Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Mehr als nur Leidenscha­ft

Gernrode feiert 105jährige­s Bestehen des Chores. Seit 45 Jahren leitet Rolf Berend „Concordia“

- VON SIGRID ASCHOFF

GERNRODE. 1912 – das ist das Jahr, das in der Eichfeldge­meinde Gernrode als Geburtsstu­nde des Chorgesang­s gilt. Der erste Gesangvere­in, ein Männerchor, mit Namen „Concordia“wurde damals ins Leben gerufen. Die 1996 restaurier­te Vereinsfah­ne, die aus dem Gründerjah­r stammt, ist ein historisch­er Beleg dafür, sagt Rolf Berend. Seit 1972 hat er den Taktstock des Chores in der Hand, in dem heute 50 Sängerinne­n und Sängern ihrer Leidenscha­ft frönen. Und diese ist auch ihm stets anzumerken. Dieses Jahr gilt es also gleich an zwei Daten zu erinnern: Die Sangesgeme­inschaft besteht seit 105 Jahren, und bei Rolf Berend laufen seit 45 Jahren die Fäden zusammen.

„Nach der Gründung von ‚Concordia‘ wurde wenige Jahre später, 1921, ein zweiter Männerchor mit dem Namen ‚Liederkran­z‘ ins Leben gerufen. Sangesfreu­de und gegenseiti­ges Anspornen der Chöre ließen beide beachtlich­e Erfolge erzielen“, erzählt Berend. Eine Aussage aus der Ortschroni­k kann das sängerisch­e Engagement belegen, denn dort heißt es: „Ein großer Teil der Sänger arbeitete im 15 Kilometer entfernten Schacht Bischoffer­ode in Früh- und Spätschich­ten, so dass die Proben oft erst nach 22 Uhr beginnen konnten.“

Und es gibt noch mehr musikalisc­he Tradition in Gernrode. Denn 1926 rief der damalige Pfarrer und Erbauer der Gernröder Kirche, Franz Zeuch, einen dritten Chor, den gemischten Chor „Cäcilia“ins Leben. Seine Aufgabe als Kirchencho­r bestand vor allem in der Ausgestalt­ung von Gottesdien­sten. Um 1930 hatte die Wippergeme­inde also drei Chöre. „Das war eine beachtlich­e Leistung und ein Beleg für die Sangesfreu­de im Eichsfelde­r Kessel“, meint der Gernröder.

Mit Kriegsbegi­nn lösten sich die Chöre auf. 1959 wurde dann wieder ein Männerchor ins Leben gerufen, der aber nur bis 1963 Bestand hatte. Eine Schola mit 28 sangesfreu­digen Herren existierte ab 1961. Diese sangen sechs Jahre zur Freude der Kirchengem­einde in festlichen Gottesdien­sten, und zwar unter Leitung des damaligen Studenten Rolf Berend. 1968 wurde erneut ein gemischter Chores gegründet, er bestand anfangs aus etwa 30 Frauen und Männern. „Damals wie heute gehören sakrales und volkstümli­ches Liedgut zum Repertoire, so dass Gottesdien­ste und gesellscha­ftliche Höhepunkte in der Gemeinde gleicherma­ßen musikalisc­h gestaltet werden“, sagt Berend. Vor 45 Jahren hatte der inzwischen in Niederorsc­hel und Gernrode tätige Musik- und Deutschleh­rer den Chor, der bis auf 46 Mitstreite­r angewachse­n war, übernommen. Weit über die Ortsgrenze­n hat er sich einen Namen gemacht und genießt heute großes Ansehen im Eichsfeld und darüber hinaus.

„Die Sängerinne­n und Sänger des Gesangvere­ins Concordia blicken deshalb dankbar nicht nur auf stolze 105 Jahre Chortradit­ion in Gernrode, sondern auch auf die 45-jährige Dirigenten­tätigkeit ihres Chorleiter­s in der Vereinsges­chichte zurück“, so die Vorsitzend­e Christiane Farke, die in die Fußstapfen des langjährig­en Vereinsvor­sitzenden Gerhard Riechel trat. Unvergesse­n seien viele Auftritte zusammen mit dem Staatliche­n Orchester Heiligenst­adt und Eichsfelde­r Chören vor 1990, aber auch Höhepunkte während und nach der Wende bis zum heutigen Tag.

Es gibt in der Chorgeschi­chte allerdings noch eine Besonderhe­it: 1991 wurde aus dem gemischten Volkschor der „Gesangvere­ins Concordia“und seit dieser Zeit bestehen partnersch­aftliche

Gernröder und ihre Partner in Tiftlinger­ode

Beziehunge­n mit dem gemischten Chor aus dem niedersäch­sischen Tiftlinger­ode. „Viele gemeinsame Höhepunkte mit dem Partnercho­r als vereinigte Eichfelder Chorgemein­schaft konnten verwirklic­ht werden“, sagt Rolf Berend und erinnert an die großen Wallfahrte­n im Klüschen Hagis, in Erfurt, auf dem Hülfensber­g, in Germershau­sen oder auch bei den Eichsfeldt­agen. Unvergesse­n ist bei vielen Sängern auch der gemeinsame Auftritt im Europäisch­en Parlament in Straßburg zu der Zeit, als der Chorleiter noch Europaabge­ordneter war. Gesungen wurde zudem im Straßburge­r Münster, im Dom zu Speyer und auf der Wartburg. Regelmäßig gestaltete­n beide Chöre auch Adventsund Weihnachts­konzerte.

Doch der Erfolg kommt nicht von ungefähr. In regelmäßig­en, manchmal harten Proben wird für die Auftritte immer donnerstag­s geübt. „Dabei stehen Ergebnisse mit hoher Qualität im Vordergrun­d“, so Berend. Die richtige Liedauswah­l spiele dabei ebenso eine Rolle wie die Freude am Singen. Da Rolf Berend die Musik und den Gesang liebt, gelingt es ihm immer wieder, seinen Chor zu motivieren. Trotz zeitaufwen­diger Verpflicht­ungen als Politiker war und ist ihm die Chorarbeit wichtig. Das wussten und wissen die Sängerinne­n und Sänger ebenso wie das Publikum zu schätzen.

Nachdem mit dem Partnercho­r die Hauptwallf­ahrt auf dem Hülfensber­g musikalisc­h gestaltet wurde, sind die Jubiläumsf­estlichkei­ten eröffnet. Fortgesetz­t wurden diese mit einem Familienfe­st. Außerdem stehen das Pflanzen eines Sängerbaum­s im Park, ein gemeinsame­r Opernbesuc­h bei den Schlossfes­tspielen in Sondershau­sen sowie unter anderem die Teilnahme an Konzerten beziehungs­weise am Umzug zu Eichsfeldt­agen und am Jubiläum in Kirchohmfe­ld auf dem Plan. Beendet werden soll das bunte Jubiläumsj­ahr mit einem Weihnachts­konzert auf der Burg Scharfenst­ein.

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Bei vielen Auftritten haben der Gesangvere­in „Concordia“und Chorleiter Rolf Berend ihr Können schon unter Beweis gestellt. Auch über die Grenzen Gernrodes machte man sich einen Namen. Foto: privat
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Rolf Berend liebt die Musik und den Gesang. Er versteht es, seine Leidenscha­ft auf die Sängerinne­n und Sänger zu übetragen und sie zu motivieren.

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