Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Wenn der Tag beginnt
Alles au fa nfang :K leine Würdigung d erh äufig unterschätzten Stund enn ach Sonnenaufgang
Alles auf Anfang: Kleine Würdigung der häufig unterschätzten Stunden nach dem Sonnenaufgang.
„Ein Spaziergang am frühen Morgen ist ein Segen für den ganzen Tag.“Henry David Thoreau, Philosoph, Naturalist, Schriftsteller und Mystiker
L angschläfer werden gerne mit Sprichwörtern wie „Der frühe Vogel fängt den Wurm!“oder „Morgenstund hat Gold im Mund!“getadelt. Doch ganz gleich ob man sich vor dem Weckerklingeln gruselt oder bei Sonnenaufgang aus dem Bett hüpft — der Morgen ist eine ganz besondere Tageszeit, die jeder dazu nutzen kann, den für sich bestmöglichen Start in den Tag zu gestalten. 1 Die Nacht zum Tag gemacht Die Zeit um den Sonnenaufgang taucht jeden Morgen in ein ganz besonderes, fast magisches Licht. Das Naturschauspiel beginnt jedoch nicht überall zur selben Zeit: Während die Sonne am heutigen Samstag in Erfurt beispielsweise bereits gegen 5.06 Uhr aufgeht, dauert es im nur rund 400 Kilometer südlicher gelegenen München schon über zehn Minuten länger, bis sie sich am Horizont zeigt. Und wer sich die Zeit nimmt, kurz vor Sonnenaufgang in den Himmel zu schauen, kann in vielen Monaten des Jahres den Planeten Venus, den sogenannten Morgenstern, in südöstlicher Richtung erspähen. 2 Was den Morgen ausmacht
Das unscheinbare Wort „Morgen“bedeutet ursprünglich so etwas wie „Schimmer“. Und das gleichnamige Ackermaß hat tatsächlich ebenfalls mit der frühen Tageszeit zu tun. Laut Duden verstand man darunter nämlich einen Landabschnitt, den „ein Mann mit einem Gespann an einem Morgen pflügen kann.“Doch es geht auch weniger prosaisch: „Aurora musis amica“etwa lautet ein lateinisches Sprichwort, übersetzt: „Die Morgenröte ist der Freund der Musen.“Und tatsächlich ist die frühe Tageszeit wohl am besten dazu geeignet, Inspiration zu finden: Der Schriftsteller Thomas Mann zum Beispiel zog sich jeden Morgen um 9 Uhr für drei Stunden zum Schreiben zurück. Denn wenn es hell wird, kommt wieder Leben in unseren Körper; wir ordnen unsere Gedanken neu, entwirren Traum und Realität. In dieser Phase kann dann auch die eine oder andere Routine – Duschen, eine heiße Tasse Kaffee, ein Blick in die Zeitung – nicht schaden, um inspiriert in den Tag zu starten. Der Morgen hat jedoch nicht nur für alle Sinne viel zu bieten, er unterstützt auch unseren Alltagsrhythmus und verheißt stets einen kleinen Neubeginn, für den wir leider häufig viel zu wenig Zeit haben. 3 Von Lerchen und Eulen
In einer aktuellen Studie mit fast 2000 Teilnehmern stellten Forscher des „National Institute for Health and Welfare“in Helsinki fest: Sogenannte „Lerchen“, also Menschen, denen das Aufstehen am frühen Morgen besonders leicht fällt, ernähren sich häufig besser und haben mehr Energie für den Tag. Ein Grund, seinen Tagesrhythmus entsprechend umzustellen, ist das jedoch nicht. Denn ob der einzelne Mensch zu den „Lerchen“oder doch eher zu den „Nachteulen“zählt, die lieber lange wach bleiben und morgens gerne noch ein Stündchen länger schlafen, liegt vor allem in den Genen. Das heißt aber auch: Am Rhythmus der eigenen inneren Uhr können wir nicht viel drehen. Wer sich jedoch immer wieder aufs Neue ärgert, dass in seinem Tagesrhythmus kein Platz ist für die frühen Morgenstunden, kann immerhin die eigene „Schlafhygiene“verbessern: Wer sich nach einem leichten Abendessen entsprechend seines Bedürfnisses schlafen legt, kommt morgens besser aus dem Bett. Oft hilft es schon, abends Handy, Smartphone und Computer oder den Fernsehapparat frühzeitig auszuschalten – Experten wie der Usschlafstörungsforscher Robert Rosenberg plädieren für mindestens 90 Minuten vor dem Schlafengehen. Wann immer möglich, solle man sich am Morgen sanft vom natürlichen Licht und frischer Morgenluft wecken lassen. 4 Frühstücken wie ein Kaiser
Das Frühstück gilt vielen als die wichtigste Mahlzeit des Tages. Anders als am Wochenende bleibt in der Hektik des Alltags allerdings häufig kaum Zeit. Schnell wird ein Toast in den Mund geschoben und mit einem Schluck Kaffee nachgespült. Doch wer sich überwindet, dann doch zumindest eine halbe Stunde früher als gewohnt aufzustehen, wird merken, dass man das Haus zur gewohnten Zeit deutlich wacher verlässt. Übrigens: Ein Glas Wasser nach dem Aufstehen unterstützt den Stoffwechsel dabei, in die Gänge zu kommen. Danach bringt ein gesundes Frühstück Kraft für den Tag. Bei wenig Zeit ist ein selbst gemachter Smoothie oder ein Müsli mit Nüssen und frischen Beeren eine schnelle Alternative. 5 Morgenrituale
Will man den Wecker oder das Smartphone nach dem Läuten eigentlich jeden Morgen am liebsten in die Ecke pfeffern, um sich im Bett noch einmal auf die andere Seite zu drehen, sollte man sich lieber von seiner Lieblingsmusik wecken lassen. Das sogenannte „Snoozen“hingegen, das kurze Weiterschlummern bis zum nächsten Weckerklingeln, wird von Schlafforschern nicht empfohlen, weil es den natürlichen Aufwachprozess und damit den zirkadianen Rhythmus des Körpers stört. Wer sich jedoch in den frühen Morgenstunden ohnehin besonders fit und kreativ fühlt, sollte den frischen Geist auch nutzen: zum Tagebuchschreiben oder für eine Joggingrunde. Aber auch Entspannungstechniken wie Yoga oder Qi Gong regen den Kreislauf und die Ausschüttung von Endorphinen an.