Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Managerin, Kauffrau und Seelsorgerin
Tlzserie: Jacqueline Schambach möchte den Emilyroeblingpreis (9)
FRIEDRICHRODA. „Mir blieb gar nichts anderes übrig, als Hôtelière zu werden. Ich bin ja in einem Hotel aufgewachsen“, sagt Jacqueline Schambach ganz pragmatisch. Dass sie heute mit dem Ahorn-berghotel Friedrichroda das größte Haus Thüringens und eines der 200 bundesweit umsatzstärksten Häuser führt, das war dennoch nicht selbstverständlich. „Nach der Wende musste ich erst mal in die Welt ziehen – mit viel Erfahrung und meiner Fachausbildung in der Tasche. Mit 26 Jahren habe ich dann erstmals eine Direktion übernommen, in einem kleinen Hotel in Dortmund.“
Das markante, mehrflügelige Berghotel, das sie heute führt, wurde 1980 am Rande des Rennsteigs bei Friedrichroda errichtet, zunächst als Freizeitheim für verdiente Fdgb-mitglieder. Nach der Wende ging es erst einmal bergab, bis das Haus 1999 vor dem Konkurs stand. „Damals bin ich zurückgekommen. Seitdem dann 2002 die neuen Eigentümer übernommen haben, geht es für das Haus wieder richtig aufwärts.“Die Zahlen sind beeindruckend: Rund 230 000 Gäste wollen pro Jahr betreut werden. „Als wir neuen Teppichboden bestellt haben, wurde mir selbst die Dimension des Hauses erst richtig bewusst: Die Flure sind zusammen allein vier Kilometer lang.“Dazu kommen noch 95 000 Quadratmeter Außengelände – rund zehn Fußballfelder groß. Die vielfältigen Aufgaben, die mit alldem verbunden sind, bleiben für andere meistens unsichtbar: „Ich bin mal Managerin und Kauffrau, mal Seelsorgerin oder auch Repräsentantin in einer Person.“
Dabei muss sie immer zwei Adressaten zugleich im Blick behalten: ihre Gäste und ihre 240 Mitarbeiter sowie 40 Auszubildende. Weitere Mitarbeiter werden dringend gesucht, seit vielen Jahren schon bundesweit und international. 900 Auszubilden- de kamen bisher allein aus Ungarn, 32 davon sind fest angestellt; viele weitere Kräfte kommen aus Vietnam oder Spanien. Der 48-Jährigen ist dabei sehr wichtig, dass sich nicht nur die Gäste, sondern auch die Mitarbeiter gut aufgehoben fühlen: „Das ist meine Arbeitsfamilie, ohne sie geht das alles nicht. Nur wenn alle Mitarbeiter mitziehen und wenn der Umgang miteinander stimmt, dann können sich auch die Gäste wohlfühlen – und kommen gerne wieder.“Dafür sorgt auch ein Katalog von Extra-angeboten, von der Silvestergala über Ferienspiele bis zu Konzerten mit Stars wie Nicole, Ute Freudenberg oder Lena Valaitis. Darüber hinaus bleibt noch Zeit für ehrenamtliches Engagement, ob als Präsidiumsmitglied der Thüringer Dehoga oder im Vorstand des Tourismusverbandes Thüringer Wald/gothaer Land.
Seit einem Jahr kommt eine familiäre Aufgabe hinzu: Sohn Christian wächst ebenso selbstverständlich in den Betrieb hinein wie sie selbst als Kind. Ende Juni endet ihre Elternzeit: „Das war ein sehr schwieriger Balanceakt, weil ich weiterhin ansprechbar geblieben bin.“Bei all dem strahlt sie zugleich Ruhe und Energie aus: „Sowas können Sie nur machen, wenn Sie das zu 100 Prozent leben.“