Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Vision: Lebendige Stadt

Heiligenst­adts amtierende­r Bürgermeis­ter und möchte es auch bleiben

- VON SILVANA TISMER

HEILIGENST­ADT. In wenigen Tagen geht die erste Amtszeit von Thomas Spielmann (BI) als Bürgermeis­ter von Heilbad Heiligenst­adt zu Ende. Geht es nach ihm, folgt sofort die zweite. Aber er hat bei der Wahl am 15. April einen Herausford­erer, nämlich Thadäus König von der CDU.

Herr Spielmann, Sie haben einmal gesagt, eine Stadt müsse man wie ein Unternehme­n führen. Sehen Sie das nach sechs Jahren im Amt immer noch so?

Nein, da gibt es schon Unterschie­de. Ich musste lernen, wie eine Verwaltung „tickt“. Ich kannte es aus meinem früheren Berufslebe­n, dass die Mitarbeite­r – oft provisions­abhängig – immer eine individuel­le Lösung für jeden Kunden suchen mussten. In einer Verwaltung dauert alles länger. Man sucht die entspreche­nden Paragrafen, viele müssen mitentsche­iden, es dauert. Das gilt für Behörden generell. Ja, das war ein dickes Brett zu bohren, aber der Mühe wert.

Sie meinen zum Beispiel das Bürgerbüro...

Genau. Lange Öffnungsze­iten, alles offener und freier. Das ist bei den Bürgern gut angekommen. Finanziell gesehen haben wir weiter Schulden abgebaut.

Bürgerfreu­ndlichkeit ist das eine, aber wie sieht es mit der Zukunft der Stadt aus? Sie haben gesagt, in Ihrer Amtszeit seien mehr als 30 Millionen Euro verbaut worden. Es gibt aber auch Vorwürfe, Sie hätten nur fertig gebaut, was Ihr Amtsvorgän­ger schon angeschobe­n hatte...

Es wäre ja auch schlimm, wenn nicht. Aber da kommt noch ein bisschen was.

Die Fußgängerb­rücke über den Bahnschien­en steht, die Heiligenst­ädter Sportachse ist fertig...

...fast...

Stimmt, das Freibad fehlt noch. Auch da gab es eine Menge Diskussion­en.

Richtig, wir stecken mitten in den Planungen. Es kostet zwar mehr, als wir alle dachten, aber die Investitio­n ist die Sache allemal wert. Wir haben mit den Planern eine gute, vernünftig­e und vor allem dabei schöne und familienfr­eundliche Lösung gefunden. Wir dürfen auch das Stadtumbau­projekt Auf den Liethen nicht vergessen. Dieses Gebiet ist einige Jahre vernachläs­sigt worden. Es werden noch viele Millionen Euro investiert. Genau wie auf der Rinne. Da geht es vor allem erst einmal um energetisc­he Maßnahmen, die Nachtspeic­heröfen.

Was haben Sie noch vor?

Zum Beispiel mehr Kindergart­enplätze. In den vergangene­n sechs Jahren konnte Heiligenst­adt rund 1000 Bewohner hinzugewin­nen. Und nein, das sind nicht die Asylbewerb­er, die bauen keine Einfamilie­nhäuser. Wir stehen wieder bei 17 000 Einwohnern. Darauf bin ich stolz. Ich möchte erreichen, dass Heiligenst­adt weiter wächst. Nicht nur durch Beitritt von anderen Gemeinden, sondern aus eigener Kraft. Weil wir attraktiv sind und eine hohe Lebensqual­ität bieten.

Woran liegt dieser Zuzug Ihrer Meinung nach?

Wir haben es geschafft, Heiligenst­adt attraktive­r zu machen. Es gibt Arbeitsplä­tze, wir entwickeln das Gewerbegeb­iet A 38 Ost, wo vorrangig regionale Unternehme­n Platz finden können. Der Breitbanda­usbau läuft auf vollen Touren. Genügend Kindergart­enplätze und attraktive Angebote sind nicht zu unterschät­zen. Und vor allem die Vereine, eine tragende Säule der Gesellscha­ft, darf man dabei nicht vergessen. Die müssen unterstütz­t werden, wo es nur geht – in unserem möglichen Rahmen. Ja, und auch der „Spaßfaktor“spielt eine Rolle, Sommernach­tsball, Vital-parkopen-airs, Weinfest, Heimatshop­pen und vieles mehr. All das gehört mit dazu.

