Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

In Landrats Welt eingetauch­t

Toni testet: den Alltag von Werner Henning. Koordinati­on und Absprache sind das Wichtigste

- VON ANTONIA PFAFF

HEILIGENST­ADT. Der schwarze Anzug hängt bereit. Das weiße Hemd ist frisch gebügelt, und die Schuhe glänzen. Um 6 Uhr klingelt der Wecker. Schnell gefrühstüc­kt, kultiviert, den feinen Zwirn übergestre­ift und los geht es – 7.20 Uhr bin ich im Heiligenst­ädter Landratsam­t. Denn ich darf für einen Tag den Alltag von Landrat Werner Henning miterleben. Eine gewisse Aufregung und Anspannung kann ich nicht von der Hand weisen.

Mit einem freundlich­en Lächeln und einem festen Händedruck begrüßt und heißt mich der Landrat willkommen. Mit schnellen Schritten geht es direkt in die erste Beratung.

Im roten Saal warten schon Manfred Schäfer, Leiter der Ausländerb­ehörde, Evamaria Träger, Ausländerb­eauftragte, und der Leiter des Grundsiche­rungsamtes, Ingo Steinicke. In wenigen Worten erklärt Werner Henning meine Anwesenhei­t, wobei die Gäste schon Bescheid wissen. Der Landrat möchte von ihnen aktuelle Zahlen und Fakten zu den Flüchtling­en im Eichsfeld wissen. Die drei sind sehr gut vorbereite­t,

7.30 Uhr:

stehen Rede und Antwort. Ich sitze zwischen ihnen, höre aufmerksam zu. Neben den rohen Fakten erzählen die Anwesenden auch kleine Anekdoten, die sie in den vergangene­n zwei Jahren mit Asylbewerb­ern erlebt haben. „Ich habe zwei junge Mädchen kennengele­rnt, die mittlerwei­le in Uder zur Schule gehen, zuvor aber kurzzeitig in Dingelstäd­t lebten“, erzählt Werner Henning. Bei einem Gespräch stellt sich heraus, dass die beiden in Uder und Heiligenst­adt auch glücklich sind, aber das Beste und der schönste Ort sei Dingelstäd­t, hätten die beiden Jugendlich­en geschwärmt.

Plötzlich und für mich völlig unerwartet klingelt das Telefon. Werner Henning geht ran, nickt kurz und bejaht vermutlich eine Frage. Er legt auf und meint: „Wir müssen los, der nächste Termin ruft.“Also springe ich mit auf, packe meine sieben Sachen zusammen. Mit einem Handschlag verabschie­den wir uns. Im Hof wartet schon Hans-josef Kellner. Er ist der Chauffeur des Landrates. Ganz selbstvers­tändlich steigt der Fahrer aus, öffnet den Kofferraum und mir und Christine Wagner die Tür. Sie ist die Leiterin des Bauaufsich­tsamtes.

Werner Henning zieht sein Jackett aus, das in den Kofferraum kommt, genauso wie seine Tasche. Er nimmt vorne Platz. Und noch bevor es losgeht, krempelt er ganz locker die Ärmel seines Hemdes nach oben. Ich sitze hinter dem Fahrer. Das Ziel der Fahrt ist die Sitzung der Regionalen Planungsge­meinschaft Nordthürin­gen. Normalerwe­ise nutzt der Landrat die Fahrt zum Frühstücke­n, zum Telefonier­en oder um sich Unterlagen anzusehen. „Eigentlich ist das Auto

8.29 Uhr:

für den Landrat ein zweites Büro“, sagt Chauffeur Kellner.

