Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Rechnungshof-chef: Keine Bedenken bei Haushalt 2020
Sebastian Dette hält Zukunftsetat für rechtens und widerspricht damit der CDU
ERFURT. Rechnungshof-präsident Sebastian Dette ist der Ansicht, dass die bis 2019 gewählte rot-rot-grüne Landesregierung auch einen Haushalt für das Jahr 2020 aufstellen kann. „Ich habe die Angelegenheit zwar noch nicht abschließend geprüft, aber auf den ersten Blick habe ich keine durchgreifenden Bedenken“, sagte Dette im Gespräch mit dieser Zeitung. „Ein beschlossener Haushalt ist gewis- sermaßen legitimer als eine vorläufige Haushaltsführung“, betonte der Behördenchef.
Er kenne kein Argument, dass den Landtag hindern sollte, noch vor der Wahl einen Haushalt für die Zukunft aufzustellen. Das sorge gerade vor dem Hintergrund, dass die Regierungsbildung länger dauern könne, für Planungssicherheit. Zudem könne der Etat gegebenenfalls durch neue Parlamentsmehrheiten mit einem Nachtragshaushalt korrigiert werden.
Dette widerspricht damit der CDU: Fraktionschef Mike Mohring sagte, die Regierung versuche offensichtlich, „ein Haushaltsjahr zu prägen, für das sie keine Legitimation durch die Bürger und den Landtag hat“.
Der Cdu-finanzpolitiker Maik Kowalleck kritisierte, damit verstoße Rot-rot-grün gegen elementare Rechte des nächsten Landtags. Grundgesetz und Verfassungskommentatoren seien sich einig: Die Abgeordneten des alten Landtags dürften nicht in die Kompetenz des neuen Landtags eingreifen.
Finanzministerin Heike Taubert (SPD) verteidigt das Vorhaben damit, dass nach Landtagswahlen häufig Monate vergingen, bis ein Haushalt beschlossen werden könne. Taubert sagte, die Landesregierung habe sich geeinigt, einen Etat für das Jahr 2020 vorzulegen, der noch vor der Landtagswahl 2019 verabschiedet werden solle.
ERFURT. Heike Tauberts Zeitplan für die Aufstellung des Haushalts 2020 steht. Am 26. Juni soll das Kabinett die verbindlichen Eckwerte für die Einzelpläne der Ministerien beschließen. Von Ende Oktober bis Ende Dezember will die Finanzministerin dann mit ihren Kollegen aus den anderen Häusern Chefgespräche führen. Und wenn alles so läuft, wie es sich die Sozialdemokratin vorstellt, könnte der Etat im Juni 2019 vom Landtag verabschiedet werden.
Doch das Zahlenwerk sorgt noch vor dem ersten Federstrich für harsche Oppositionskritik. Dieses Vorgehen sei undemokratisch, heißt es von CDU und AFD. Immerhin gehe es um einen Haushalt, der erst greife, nachdem 2019 Landtagswahlen stattgefunden haben. Dem neuen Parlament würden also von der alten Regierung finanzpolitische Vorschriften gemacht. Das sei verfassungsrechtlich sehr bedenklich, meint die CDU.
Taubert sieht das anders. „Die Regierungsbildung nach Land-
tagswahlen bedingt nach allen bisherigen Erfahrungen und in allen Konstellationen eine längere Zeit der vorläufigen Haushaltsführung im Folgejahr der Landtagswahl“, sagt sie. Dies führe zu Stagnation beim planmäßigen Neubeginn von Projekten bei Land, Kommunen und Wirtschaft. Noch problemati- scher sei die Unsicherheit für Einrichtungen, Vereine und Institutionen, die auf regelmäßige Zahlungen in voller Höhe aus dem Landeshaushalt angewiesen sind. „Diese Verunsicherung
muss nicht sein, wenn der jetzige Landtag noch einen Haushalt für 2020 beschließt“, betont die Ministerin.
Um nicht zu stark vorwegzugreifen, soll für den Haushalt 2020 im Wesentlichen der Haushalt 2019 übernommen werden, erläutert sie. Dies schaffe Sicherheit und Kontinuität. Zumal ein künftiger Landtag auf Vorschlag der Landesregierung jederzeit im Wege eines Nachtragshaushalts Änderungen am beschlossenen Haushalt vornehmen könne. Rückendeckung für ihren Kurs bekommt sie von den Koalitionspartnern: „Es geht darum, auch im Jahr nach der Wahl dafür zu sorgen, dass Kommunen schnell an ihr Geld kommen und EU- sowie Bundesförderungen kofinanziert werden können“, sagt Linke-fraktionschefin Susanne Hennig-wellsow.
Rot-rot-grün demonstriere zudem damit, „dass wir auch über 2019 hinaus Gestaltungswillen für Thüringen besitzen“, erklärt der Grünen-finanzpolitiker Olaf Müller.
Die Union hält dieses Vorgehen für parteipolitisch motiviert. Es verstoße gegen grundlegende parlamentarische Rechte und verlasse den Boden des verfas- sungsrechtlich Zulässigen, ist der Cdu-abgeordnete Maik Kowalleck überzeugt. Als Beleg dafür führt die Fraktion diverse Kommentare zum Grundgesetz und der Landesverfassung an, die diese Position stützen sollen. Statt den Wahltermin möglichst weit nach hinten in den November zu schieben, solle Rot-rotGrün lieber mit einem frühen Wahltermin dafür sorgen, dass der neue Landtag selbst rechtzeitig einen Etat verabschieden kann, fordert Kowalleck.
Wenn sich die Christdemokraten so sicher sind, werden sie notfalls gegen das Dreierbündnis vor Gericht ziehen? Das ist offenbar noch nicht sicher. „Die Cdu-fraktion wird die verfassungsrechtliche Lage weiter prüfen und dann entscheiden, wie sie gegen diesen von Rot-rotGrün beabsichtigten Demokratieabbau vorgeht“, teilt ein Sprecher auf Tlz-anfrage mit.
„Diese Verunsicherung muss nicht sein, wenn der jetzige Landtag noch einen Haushalt für 2020 beschließt.“Finanzministerin Heike Taubert (SPD)