Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Die Anklage „will nur einen Nazi zur Strecke bringen“
Nsuprozess: Verteidiger von Ralf Wohlleben attackiert anderen Angeklagten und Bundesanwaltschaft
MÜNCHEN/ JENA. Im NSU-PROzess haben die Verteidiger des mutmaßlichen Waffenbeschaffers Ralf Wohlleben die Anklagevorwürfe mit Attacken auf einen Mitangeklagten und die Bundesanwaltschaft zu erschüttern versucht. Rechtsanwalt Olaf Klemke hielt der Bundesanwaltschaft vor, für ihre Strafforderung gegen Wohlleben nur aus „Beweissplittern“, „Erinnerungsinseln“oder „Erinnerungsmodifikationen“zu schöpfen.
Klemke stellte am Mittwoch entschieden in Abrede, die mit Unterstützung Wohllebens gekaufte Pistole sei tatsächlich die Mordwaffe vom Typ „Ceska“, mit der die beiden Nsu-terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt aus rassistischen Motiven neun Zuwanderer erschossen. Falsch sei auch, Wohlleben habe das Geld für den Kauf vorgestreckt. Auch kleinere Details seien nur „Mythen“. Bewiesen sei davon nichts. Es gehe der Anklage nur darum, „einen Nazi zur Strecke zu bringen“. Massiv griff Klemke auch Carsten S. an, der die Waffe – laut Anklage in Wohllebens Auf- trag – zu Mundlos und Böhnhardt gebracht haben soll. Er warf ihm wie auch dessen Anwalt „Lügen“, „Märchen“und „selbstsüchtigen Belastungseifer“vor. S. versuche, Wohlleben „so weit wie möglich zu belasten, um sich selbst Gnade zu erkaufen“.
Das Plädoyer der WohllebenVerteidiger ist eine der letzten Etappen im Nsu-prozess und soll heute weitergehen. Danach stehen nur noch die Schlussvorträge der drei ursprünglichen Pflichtverteidiger der Hauptangeklagten Beate Zschäpe an. Allerdings haben die WohllebenVerteidiger bislang drei neue Beweisanträge in ihr Plädoyer eingebettet. Wie das Gericht damit umgehen wird, ist offen. (dpa)