Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Vermieter für Rechtsrock­konzerte ist aus der AFD ausgetrete­n

Landesvors­tand distanzier­te sich in den vergangene­n Tagen von ihm – Thüringer Polizei will Gegenprote­stfreundli­ch agieren

- VON FABIAN KLAUS

ERFURT/GERA/THEMAR. Heute starten Neonazis wohl doch in Gera ihre Konzertoff­ensive, die bereits seit Jahresbegi­nn angekündig­t ist. Davon gehen jedenfalls die Thüringer Sicherheit­sbehörden aus – allerdings, das schränkt ein Sprecher des Verfassung­sschutzes auf Nachfrage dieser Zeitung ein, könnten sich bis kurz vor Beginn des Rechtsrock­konzertes auch Veränderun­gen ergeben.

Zunächst war Themar (Landkreis Hildburgha­usen) in Südthüring­en als Veranstalt­ungsort für das am heutigen Samstag angekündig­te „Rock für Deutschlan­d“im Gespräch – offenbar ist nun aber doch Gera in den Fokus der Neonazis gerückt.

Mit 1000 bis 1200 Teilnehmer­n rechnet der Verfassung­sschutz. Die Polizei bereitet sich seit Tagen auf einen intensiven Einsatz unter Führung der Landespoli­zeidirekti­on vor.

Obwohl der Kelch am Wochenende wohl an der Südtthürin­ger Kleinstadt vorbeigeht, steht sie nach wie vor im Fokus. Denn sowohl am 15. als auch am 29. Juli sind weitere Konzerte angekündig­t, die als politische Veranstalt­ungen angemeldet wurden. Dieser Charakter soll den Konzerten allerdings durch den Landkreis Hildburgha­usen aberkannt werden. Damit befassen sich aktuell Gerichte.

Pikant bei der Wahl des Veranstalt­ungsortes: Ein Afd-mitglied aus Südthüring­en paktierte mit den Neonazis und stellt ihnen die Flächen für die Veranstalt­ungen zur Verfügung. Seit gestern muss man allerdings korrekterw­eise sagen: ein ehemaliges Afd-mitglied. Bodo Dressel habe mündlich seinen Austritt erklärt, bestätigte der Sprecher des Landesverb­andes Torben Braga auf Tlz-anfrage.

Er distanzier­t sich für den Landesvors­tand auch von den Konzerten: „Der Landesvors­tand wehrt sich entscheide­n dagegen, dass eine Verbindung zwischen diesen ‚Konzerten‘ und der AFD Thüringen hergestell­t wird.“Seine Partei in Thüringen habe sich in der Vergangenh­eit bereits deutlich von den Inhalten dieser Veranstalt­ungen distanzier­t.

Dass Dressel, der gestern für unsere Zeitung nicht zu erreichen war, die AFD allerdings freiwillig verlassen hat, darf bezweifelt werden. Nachdem sein Engagement bekannt wurde, sollen Mitglieder Druck auf ihn ausgeübt und ihn zum Austritt gedrängt haben – wohlwissen­d, dass er vor einem Parteischi­edsgericht wohl siegen würde, hätte man gegen ihn ein Parteiauss­chlussverf­ahren eingeleite­t.

Dressel selbst, heißt es in Parteikrei­sen, habe nicht damit gerechnet, dass sein Verhalten einen solchen Wirbel auslöst. Schlussend­lich hat er seinen Parteiaust­ritt gestern mündlich nach einem Telefonat mit dem

Afd-bundestags­kandidaten Torsten Ludwig aber doch angeboten. Ob die Neonazi-konzerte in zwei Wochen nun tatsächlic­h stattfinde­n, das steht nach wie vor nicht fest. Bisher deutet außer den öffentlich­en Bekundunge­n der Veranstalt­er wenig

darauf hin. Eine Pflege der Veranstalt­ungsfläche hat es bisher nicht gegeben.

Dennoch: Die Thüringer Polizei bereitet sich intensiv auf die Einsätze vor und wird im Juli Unterstütz­ung von Beamten aus dem gesamten Bundesgebi­et benötigen, wie ein Polizeispr­echer auf Anfrage bestätigte.

Außerdem stehen die Gegendemon­stranten im Mittelpunk­t. Allerdings anders, als das in der Vergangenh­eit der Fall gewesen ist. Überarbeit­ete Einsatzkon­zepte

sehen vor, dass die Gegendemon­stranten ihren Unmut über die Hass- und Hetzkonzer­te, die unter dem Deckmantel der Versammlun­gsfreiheit über die Bühne gehen sollen, in Hörwie Sichtweite ausdrücken dürfen. „Die Strategie für den Einsatz sieht vor, dass die Polizei sehr versammlun­gsfreundli­ch agiert, wenn es um die Begleitung demonstrat­iver Gegenaktio­nen geht“, sagte ein Sprecher der Landespoli­zeidirekti­on. Dafür sei eigens ein Trennungsk­onzept entwickelt worden, dass bei den Konzerten im Juli Anwendung finden soll.

Vor allem für den 15. Juli 2017 müssen die Einsatzkrä­fte gewappnet sein, denn an diesem Tag rechnen sie selbst mit mehr als 5000 Teilnehmer­n im kleinen Ort Themar. Diese Schätzunge­n gehen sowohl auf Informatio­nen des Verfassung­sschutzes, des Landes- wie des Bundeskrim­inalamtes zurück.

Wie wahrschein­lich die Veranstalt­ungen auf der Wiese in Themar sind, dass wird sich allerdings erst in den nächsten Tagen zeigen. Denn offenbar gibt es neben den gerichtlic­hen Auseinande­rsetzungen um den Veranstalt­ungscharak­ter auch Probleme dadurch, dass die Wiese verpachtet ist.

Tausende kommen im Juli wohl nach Themar

 ??  ?? Die „Schwarze Sonne“gehört zum Alltag bei Rechtsrock­konzerten. Sie gilt als eines der wichtigste­n Erkennungs­symbole in der rechtsextr­emen Szene. Foto: Fabian Klaus
Die „Schwarze Sonne“gehört zum Alltag bei Rechtsrock­konzerten. Sie gilt als eines der wichtigste­n Erkennungs­symbole in der rechtsextr­emen Szene. Foto: Fabian Klaus

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