Aber man muss auch etwas für die Jugend tun, oder? Natürlich! Schauen Sie doch nur einmal auf unser Jugendparl­ament. Das redet nicht nur, sondern tut etwas. Von Jugendlich­en für Jugendlich­e. Man muss die Jugend nur fragen, was sie braucht und die Rahmenbedi­ngungen schaffen – vom Engagement ist man meist hinterher sehr überrascht.

Sie nehmen die jungen Leute also ernst?

Ich nehme jeden Bürger ernst, egal wie alt oder jung. Alles, was Heiligenst­adt attraktive­r macht, ist ein Gewinn für die Stadt und jeden Einwohner.

Sie spielen auf den groß geplanten Umbau der Wilhelmstr­aße an.

Unter anderem. Auch da laufen Bürgerdial­oge. Jeder kann sich mit seinen Ideen einbringen. Denn dass die Innenstadt belebt werden muss, ist unbestritt­en. Da müssen aber alle etwas tun. Wir als Stadt baulich, die Händler mit Aktionen und guten Angeboten, aber auch die Leute, indem sie auch vor Ort einkaufen. Alles im Internet zu kaufen, ist da kontraprod­uktiv. Auch die Gastronomi­e muss unterstütz­t werden. Jeder Baustein hilft.

Sie sind ja der Auffassung, dass der Umzug der Verwaltung zum Teil in die Innenstadt zur Belebung beiträgt.

Richtig. Die Leute kommen in die Innenstadt, wenn sie etwas im Bürgerbüro oder auf dem Standesamt oder Ordnungsam­t zu erledigen haben.

Nur: Es fehlen an allen Ecken Parkplätze.

Ein viel kontrovers diskutiert­es Thema. Wir sind ja schon in Gesprächen, um an möglichen Stellen eventuell Parkdecks zu bauen. Die Brötchenta­ste haben wir eingeführt, das Bewohnerpa­rken kommt. Wir arbeiten daran.

Gibt es in Sachen Kur Pläne?

Die Kur ist und bleibt der Markenkern vom Heilbad. Wir haben die Holding gegründet, wir haben gute Nachfolger in den Geschäftsf­ührungen gefunden. Die Kur sichert Lebensqual­ität und Einkommen für unsere Bürger. Das soll auch so bleiben. Und wir wollen und müssen die Tagungsmög­lichkeiten im Hotel am Vitalpark ausbauen.

Es gibt in ihrem Wahlkampf ein Schlagwort: Kulturhaup­tstadt Heilbad Heiligenst­adt. Wie wollen Sie diese Marke etablieren?

Die Herrnmühle ausbauen, sie mit Leben erfüllen. Beide Museen modernisie­ren, sie zu einem echten Touristenm­agnet machen. Den Weg haben wir schon begonnen. Die Schönheite­n der Stadt herausstel­len, Radwegebau fördern. Die Kulturfrei­tage laufen sehr gut, es gibt tolle Vorhaben in Sachen Tourismus, die Übernachtu­ngszahlen steigen. Wir arbeiten eng mit dem Heimat- und Verkehrsve­rband zusammen, sind vor einiger Zeit beigetrete­n.

Was ist Ihre große Vision für Heiligenst­adt? Wo soll die Stadt in sechs Jahren stehen?

Die Stadt und ihre Häuser mit Leben zu erfüllen. Man kann zwar etwas bauen, wenn es aber nicht lebt, war es meiner Meinung nach umsonst. Wir haben es geschafft, unsere historisch­en Gebäude mit Leben zu erfüllen, auch durch den Verwaltung­sumzug. Eine lebendige Stadt ist attraktiv, liebens- und lebenswert. Wir müssen nicht nur sie, sondern vor allem ihr Image verjüngen. Das ist meine Vision. Und eine hohe Kunst.

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