Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Meininger gehen im Unfrieden in die Theaterpause
Intendanz und Belegschaft entzweien sich gerade – Operndirektorin und Oberspielleiter müssen 2018 gehen, ihre Stellen werden dann nicht neu besetzt
MEININGEN. „Günter Krämer“, kündigt Intendant Ansgar Haag im Spielzeitheft an, „ist als Regisseur von ,Carmina Burana’ ein besonderer Gewinn für Meiningen.“Inzwischen jedoch ist er ein besonderer Verlust. Und der reicht über ihn selbst hinaus.
Der renommierte und streitbare Theater- und Opernregisseur wollte in Meiningen Aldona Farrugia „helfen, was anzuschieben“. Die Frau, die lange seine Assistentin war, wurde 2016 Operndirektorin. Die nächste Saison ist die erste in ihrer konzeptionellen Verantwortung. Wie man inzwischen weiß: auch die letzte.
Krämer wollte Orffs szenische Kantate „nicht als lustiges Bauerntreiben“zeigen, sondern politisieren: auch mit Bildern, die auf Phänomene wie Pegida eingehen. Das löste bei Haag „große Freude“aus, so Krämer. Dann aber erhielt der Regisseur „zwei Unsinnsbriefe“. Im ersten verneinte Haag demnach, das Konzept vorgetragen bekommen zu haben, was er im zweiten zurückgenommen habe. Das Thema Pegida soll nun „nicht das richtige Konzept“gewesen sein, weil das nichts mit Meiningen und Thüringen zu tun habe.
Haag dementiert inhaltliche Bedenken und kann immerhin darauf verweisen, dass er Pegida ähnliches Volk jüngst ja in seiner Inszenierung „Die Meistersinger von Nürnberg“vorkommen ließ. Ihm zufolge wollte Krämer die aus Laien bestehenden Extrachöre auf allen Proben dabei haben, was Haag nicht garantieren konnte. Also trennte man sich.
Der Vorgang steht aber gerade exemplarisch für „eine ganz schlechte Stimmung am Haus“, von der Mitglieder aus Ensemble und Belegschaft übereinstimmend berichten. Und nun bekam Aldona Farrugia ihre Nichtverlängerung auf den Tisch: im Sommer 2018 ist Schluss. „Das trifft zu“, erklärt sie und hält sich ansonsten bedeckt. Verwundert zeigt sie sich aber, „plötzlich nicht mehr gewollt zu sein“, obwohl man ihre Leistung erst in der kommenden Saison so richtig beurteilen könne.
Im Februar ging bereits Chefdramaturg Patric Seibert. Verwaltungsdirektor Ulrich Katzer hatte ihm eigener Aussage zufolge „fristlos gekündigt“. Seibert sprach später von einer einvernehmlichen Trennung nach „Kontroversen um die zukünftige Ausrichtung“des Theaters.
Gehen muss 2018 auch Oberspielleiter Lars Wernecke. Ansgar Haag bestätigt das und spricht von Strukturveränderungen. Nachfolger wird es nicht geben: „weil der Intendant den Operndirektor selber machen wird.“Im Schauspiel würden „weniger Regisseure gebraucht“, weil es ab der Saison 2018/19 drei Neuproduktionen weniger gibt. Man müsse ja Eisenach nicht mehr bedienen.
Alles weitere sind laut Haag „Gerüchte, um Unfrieden im Haus zu schaffen.“Seit er 2005 Intendant wurde, gab’s das noch nie. Auffallend ist, dass sich Klagen häufen, seit Ulrich Katzer 2016 Verwaltungsdirektor wurde. Auf ihn zielt ein Schreiben des Betriebsrates an Kulturminister Benjamin Hoff (Linke) ab, der dem Rat der Kulturstiftung Meiningeneisenach vorsteht. Beim Gespräch in der Staatskanzlei schlug Hoff dem Vernehmen nach jetzt einen Mediator vor. Und er will sich in einer Vollversammlung nach dem Sommer selbst ein Stimmungsbild machen.