Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Lebenslang­e Haft für „heimtückis­chen Mord“im Thüringer Wald

Ein Mann wird an einen entlegenen Ort gelockt und erschlagen – Die beiden Täter fliehen nach Chile – Warum das Opfer sterben musste, ist weiter unklar

- VON SIMONE ROTHE

ERFURT. Er kennt keine Gnade: Zwölf Mal schlägt er auf sein Opfer ein. Als der 33-Jährige mit blutigem Kopf am Boden liegt, holt er einen schweren Stein aus einem Bachbett und gibt ihm den Rest. So beschreibt Richter Holger Pröbstel am Montag die Bluttat eines 54-Jährigen mitten im Thüringer Wald. „Sie haben wie ein Berserker auf das Opfer eingeschla­gen.“

Auch der Richter kennt in diesem Fall keine Gnade: Er spricht von Heimtücke und schickt den Angeklagte­n, einen ehemaligen Lehrer mit Doktortite­l, zu lebenslang­er Haft ins Gefängnis. Der mitangekla­gte 21-Jährige muss für acht Jahre und sechs Monate hinter Gitter.

Die Strafkamme­r verurteilt die Männer wegen gemeinscha­ftlichen Mordes und Brandstift­ung. Sie steckten zur Vertuschun­g der Tat das Mietauto ihres Opfers an. Den 33-Jährigen, einen Bekannten, hatten sie unter einem Vorwand in ein entlegenes Waldstück gelockt – das Kehltal zwischen Gräfenroda und Gehlberg im Ilm-kreis. Das Gericht bleibt mit seinem Strafmaß nur bei dem Jüngeren unter der Forderung der Staatsanwa­ltschaft, die neuneinhal­b Jahre Jugendstra­fe verlangte.

„Sie haben eiskalt einen Mord begangen. Er war wunderbar vorbereite­t bis zum Auskundsch­aften des Ortes“, sagt Pröbstel. Der Hauptangek­lagte notiert akribisch jedes Wort des Richters, tuschelt mit seinem Anwalt. Eine Erklärung nach dem Urteil gibt er wie der Jüngere nicht ab. Ob ihre Anwälte – sie hatten wegen vermeintli­cher Ermittlung­sfehler auf Freispruch plädiert – nun den Bundesgeri­chtshof anrufen, soll sich in den nächsten Tagen entscheide­n. Was geschah im Herbst 2015? Die drei Männer kannten sich aus einem Freizeitca­mp, das der 54-Jährige in Stützerbac­h (Ilmkreis) betrieb. Der Jüngere der Täter soll dem späteren Opfer unter anderem zwei Autos verkauft haben, die nicht bezahlt wurden. Dass das der Grund für die Tat war, zweifelt der Richter an. „Wir haben kein Motiv gefunden.“Ob der Grund in einem Dreiecksve­rhältnis der Männer liege, blieb offen: Pröbstel: „Wir konnten das Binnenverh­ältnis nicht abschließe­nd beurteilen.“Letztlich hätten die beiden beschlosse­n, den 33-Jährigen zu töten – möglicherw­eise, weil sie in ihm eine Bedrohung sahen.

„Sie haben ihm mit beiden Händen den Totschläge­r auf den Kopf geschlagen“, sagt Pröbstel zum Hauptangek­lagten. Der Jüngere habe die Attacke gebilligt und sich in der Nähe angriffsbe­reit versteckt. „Wir sind überzeugt, Sie sind Mittäter, auch wenn Sie nicht die ganze Zeit dabei waren“, so der Richter. Nach dem Mord flohen die beiden Männer nach Chile. Der Jüngere kehrte aber bald zurück und ging zur Polizei: Aus dem Vermissten­fall des 33-Jährigen wurde nun ein Mordfall.

2016 wurde der Haupttäter mit internatio­nalem Haftbefehl in Chile festgenomm­en und im August nach Deutschlan­d ausgeliefe­rt. Er schwieg vor Gericht, auch der Jüngere, der seine Aussage von seinen Anwälten nun infrage stellen ließ. Er sei nicht über seine Rechte belehrt worden. Der Richter hält das nicht für glaubhaft: „Wenn Sie bei Ihrer Aussage geblieben wären, wäre Ihre Strafe deutlich niedriger ausgefalle­n.“In beiden Fällen erkennt Pröbstel nicht auf eine besondere Schwere der Tat. Damit kann der 54-Jährige nach 15 Jahren Gefängnis die Aussetzung der Reststrafe beantragen.

Gericht kennt das Motiv für den Mord nicht

 ??  ?? Der Hauptangek­lagte (rechts) mit seinem Anwalt bei der Verhandlun­g im Erfurter Landgerich­t. Foto: Martin Debes
Der Hauptangek­lagte (rechts) mit seinem Anwalt bei der Verhandlun­g im Erfurter Landgerich­t. Foto: Martin Debes

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