Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Eishockeyspieler sind keine Diven
David Nolte aus Röhrig hat sich einen besonderen Traum erfüllt: Der bekennende Eishockeyfan arbeitete bei der WM hautnah hinter den Kulissen im Organisationsteam
RÖHRIG. Hört David Nolte aus Röhrig das Wort „Eishockey“, dann ziehen sich seine Mundwinkel nach oben, die Augen leuchten. Dabei kann er selbst nicht einmal Schlittschuh laufen, wie er unumwunden zugibt. Und auch sonst sei er dafür körperlich nicht gebaut. Aber dieser Sport fasziniert den 26-Jährigen aus der kleinen Eichsfeldgemeinde Röhrig. Was es genau ist, die Geschwindigkeit oder die notwendige Geschicklichkeit, den Puck ins gegnerische Tor zu befördern – David Nolte kann es nicht festmachen. „Es ist das Gesamtpaket. Vor allem: Eishockeyspieler sind keine Diven.“
Das kann er aus eigener Erfahrung mit Fug und Recht behaupten. Er hat nämlich erst in diesem Frühjahr wochenlang hautnah mit Eishockeyspielern zu tun gehabt. Die kamen aus aller Welt. Aber mit der deutschen Mannschaft ging er regelrecht auf Tuchfühlung. Das hatte allerdings berufliche Gründe.
David Nolte ist in Röhrig aufgewachsen und in Uder zur Regelschule gegangen. Nach dem Realschulabschluss machte er erst einmal eine Ausbildung zum Bürokaufmann in der Heiligenstädter Klinikgesellschaft. Als er damit fertig war, dachte er sich, dass da doch eigentlich noch viel mehr drin sein könnte. Flugs setzte er sich zurück auf die Schulbank und zog in nur einem Jahr das Fachabitur durch. „Sogar mit sehr guten Noten“, sagt er bescheiden. Ihn hat der Berufszweig Medien, Öffentlichkeitsarbeit und Public Relation (PR) in allen Formen gereizt. Nolte schrieb sich für das Bachelor-studium in Hannover in genau dem Fachbereich ein.
Jetzt war für ihn sein Weg klar. Zumal er jetzt zwei Leidenschaften miteinander verbinden konnte – Sport und Werbung. „Ich habe nämlich meine ersten Erfahrungen damit gesammelt, für die Sportgemeinschaft Röhrig Fußball-spielberichte zu verfassen“, sagt er. Die stehen immer noch zuhauf auf der Website der SG. Das behielt er auch während des Studiums bei. In Hannover sah er zu, dass er alle Vorlesungen und Seminare auf die Sportbranche ausrichtete. Fußball und Basketball standen da ganz oben auf der Liste.
„Dann hat sich etwas ergeben, womit ich nicht gerechnet habe: Ich habe ein Praxissemester beim Deutschen Fußballbund ergattern können. Das war klasse“, blitzen Noltes Augen. „Ich bin quer durch Deutschland gereist, habe in der Kommunikation gearbeitet und die Juniorennationalmannschaft redaktionell betreut.“Pressemitteilungen, soziale Netzwerke, What‘s app-ticker und und und... Eine Erfahrung, um die ihn viele beneiden und die er nicht missen möchte. Den Abschluss machte er im vorigen Jahr.
Doch was dann? Jetzt ging es um die Jobsuche. „Gar nicht so einfach in der Branche“, nickt er. Wieder war ihm das Glück hold: Ein dreimonatiges Praktikum in der Zweiten Basketballbundesliga in Köln. „Das hat mir Kontakte gebracht und Türen geöffnet.“Er bekam nämlich ein Angebot, beim Deutschen Eishockeybund in München hineinzuschnuppern. Mit diesem Sport hatte er sich bis dato kaum beschäftigt. Aber David Nolte schlug sofort zu, obwohl sich beide Tätigkeiten zeitlich überschnitten. „Das war nicht einfach, aber ich konnte mir die Arbeit einteilen.“So stand er drei Monate lang sieben Tage die Woche unter Strom. Montag bis Freitag war er in München beim Eishockeybund, fuhr dann nach Hause, um noch pünktlich per Home Office die Aufgaben für die Basketballer zu erledigen. „Die größte Herausforderung war, zwischen diesen beiden Sportarten im Hirn blitzschnell umzuschalten, damit die Meldungen auch stimmten. Eishockey und Basketball sind zwei völlig andere Paar Schuhe.“Als es dann auf Mai 2017 ging, war David Nolte aus Röhrig
für ihn klar: Eishockey ist mein Sport.
