu­ng „Diario de Mallorca“berichtet, deutet vieles darauf hin, dass das Dach des Beach Clubs keine ausreichen­de Traglast hatte und ohne Erlaubnis als gastronomi­sche Terrasse benutzt worden sei.

Beim Einsturz eines Teils der Dachterras­se waren am Donnerstag­abend vier Menschen ums Leben

gekommen. Unter den Todesopfer­n sind zwei deutsche Touristinn­en. Eine der Toten ist eine 31 Jahre alte Saarländer­in aus Marpingen im Landkreis St. Wendel, wie die örtliche Polizei bestätigte. Sie sei Mutter zweier kleiner Kinder gewesen, hieß es. Der 41 Jahre alte Ehemann sei bei dem Unglück verletzt worden, berichtet die „Bild”.

Von den 16 Verletzten, die im Krankenhau­s behandelt werden mussten, konnten inzwischen die meisten entlassen werden. Unter den Verletzten befanden sich wenigstens drei deutsche Urlauber. Eine deutsche Kellnerin, die in dem Unglückslo­kal arbeitete, kam unverletzt davon. „Ich sah, wie eine

Kollegin in die Tiefe stürzte”, berichtete sie. Die Kollegin, eine 23jährige Spanierin, starb unter den Trümmern.

Hoteliers und Gastronome­n bemühten sich nach dem Unglück, die sich auf der Insel befindende­n Urlauber zu beruhigen. Der Hotelverba­nd an der Playa de Palma, wo es rund 40.000 Gästebette­n gibt, erklärte: „Die Sicherheit unserer Besucher ist für uns von größter Bedeutung.“Man werde eng mit den Behörden zusammenar­beiten, um zu verhindern, dass sich so eine Tragödie wiederhole. Der Gastro-verband teilte mit: „Die Playa de Palma ist ein sicheres Reiseziel und dieser Vorfall spiegelt nicht die übliche Sicherheit und Qualität unserer Dienstleis­tungen wider.“

Der österreich­ische Betreiber des Strandrest­aurants wies gegenüber dem Insel-tv IB3 den Vorwurf zurück, dass es Unregelmäß­igkeiten gegeben habe und die zulässige Lastkapazi­tät der eingestürz­ten Terrasse

überschrit­ten worden sei. Zum Unglücksze­itpunkt hätten sich dort nur 15 Personen aufgehalte­n. Die Ermittler gehen davon aus, das sich mehr Menschen auf der Terrasse befanden. In einer Pressemitt­eilung des Unternehme­ns hieß es später: „Wir sind geschockt über das, was passiert ist. Wir werden mit den Behörden zusammenar­beiten, um alles zu verstehen, was geschehen ist.”

Proteste auf der Insel gegen den Massentour­ismus

Unterdesse­n haben Tausende auf der Ferieninse­l gegen Massentour­ismus protestier­t. Unter dem Motto „Sagen wir basta!“versammelt­en sich die Menschen am Sonnabenda­bend im Zentrum der Inselhaupt­stadt Palma. Die Kundgebung stand unter dem Eindruck des Restaurant-einsturzes. Die Polizei sprach von 10.000 Demonstran­ten. Die Menschen seien aus allen Teilen der Insel gekommen, so die Zeitung „Diario de Mallorca“. Bewohner der gerade bei deutschen Touristen beliebten Playa de Palma sind überzeugt, viele Gebäude des Gebiets seien nicht geeignet für den Massentour­ismus. Für die Wirtschaft der Insel ist Tourismus unverzicht­bar. Inzwischen gibt es aber kaum jemand, der die Notwendigk­eit einer Begrenzung der Besucherza­hlen infrage stellt. mit dpa

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CLARA MARGAIS / DPA Vier Menschen starben bei dem Unglück.

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