Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Unterschätzte Gefahr
„Reichsbürger“sind kein Randphänomen
Viel zu lange wurden die sogenannten Reichsbürger als Spinner abgetan. Als Querulanten, von denen es zwar einige Tausend in Deutschland geben mag, die man aber nicht weiter ernst nehmen muss.
Das lag natürlich oft genug daran, dass sich diese Leute, für die das Deutsche Reich – in welchen Grenzen auch immer – bis heute weiterbesteht, mit selbst ausgestellten Papieren auswiesen. Oder dass sie mit zigseitigen Erwiderungen auf Verwarngelder fürs Falschparken reagierten. Oder sogar selbst Verkehrskontrollen durchführten. Alles wirklich passiert.
Welche Gefahr aber tatsächlich von ihnen ausgehen kann, dass sich ihr Widerstand gegen den Staat BRD nicht im Boykott der Steuerpflicht oder im Lahmlegen von Verwaltungen erschöpft, zeigten in jüngster Zeit mehrere traurige Vorfälle auf: So schoss ein Reichsbür ger, der früher einmal „Mister Germany“war, vergangenen Sommer bei einer Zwangsräumung in Sachsenanhalt auf Sekbeamte. Im Herbst kam ein junger Polizist in Bayern ums Leben, als bei einer Razzia ein „Reichsbürger“auf ihn zielte.
Deshalb ist es von höchster Wichtigkeit, dass Verfassungsschützer diese Verschwörungstheoretiker auf dem Radar haben. Und Polizeibehörden sensibel auf Hinweise zu sogenannten Reichsbürgern reagieren, eng mit Verwaltungen kooperieren, die Waffenerlaubnisse ausstellen, dass sie illegale Waffenarsenale ausfindig machen und ausheben. Denn wenn der Staat nicht endlich mit aller Härte gegen dieses keineswegs skurrile Randphänomen angeht, wächst die Gefahr der Radikalisierung. Und der Profilierung von Einzeltätern wie jener des NSU.