Jetzt stand die Eishockey-wm vor der Tür. „In Deutschland“, stand für David Nolte sofort fest, dass er um jeden Preis versuchen muss, da dabei zu sein. „Auch das hat geklappt.“Er bekam einen Platz im Pr-team. Aber noch musste er einige Länderspiele der Basketballer begleiten, den Job hatte er ja schließlich noch. Kaum war das letzte Spiel vorbei, die letzten Sätze geschrieben, raste er in seine Münchner Wohnung, wo die Umzugskartons schon gepackt waren. Die fuhr er am nächsten Tag nach Röhrig, um am Tag darauf in Köln bereitzustehen. „Es geht alles“, weiß der Röhriger nach diesem Gewaltritt.
Einige Vorrundenspiele fanden in Paris statt, da war der Eichsfelder nicht dabei. Aber ab dem Viertelfinale wurden alle Spiele in Köln ausgetragen. „Dass schon in dieser Runde die Deutsche Mannschaft gegen Kanada rausflog, war bedauerlich, aber nicht zu ändern.“David Nolte war auch nicht dem Deutschen Team zugeteilt, sondern arbeitete im Organisationskomitee der WM mit. Seine Aufgabe war es, die angereisten Journalisten zu betreuen, ihnen zur Seite zu stehen, aber auch zu sagen, was nicht geht. Dazu mussten noch Informationskanäle mit den neuesten Meldungen befüllt werden. „Drei Wochen Knochenjob“, erinnert sich der Eichsfelder. „Aber eine Zeit, die ich nicht missen möchte. Niemals in meinem Leben. Eine WM – und dann noch eine Heim-wm – ist das Größte.“ Klar, es gab auch mal freie Tage zwischen den 12- bis 14-Stunden-schichten. „Da kommt man aber trotzdem noch einmal im Büro vorbei, gerade wenn man weiß, dass noch ein Sponsorenevent ansteht oder ähnliches.“Und egal, wie spät es wurde – jeden Abend saß das Organisationsteam noch beieinander. Es gab eine Erfahrung, die David Nolte ganz besonders beei ndruckt hat: Die, zu sehen, wie Profis unter höchstem Druck miteinander arbeiten. „Es gab eine Menge stressige Momente. Aber nicht ein einziges Mal hat jemand einen anderen Kollegen ,angepieft’, egal wie groß die Krise war.“Oder als sich Fans beschwerten, dass vor ihnen jemand in einem riesigen Saurierkostüm saß und ihnen die Sicht versperrte, blieben alle ruhig. Selbst, als der Saurier sich nicht „einfangen“lassen wollte. „Solange die Fans nichts merken und Unruhe aufkommt, ist alles in Ordnung. Dann haben wir unseren Job gemacht.“Das Team hinter dem Team hatte natürlich auch Kontakt zu den Spielern der verschiedenen Nationen. „Ich wiederhole es gern: Eishockeyspieler sind keine Diven.“Aber man sammele auch andere wichtige Erfahrungen: Teamfähigkeit, Belastbarkeit und auf was die Fans Wert legen.
Wenn es aber etwas gibt, was David Nolte nun genau weiß, ist es die Erkenntnis, was er mit seinem Leben anfangen will. Sein großer Traum ist es, Pressesprecher eines großen Sportvereins zu werden. Am liebsten beim Eishockey. Diesem Traum ist er im Moment sogar ein bisschen näher gerückt. Derzeit schnuppert er in die Pr-abteilung der „Kassel Huskies“hinein, die in der DEL2, der zweitgrößten deutschen Eishockeyliga spielen und in 2016 in dieser Liga Meister wurden. „Dort einen festen Job zu bekommen, das wäre das Größte.“Und für seine Heimatregion wünscht er sich, dass Eishockey auch im Eichsfeld noch ein bisschen populärer wird. Denn die Stimmung bei einem Spiel stehe der im Fußball in nichts nach.
„Eine Heimwm ist einfach das Größte.“ Keiner hat einen anderen Kollegen „angepieft“