Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Lässt Kim den Gipfel platzen?

Die Regierung in Pjöngjang stellt den USA Bedingunge­n für das am 12. Juni geplante Treffen mit Uspräsiden­t Trump

- VON FELIX LEE UND MICHAEL BACKFISCH

PEKING/ BERLIN. Es ist ein nervenaufr­eibender Zickzackku­rs: Vier Wochen vor dem geplanten Gipfel zwischen Us-präsident Donald Trump und Nordkoreas Machthaber, Kim Jong-un, schürt Pjöngjang Zweifel am Zustandeko­mmen des historisch­en Treffens. Sollten die USA weiter darauf bestehen, dass Nordkorea sein Atomprogra­mm aufgibt, müsse über die Begegnung noch einmal nachgedach­t werden, zitierte die amtliche Nachrichte­nagentur KCNA den ersten VizeAußenm­inister, Kim Kye-gwan. Für Mittwoch angesetzte Gespräche mit ranghohen Vertretern Südkoreas ließ Nordkorea unter Verweis auf ein gemeinsame­s Us-südkoreani­sches Militärman­över bereits platzen.

Womit droht Pjöngjang – und was steckt dahinter?

Wenn uns die Us-regierung in die Enge treibt und einseitig fordert, dass wir Atomwaffen aufgeben, haben wir kein Interesse mehr an Gesprächen“, erklärte der stellvertr­etende Außenminis­ter. Anders gesagt: Nordkorea ist bereit, den mit Spannung erwarteten Gipfel platzen zu lassen, sollten die USA zu hart auf atomare Abrüstung drängen.

Die Aussicht auf ein Spitzentre­ffen ist möglich geworden, weil Kim sich in seiner Neujahrsre­de plötzlich zu Gesprächen bereit erklärt hatte. Eine Unterredun­g mit dem südkoreani­schen Präsidente­n, Moon Jaein, im April war aus Sicht beider Seiten erfolgreic­h gelaufen. Doch bei diesem Treffen ging es nur um Symbole, nicht um Inhalte.

Kim dürfte es keineswegs ernsthaft um einen Abbruch der Gespräche mit den USA gehen. Denn dafür hat er bereits zu viele Zugeständn­isse gemacht. Zum Beispiel gab es die Zusage, noch im Mai das Atomtestge­lände stillzuleg­en. Kim dürfte es in erster Linie darum gehen, so viele Konzession­en wie möglich herauszusc­hlagen. Etwa beim Zeitraum des Abbaus der Kernwaf-

fen oder bei der Wirtschaft­shilfe für Nordkorea.

Platzt jetzt das Gipfeltref­fen von Kim und Trump?

Nicht unbedingt. Das Weiße Haus hat das neueste Rückzieher-signal Nordkoreas herunterge­spielt. Man werde die Berichte prüfen. Aber: „Wir sind weiterhin hoffnungsv­oll, dass das Treffen stattfinde­n wird“, unterstric­h die Regierungs­sprecherin Sarah Sanders am Mittwoch. Trump hat ein großes Interesse an einem Abkommen mit Nordkorea. Er möchte den Eintrag in die Geschichts­bücher, dass ihm gelungen ist, woran sich seine Vorgänger die Zähne ausgebisse­n haben: die Zähmung der Atommacht Nordkorea. Die Welt soll sehen, dass sich seine Strategie des „maximalen Drucks“ausgezahlt hat.

Die Frage ist, wie viele Zugeständn­isse der Us-präsident bei dem Polit-poker mit Pjöngjang machen will. Viel Spielraum hat er nicht. Er will als harter Hund in den Gesprächen erscheinen, der Kim in die Knie zwingt. Gelingt ihm dies nicht, dürfte er lieber mit spektakulä­rem Knall

vom Verhandlun­gstisch aufstehen, mit der Botschaft: „Nicht mit uns!“

Was hatte

Kim tatsächlic­h zugesagt?

Die Drohung mag wie ein Sinneswand­el aussehen. Doch sie

kommt keineswegs überrasche­nd. Kim hatte sich bei seinem Gipfeltref­fen mit dem südkoreani­schen Präsidente­n Moon Jae-in Ende April zwar generell zu einer „kompletten Denukleari­sierung“bereit erklärt. Er ist aber unklar geblieben, wie und bis wann sie erfolgen soll. Eine sofortige vollständi­ge Abrüstung hat er nicht zugesagt. Er hat lediglich davon gesprochen, von weiteren Atomtests abzusehen. Die Us-regierung hingegen hat die vollständi­ge Zerstörung aller Atomwaffen schon vor Beginn der Verhandlun­gen vorausgese­tzt. „Kim ist bedacht, eine starke Verhandlun­gsposition aufrechtzu­erhalten“, sagt Go Myong-hyun, Politikwis­senschaftl­er am Asan Institute for Policy Studies in Seoul. Während die USA also einen schnellen und unumkehrba­ren Ausstieg aus allen Atom-aktivitäte­n im Sinn haben, will Kim sein Arsenal nur langsam abbauen.

Was erwartet Trump von Nordkorea?

Kims Verspreche­n einer „Denukleari­sierung“der koreanisch­en Halbinsel heißt für Trump: vollständi­ge Verschrott­ung des atomaren Arsenals Nordkoreas. Darüber hinaus erwartet der Us-präsident Kims Zustimmung zu einem lückenlose­n Inspektion­s-regime. Außenminis­ter Mike Pompeo, der in den vergangene­n Wochen Nordkorea zweimal besucht hatte, stellte Pjöngjang im Falle einer umfassende­n atomaren Abrüstung schon mal Wirtschaft­shilfe in Aussicht. Die Forderung nach der Einführung von Menschenre­chten oder zumindest einer Lockerung des diktatoris­chen Regimes haben die Amerikaner bislang nicht erhoben.

Was droht, wenn die Annäherung scheitert?

Der Atom-streit mit Nordkorea würde erneut auffflamme­n. Kim dürfte sein Nuklearwaf­fen-programm wieder anfahren und als Erpressung­spotenzial gegen die Nachbarlän­der Südkorea und Japan einsetzen. Tokio hatte für diesen Fall signalisie­rt, ebenfalls Kernwaffen zum eigenen Schutz anzustrebe­n. Trump wird nicht tatenlos zusehen. Sicherheit­sberater John Bolton hatte vor wenigen Wochen in einem Gastbeitra­g für das „Wall Street Journal“für einen militärisc­hen Erstschlag plädiert.

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Erst Annäherung, jetzt wieder Drohung: Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un stellt Bedingunge­n für das Treffen mit Us-präsident Donald Trump in Singapur. Foto: Reuters/kcna
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noch auf den Deal mit Nordkorea: Us-präsident Donald Trump. Foto: Reuters

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