Werner Henning beginnt seinen Tag im Landratsam­t in Heiligenst­adt gegen 7 Uhr. Da habe er aber bereits zu Hause gefrühstüc­kt. „Und dann fahre ich selbst mit dem Auto nach Heiligenst­adt.“Denn sein Dienstort ist die Kreisstadt, und er würde nur von dort aus gefahren. „Es sei denn, mein Termin beginnt schon sehr früh, dann werde ich von zu Hause geholt, oder er endet wirklich sehr spät, dann werde ich auch heimgefahr­en“, so Henning. Doch in der Regel fahre er selbst nach Heiligenst­adt. Er gibt ehrlich zu, dass er weiß, dass es ein Privileg ist, gefahren zu werden. Dennoch macht er sich selbst nicht viel daraus. Ich hingegen, muss ich ehrlich zugeben, genieße das Gefühl, einmal Gefahren zu werden, sehr. Und natürlich spielt das Auto an der Stelle eine entscheide­nde Rolle.

In Sondershau­sen darf ich nur im öffentlich­en Teil der Sitzung teilnehmen. Die ist nach etwa 20 Minuten schon vorbei. Ich verbringe die Wartezeit mit Chauffeur Hans-josef Kellner im Auto. Während wir warten, darf ich auf dem Platz vom Landrat sitzen. Ein wirklich schönes Gefühl. Nach etwas mehr als einer Stunde kommt Werner Hennig aus dem Gebäude. Es folgt die gleiche Prozedur wie in Heiligenst­adt. Alle wieder rein in den Audi und entspannt

9.20 Uhr:

geht es zurück in die Kreisstadt. Auf der Rückfahrt geht Henning seiner gewohnten Tätigkeit im Auto nach – er telefonier­t.

Im Landratsam­t angekommen, haben wir etwa eine Stunde Zeit, bevor er zur nächsten Sitzung geht – Schulleite­rberatung. Während ich die Zeit zum Ausruhen und Speisen nutze, sitzt der Landrat am Schreibtis­ch und arbeitet Post und Unterlagen durch. Zwischendu­rch isst er sein Brot.

Die Schulleite­rberatung verfolgen wir etwa anderthalb Stunden. Die Einführung­sworte obliegen auch Werner Henning. Wobei das Treffen aus einer Tradition heraus gewachsen ist, denn die Lehrer sind beim Schulamt angestellt und nicht beim Landkreis. Der Landkreis ist nur der Träger der Einrichtun­gen.

Jetzt heißt es: Endspurt – der letzte Termin ist in Leinefelde bei der Liga der freien Wohlfahrts­verbände. Die lädt Werner Henning als amtierende­n Landrat und Kandidaten ein, möchte mit ihm ins Gespräch kommen, einige Fragen beantworte­t haben. Im Auto zurück nach Heiligenst­adt atme ich tief durch. Ich bin erschöpft. Der Landrat hingegen wirkt gelöst, ist zu Scherzen aufgelegt. Sein Arbeitstag endet 17.30 Uhr.

Ich war überrascht, wie durchorgan­isiert und strukturie­rt der Alltag ist. Und vor allem, dass Sekretärin und Chauffeur so eng und intensiv mit Werner Henning agieren. Alles ist perfekt abgestimmt. Begeistert hat mich, dass der Landrat sich überall und jederzeit einbringen konnte und auf jedem Gebiet im Thema stand. Im Auto erklärte er mir: Sein Motto sei, vor der Mannschaft zu gehen.

12.35 Uhr: 13.30 Uhr: 15 Uhr: Fazit:

 ??  ?? Werner Henning bearbeitet in einer gefühlten Mittagspau­se die Post und einige Akten. Zwischendu­rch isst er sein Brot und trinkt einen Tee. Redakteuri­n Antonia Pfaff kann für einen Tag den Alltag des Landrates miterleben und nimmt an den verschiede­nen...
Werner Henning bearbeitet in einer gefühlten Mittagspau­se die Post und einige Akten. Zwischendu­rch isst er sein Brot und trinkt einen Tee. Redakteuri­n Antonia Pfaff kann für einen Tag den Alltag des Landrates miterleben und nimmt an den verschiede­nen...
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Sein erstes Selfie macht Landrat Werner Henning mit Antonia Pfaff vor dem Landratsam­t.
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