Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Meininger gehen im Unfrieden in die Theaterpau­se

Intendanz und Belegschaf­t entzweien sich gerade – Operndirek­torin und Oberspiell­eiter müssen 2018 gehen, ihre Stellen werden dann nicht neu besetzt

- VON MICHAEL HELBING

MEININGEN. „Günter Krämer“, kündigt Intendant Ansgar Haag im Spielzeith­eft an, „ist als Regisseur von ,Carmina Burana’ ein besonderer Gewinn für Meiningen.“Inzwischen jedoch ist er ein besonderer Verlust. Und der reicht über ihn selbst hinaus.

Der renommiert­e und streitbare Theater- und Opernregis­seur wollte in Meiningen Aldona Farrugia „helfen, was anzuschieb­en“. Die Frau, die lange seine Assistenti­n war, wurde 2016 Operndirek­torin. Die nächste Saison ist die erste in ihrer konzeption­ellen Verantwort­ung. Wie man inzwischen weiß: auch die letzte.

Krämer wollte Orffs szenische Kantate „nicht als lustiges Bauerntrei­ben“zeigen, sondern politisier­en: auch mit Bildern, die auf Phänomene wie Pegida eingehen. Das löste bei Haag „große Freude“aus, so Krämer. Dann aber erhielt der Regisseur „zwei Unsinnsbri­efe“. Im ersten verneinte Haag demnach, das Konzept vorgetrage­n bekommen zu haben, was er im zweiten zurückgeno­mmen habe. Das Thema Pegida soll nun „nicht das richtige Konzept“gewesen sein, weil das nichts mit Meiningen und Thüringen zu tun habe.

Haag dementiert inhaltlich­e Bedenken und kann immerhin darauf verweisen, dass er Pegida ähnliches Volk jüngst ja in seiner Inszenieru­ng „Die Meistersin­ger von Nürnberg“vorkommen ließ. Ihm zufolge wollte Krämer die aus Laien bestehende­n Extrachöre auf allen Proben dabei haben, was Haag nicht garantiere­n konnte. Also trennte man sich.

Der Vorgang steht aber gerade exemplaris­ch für „eine ganz schlechte Stimmung am Haus“, von der Mitglieder aus Ensemble und Belegschaf­t übereinsti­mmend berichten. Und nun bekam Aldona Farrugia ihre Nichtverlä­ngerung auf den Tisch: im Sommer 2018 ist Schluss. „Das trifft zu“, erklärt sie und hält sich ansonsten bedeckt. Verwundert zeigt sie sich aber, „plötzlich nicht mehr gewollt zu sein“, obwohl man ihre Leistung erst in der kommenden Saison so richtig beurteilen könne.

Im Februar ging bereits Chefdramat­urg Patric Seibert. Verwaltung­sdirektor Ulrich Katzer hatte ihm eigener Aussage zufolge „fristlos gekündigt“. Seibert sprach später von einer einvernehm­lichen Trennung nach „Kontrovers­en um die zukünftige Ausrichtun­g“des Theaters.

Gehen muss 2018 auch Oberspiell­eiter Lars Wernecke. Ansgar Haag bestätigt das und spricht von Strukturve­ränderunge­n. Nachfolger wird es nicht geben: „weil der Intendant den Operndirek­tor selber machen wird.“Im Schauspiel würden „weniger Regisseure gebraucht“, weil es ab der Saison 2018/19 drei Neuprodukt­ionen weniger gibt. Man müsse ja Eisenach nicht mehr bedienen.

Alles weitere sind laut Haag „Gerüchte, um Unfrieden im Haus zu schaffen.“Seit er 2005 Intendant wurde, gab’s das noch nie. Auffallend ist, dass sich Klagen häufen, seit Ulrich Katzer 2016 Verwaltung­sdirektor wurde. Auf ihn zielt ein Schreiben des Betriebsra­tes an Kulturmini­ster Benjamin Hoff (Linke) ab, der dem Rat der Kulturstif­tung Meiningene­isenach vorsteht. Beim Gespräch in der Staatskanz­lei schlug Hoff dem Vernehmen nach jetzt einen Mediator vor. Und er will sich in einer Vollversam­mlung nach dem Sommer selbst ein Stimmungsb­ild machen.

 ??  ?? Bild aus besseren Tagen: Intendant Ansgar Haag (Mitte)  unter anderem mit der neuen Operndirek­torin Aldona Farrugia (.v.r.), Oberspiell­eiter Lars Wernecke (l.) und Chefdramat­urg Patric Seibert (.v.l.) Foto: Michael Reichel
Bild aus besseren Tagen: Intendant Ansgar Haag (Mitte)  unter anderem mit der neuen Operndirek­torin Aldona Farrugia (.v.r.), Oberspiell­eiter Lars Wernecke (l.) und Chefdramat­urg Patric Seibert (.v.l.) Foto: Michael Reichel

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