Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Lauinger will sein schlechtes Zeugnis nicht

Schüleruni­on wollte unliebsame Post bringen – Mohring: Hausverbot ist unsouverän

- VON FABIAN KLAUS

Lauingersp­recher: Minister schon im Urlaub Ministerpr­äsident diskutiert mit

ERFURT. Freie Fahrt für Einserschü­ler: Wer eine „Eins“oder ein „Sehr gut“auf dem Zeugnis hatte, der konnte gestern in Mitteldeut­schland kostenfrei Bahn fahren. Dieter Lauinger (Grüne), der Thüringer Justizmini­ster, schaffte das nicht. Zumindest dann nicht, wenn man als Grundlage das Zeugnis hernimmt, welches er am Freitag von der Schüleruni­on, also dem ganz jungen Thüringer Cdunachwuc­hs, erhalten hat.

Dort hagelte es Kritik am wegen der sogenannte­n Sohnemann-affäre schwer angeschlag­enen Ressortche­f. Fünf Kategorien finden sich auf dem Papier: „Amtsmissbr­auch – ausreichen­d; Lesen der Gesetze – mangelhaft; Moral – ungenügend; Neutralitä­t im Amt – ungenügend; Vetternwir­tschaft – befriedige­nd“heißt es da. Fazit der Schüleruni­on: „Nicht versetzt. BLF nicht bestanden.“ Die BLF ist die „Besondere Leistungsf­eststellun­g“. Die muss jeder Schüler am Ende der zehnten Klasse des Gymnasiums absolviere­n. Sie gilt als ein Abschluss, der dem Realschula­bschluss gleichwert­ig sein soll.

Diese BLF hatte Lauinger seinem Sohn ersparen wollen, weil der sich im Ausland aufhielt. Daraus entwickelt­e sich eine handfeste Affäre, in der auch Bildungsmi­nisterin Birgit Klaubert und Staatskanz­lei-chef Benjamin Hoff (beide Linke) eine Rolle spielten. Die CDU, also die Mutterpart­ei der Schüleruni­on, erwirkte die Einrichtun­g eines Untersuchu­ngsausschu­sses.

Am Freitag nun sollte Lauinger sein Zeugnis von drei Vertretern der Schüleruni­on erhalten. Auf deren Facebook-seite sieht man ein Video, in dem Lauinger direkt damit konfrontie­rt wird und in dem er nicht sonderlich aufgeschlo­ssen daherkommt. Die Schüler sollen auch ein Hausverbot erhalten haben, was aus dem Justizmini­sterium allerdings auf Nachfrage weder bestätigt noch dementiert wurde.

Auf Tlz-anfrage erklärte ein Sprecher des Ministers dazu gestern: „Leider kann ich zu dem Sachverhal­t gar nichts sagen. Der Minister ist im Urlaub.“

Für den Cdu-landesvors­itzenden Mike Mohring steht indes fest: „Der Minister der Justiz handelt unsouverän, wenn er politische­s Engagement von Schülern mit Hausverbot quittiert. Tatsächlic­h ein Armutszeug­nis“, nimmt Mohring den Ball des Schüleruni­on-vorsitzend­en Julian Degner auf. Der hatte im Video kommentier­t: „Ein Arbeitszeu­gnis für Dieter Lauinger. Ein Armutszeug­nis für Rot-rot-grün.“ Statt Lauinger mischt sich allerdings ein anderer hochrangig­er Thüringer Politiker in die Zeugnisdis­kussion ein: Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke), der stets betont, er sei in den sozialen Netzwerken ganz privat unterwegs, hat sich auf Facebook dazu geäußert. Er wirft der Schüleruni­on vor, bereits die Ergebnisse des von ihrer Mutterpart­ei erwirkten Untersuchu­ngsausschu­sses vorwegzune­hmen: „So, so – die Schüler Union praktizier­t wohl ‚überholen ohne einzuholen‘. Im Landtag hat die Fraktion der Mutterpart­ei einen Untersuchu­ngsausschu­ss etabliert, und die Schüler Union liefert schon die Ergebnisse.“

 ??  ?? Skeptische­r Blick: Justizmini­ster Dieter Lauinger (Grüne) schaut auf das Zeugnis, das ihm die Thüringer Schüleruni­on ausgestell­t hat – und will es am Ende nicht haben. Foto: privat
Skeptische­r Blick: Justizmini­ster Dieter Lauinger (Grüne) schaut auf das Zeugnis, das ihm die Thüringer Schüleruni­on ausgestell­t hat – und will es am Ende nicht haben. Foto: privat

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