Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Über Pandas
Wir sitzen auf dem Trockenen. Ohne den Weingeist aus dem irischen Feuerbusch fehlt uns die Inspiration. Die freiwillige Enthaltsamkeit hat uns ramadanisiert, paralysiert. Wir warten aufs Essen, Milli hat zur Feier des Tages etwas Besonderes angekündigt. Doch will einfach keine Debatte in Gang kommen.
Da schlägt Bill vor: „Lasst uns doch mal über Schätzchen und Träumchen reden!“Ratlos schauen wir ihn an. „Na, die beiden Pandabären, die jetzt in Berlin wie Staatsgäste auf dem Flughafen empfangen wurden und den Berliner Zoo bereichern sollen.“So‘n Quatsch. Aber Dickie springt gleich darauf an. „Wieso bereichern?“, erregt er sich kurz. „In der Blauen stand, die Chinesen kriegen dafür 920 000 Euro Leihgebühr pro Jahr. Das ist Menschenhandel mit Bären!“Immerhin sei die Aktie gleich am Montag um fünf Prozent angezogen. Aktie? – „Na, der Zoologische Garten Berlin ist doch ‘ne AG“, klärt Dick auf. Mit einem Kurswert von mehr als 5000 Euro sei die nicht gerade volkstümlich.
Jack bemerkt kritisch, als vom Aussterben bedrohte Spezies lebten Pandas nur noch dank ihres Niedlichkeitsfaktors. Der weiße Hai, obzwar ökologisch weit nützlicher, habe eine viel kleinere Lobby. Für Pandas sei ihre Nachzucht in Zoos existenziell – daher der hohe öffentliche Aufmerksamkeitsgrad. „Dabei sind‘s nicht mal richtige Bären“, wende ich ein. „Diese Bambusfresser sind Vegetarier!“– „Richtig!“, pflichtet mir Dick bei. „Das macht erheblichen Umstand.“Das Grünzeug für Meng Meng und Jiao Qing werde extra in Holland angebaut. Deshalb lägen die beiden den ganzen Tag stoned im Gehege.
„Pandas“, sage ich, „interessieren sich für nichts als fürs Fressen und Schlafen.“Vielleicht liegt‘s am Futter. „Nein“, korrigiert Jack. „Die Fleischeslust entspricht nicht ihrer Natur.“Da serviert Milli unser aufwendig zubereitetes Mahl, apathisch stochern wir in der grünlichen Beilage, die allerdings ganz köstlich mundet. „Tja, mit dem Sex ist es bei ihnen auch so ‘ne Sache“, nimmt Jack das träge Gespräch wieder auf. „Die treiben‘s höchstens an drei Tagen pro Jahr, weil die Weibchen so unlustig sind. Welch noble Enthaltsamkeit!“Wir lachen.
Plötzlich steht Milli bei uns am Tisch. „Schmeckt‘s?“, fragt sie skeptisch. „Wir nicken mit vollem Mund. „Den Abwasch macht heut‘ die Maschine“, zerstört sie sodann unsere Hoffnung auf einen gelingenden Abend. „Ach, Milli!“, rufe ich noch. „Was ist denn das für ein delikates Menü?“Sie antwortet kühl über die Schulter: „Steak nature mit einem Schatz aus Kartoffelnuggets an einem Traum von Bambussprossenpüree.“– Wir wissen nicht, was es bedeuten soll. Schweigend beenden wir unser Mahl. Wir machen uns mit trockenen Kehlen auf den Heimweg, um uns zur Ruhe zu betten.
Die grüne Beilage hat bestimmt keine besondere Bewandtnis