Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Neuland in Sicht
Abseits der bekannten Kreuzfahrtrouten segelt der Viermaster „Star Clipper“ab diesem Sommer durch die indonesische Inselwelt. Von Bord geht es dabei fast immer im Beiboot
Die Wasserwaagenapp auf dem Smartphone zeigt an, was ohnehin alle spüren. Bis zu sieben Grad je Seite neigt sich die „Star Clipper“in der Straße von Lombok, rollt bedächtig nach Backbord, dann nach Steuerbord und wieder zurück. Der sommerwarme Wind bläst zwar nur in mittleren Stärken, doch die langen Wellen, die sich ihren Weg aus den Weiten des Indischen Ozeans in die etwas geschütztere Javasee suchen, halten uns in stetigem Auf und Ab.
Obwohl die „Star Clipper“mit ihren 115,5 Metern zu den Segelriesen gehört, ist sie doch im Meer der Kreuzfahrtbranche ein kleiner Fisch. Mit maximal 170 Gästen und knapp 80 Mann Besatzung kann sie solche Gewässer durchstreifen, um die andere mangels tauglicher Logistik an Land einen Bogen machen müssen. So ist es auch bei dieser Premierenreise, die auf Bali beginnt und ebendort endet.
Bis auf den Start- und Zielhafen wird jede Station mit dem Tenderboot angelaufen, während das Mutterschiff fotogen vor der Küste ankert. Doch nicht nur der weiße Viermaster wird zum Fotomotiv, sondern mitunter auch jene, die damit unterwegs sind. Denn dass sich ein internationales Kreuzfahrtschiff dorthin verirrt, ist auf Inseln wie Madura oder Gili Genteng schon eine kleine Sensation.
Und eine Herausforderung für den erfahrenen Kapitän Brunon Borowka, der stets den richtigen Kompromiss aus Segelerlebnis und Komfort an Bord finden sowie manchmal zwischen Fischernetzen hindurch navigieren muss. Kreuzfahrtdirektor Peter Kissner präsentiert den Gästen die Optionen für das Tagesprogramm. Das kann ein Abstecher zum Badestrand sein, ein Tauch-schnupperkurs, Knotenkunde und Mastenklettern oder eine Landexkursion. Ist als Dresscode Badelatsche empfohlen, steuert das Beiboot zur „nassen Landung“direkt an den Strand.
Dschungel und Reisterrassen
Von unserer nächsten Station, Probolinggo, eine Stadt in Ostjava, die von der Fischindustrie geprägt ist, machen wir einen Ausflug zum Mount Bromo, einem der aktivsten Vulkane der Region. Per Bus geht es bis auf 1000 Meter Höhe, dann steigen wir in Geländewagen um, und schließlich tragen uns Pferde zu einer Treppe. Nach 253 Stufen sind wir am Rand des Kraters angekommen und staunen über sein Brodeln und Zischen. Der Legende nach stand hier einst ein Fürstenpaar, das kinderlos blieb und die Götter um Hilfe ersuchte. Diese versprachen zu helfen, aber nur unter einer Bedingung: Das jüngste Kind solle geopfert werden. Viele Jahre und 25 Sprösslinge später spuckte der Vulkan bedrohlich Feuer und Schwefel, sodass die Eltern schließlich tatsächlich ihren Jüngsten in den Krater warfen. Noch heute wird einmal pro Jahr geopfert – Tiere, Obst und Reis.
Der Tag auf Balis Nachbarinsel Lombok zählt zu den abwechslungsreichsten unserer Reise. Die Tour beginnt mit der Fahrt durch eine fruchtbare, gepflegte Kulturlandschaft sowie dem Besuch der alten Wetu-telu-moschee von Bayan, gebaut im 16. Jahrhundert wie eine etwas bessere Bambushütte und seitdem alle paar Jahre wieder repariert. Später zeigen uns Frauen eines Dorfes, wie die einheimischen Sasak traditionell lebten und es teilweise heute noch tun. Zu Fuß geht es weiter zu einem tosenden Wasserfall und über einen Wanderpfad mit Blick auf Dschungel und Reisterrassen wieder in Richtung Moderne. Wer unterwegs Affen sehen will, muss nicht lange suchen: Die frechen Makaken sind in den Wäldern allgegenwärtig.
An unserem letzten Reisetag, nach einem entspannten Badeund Schnorchelstopp am hellen Strand von Gili Sudak, setzt die „Star Clipper“volles Tuch, der Wind bläht die Segel. Wir sitzen im Tenderboot, welches das Schiff im Sonnenuntergang langsam umkreist und schießen ein Foto nach dem anderen. Spätestens jetzt dürften sich viele überlegen, eines Tages als „Repeater“erneut an Bord zu kommen, um noch einmal diese romantische und zugleich sehr legere Nische der Kreuzfahrt zu erleben.